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Die Plastik der Ägypter - New York University

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2 BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DER MODERNEN UND ÄGYPTISCHEN KUNST<br />

ja charakterlos machte, bewirkte bis auf unsere Zeit eine Unterschätzung je<strong>der</strong><br />

vor- und nachklassischen, auch <strong>der</strong> ägyptischen Kunst, wie er noch jetzt die<br />

heftigste Ablehnung mo<strong>der</strong>ner Kunstbestrebungen bei einer großen Zahl von<br />

Personen bewirkt, die durch ihre Natur und Bildung wohl befähigt wären,<br />

sie aufzunehmen. Bei diesen künstlerischen Klassizisten gelten die ägyptischen<br />

Skulpturen als unvollkommene Versuche ihrer Verfertiger — unlebendig und<br />

starr — , ihr architektonischer Aufbau als Unvermögen, Bewegungen darzu-<br />

stellen. Den größten Teil an <strong>der</strong> Erforschung Ägyptens haben Historiker und<br />

Philologen. Sie sehen im Kunstwerk vor allem das Dokument. Auch führt<br />

die heutige Neigung, vergangene Kulturen als Durchgangsstadien einer auf<br />

uns zielenden Bewegung zu erfassen, eher zum Ausmaß eines Abstandes<br />

zwischen dem alten Werk und dem mo<strong>der</strong>nen Beschauer. Im Bemühen, dem<br />

Entferntesten seinen historischen Ort zu belassen, sehen wir es perspektivisch<br />

verkürzt, verschwindend, bedeutungslos. Kunst aber kann nur als ein Gegen-<br />

wärtiges begriffen werden. Der Entwicklungsgedanke wurde unter dem Druck<br />

<strong>der</strong> Naturwissenschaften von Julius Lange in die ägyptische Kunstgeschichte<br />

als aufklärendes Motiv eingeführt, und damit diese Kunst zu einer archaischen<br />

Vorstufe <strong>der</strong> griechischen herabgewürdigt. Nichts ist willkürlicher und irre-<br />

führen<strong>der</strong> als die Methode, ein Kunstwerk zum Vorläufer eines an<strong>der</strong>en zu<br />

stempeln. Kunst stellt eine Summe von Vollendungen dar, die nicht ver-<br />

gleichsweise, son<strong>der</strong>n aus sich heraus zu begreifen sind. <strong>Die</strong> Meinung, als<br />

habe die bildende Kunst im Großen sich in 5000 Jahren weiter entwickelt, ist<br />

ganz und gar trügerisch. Es gibt nicht Entwicklungen o<strong>der</strong> Stufen des Künst-<br />

lerischen — nur Formen. Form ist vielfältig. Sie ist notwendig die eine bei<br />

Jan van Eyck, und notwendig eine an<strong>der</strong>e bei Michelangelo o<strong>der</strong> Daumier.<br />

Auch eine Groteske hat — sofern sie Kunst ist — diese notwendige Form.<br />

Form ist nicht willkürlich und wird nicht erlernt, sie ist Spiegelung des Geistigen,<br />

sein endgültiger Ausdruck. Ein Genie ist gerade dadurch Künstler, daß es<br />

die Form besitzt. Nicht einmal die äußeren Mittel <strong>der</strong> Realisierung — das<br />

Handwerk — zeigen eine Entwicklung. Welcher spätere Steinmetz ist kunst-<br />

fertiger als ein ägyptischer, <strong>der</strong> den Basalt gänzlich beherrschte und nach<br />

seiner Absicht modelte und polierte. Wie beklagen angesehene mo<strong>der</strong>ne<br />

Künstler den Verfall <strong>der</strong> Maltechnik. Ein Maler vom Range Renoirs beneidet<br />

die Giotto- Schüler um ein Handwerk, das damals Gemeingut <strong>der</strong> Ateliers war.<br />

„Ce metier que nous ne connaissons jamais entierement parceque personne

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