UNTOLD FAMILY STORIES - Friedensschule Münster
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Lidor<br />
Rishon LeZion<br />
<strong>Münster</strong><br />
Meine Großmutter Alya<br />
Mein Großvater Leaziz<br />
42<br />
Fremde in Casablanca<br />
Dies ist die Geschichte der „Alija“ (Einwanderung nach Israel) meiner Großeltern mütterlicherseits.<br />
Meine Großeltern wurden nicht in Israel geboren, also mussten sie vor ihrer<br />
Einwanderung einige Hindernisse überwinden.<br />
Meine Großmutter Alya wurde 1934 in Casablanca, Marokko, geboren. Sie lebte in der<br />
jüdischen Gemeinde, die eine der größten jüdischen Gemeinden in Marokko war. Casablanca<br />
gehörte damals zu Frankreich und deshalb war das Leben meiner Großmutter von<br />
französischer Kultur beeinflusst. Die Sprache, die im Haus meiner Großmutter gesprochen<br />
wurde, war marokkanisches Arabisch. Mein Großvater Leaziz wurde 1930 ebenfalls<br />
in Casablanca geboren. Er führte ein ähnliches Leben wie meine Großmutter. Im Alter<br />
von 16 Jahren wurde mein Großvater mit meiner Großmutter verkuppelt und sie heirateten<br />
in der örtlichen Synagoge. Das Leben als Juden in Marokko war für meine Großeltern<br />
schwer. Obwohl sie in einer jüdischen Gemeinschaft lebten, fühlten sie sich wie Fremde<br />
und spürten, dass ihre wahre Heimat Israel war. Trotzdem blieben sie in Casablanca und<br />
bekamen ihre ersten sechs Kinder. Es war für meinen Großvater schwierig, genug Geld<br />
für die Familie zu verdienen.<br />
Nach dem Holocaust in Europa wurden die Lebensbedingungen für die marokkanischen<br />
Juden noch schlechter. Die Bevölkerung vor Ort nahm eine feindselige Haltung ein und<br />
viele Juden beschlossen, Marokko zu verlassen und nach Israel zu gehen. 1966 entschied<br />
auch die Familie meiner Großeltern, „Alija“ zu machen. Sie reisten mit dem Schiff nach<br />
Israel mit all ihren Kindern, unter ihnen meine Mutter, die damals zwei Monate alt war.<br />
Meine Großeltern ließen sich in Jawne nieder, nachdem sie dort ein Haus gekauft hatten,<br />
in dem sie noch heute wohnen.<br />
Das Leben in Israel war nicht so glanzvoll, wie sie es erwartet hatten. Mein Großvater<br />
fand Arbeit in einer Kofferfabrik, aber das reichte nicht. Also mussten auch meine älteren<br />
Onkel eine Arbeit finden, obwohl sie noch Teenager waren. Meine Großeltern waren mit<br />
dem Leben in Israel nicht vertraut, alles war neu für sie, auch das Leben in einem Ort,<br />
den sie nicht kannten. Alle Nachbarn waren ihnen fremd und einige von ihnen kamen<br />
aus anderen Ländern. Über die Jahre hat Jawne sich entwickelt, die Menschen lernten<br />
einander kennen und so wurde das Leben in der Stadt einfacher für sie. Heute haben<br />
meine Großeltern zehn Kinder, viele Enkel und sogar Urenkel. Als ich meine Großeltern<br />
fragte, wie es kommt, dass sie den Ort, an dem sie aufgewachsen sind, nicht vermissen<br />
und ob sie Casablanca gern einmal besuchen würden, meinten sie, das brauchten sie<br />
nicht, denn ihre wahre Heimat sei hier in Israel. Israel ist ihr Heimatland.<br />
Wenn man die Weltkarte betrachtet, sieht man schnell, dass Israel kein großes Land<br />
ist. Da ich in diesem Land lebe, wird mir aber bewusst, dass die Größe überhaupt keine<br />
Rolle spielt. Das liegt daran, dass es mein Land ist, und meiner Meinung nach sollten die<br />
Israelis dankbar sein, dass sie es haben.<br />
Was mich betrifft, so gibt es viele charakteristische Merkmale von Israel. Erstens hat das<br />
Land, in dem wir leben, eine historische Bedeutung für das jüdische Volk. Zweitens sind<br />
die Israelis bunt und interessant. Noch wichtiger ist die israelische Kultur, die einzigartig<br />
ist. Wie ich es sehe, sollte das Leben in Israel nicht als selbstverständlich betrachtet werden.<br />
Das Land, auf dem wir jeden Tag gehen, wurde uns nicht so einfach gegeben. Die<br />
jüdische Geschichte ist lang und voller Mühsal, wenn wir nur 66 Jahre zurückblicken, auf<br />
die schrecklichen Zeiten des Holocaust in Europa (nur weil sie als Juden geboren waren).<br />
Die Geschichte unseres Volkes sagt viel darüber, wie wir unseren unabhängigen Staat<br />
bekamen. Für mich ist Israel auch ein schönes Reiseland. Auf dem „Israel National-Trail“<br />
kann man sehen, wie besonders die Landschaften in Israel sind, von der Wüste Negev bis<br />
zu den grünen Bergen im Norden.