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Die Plastik der Ägypter - New York University

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4 BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DER MODERNEN UND ÄGYPTISCHEN KUNST<br />

Einstweilen fragt es sich, inwiefern ein Studium <strong>der</strong> ägyptischen Kunst uns<br />

bereichern werde. Daß eine Zeit nur eine innerlich verwandte Kunst nach-<br />

erleben, d. h. produktiv erfassen kann, zeigt das amüsante verständnislose<br />

Nachbilden ägyptischer Sphinxe durch französische Künstler des 18. Jahr-<br />

hun<strong>der</strong>ts, wie die äußerliche Übernahme hellenischer Formen in die ägyptische<br />

Kunst <strong>der</strong> Verfallzeit. Heute ist bei Künstlern und selbst bei Laien ein Interesse<br />

an den ägyptischen Denkmälern wahrzunehmen, das auf ein innerlich verwandtes<br />

Kunstempfinden schließen läßt.<br />

In keiner Kunst ist so wie in <strong>der</strong> ägyptischen — streng und vielseitig zu-<br />

gleich — das Prinzip <strong>der</strong> „integration plastique" mo<strong>der</strong>ner Maler und Bild-<br />

hauer erfüllt o<strong>der</strong> Cezannes Grundfor<strong>der</strong>ung vorausgenommen : „Traiter la nature<br />

par le cylindre, la sphere, le cöne, le tout mis en perspective, soit que chaque<br />

cöte d'un objet, d'un plan, se dirige vers un point central. Les lignes paralleles<br />

ä l'horizon donnent l'etendue — ... les lignes perpendiculaires ä cet horizon<br />

donnent la profondeur." Den Kompositionsmethoden ägyptischer Relief bildner<br />

könnte die folgende (kubistische) Definition <strong>der</strong> Zeichnung entlehnt sein: „<strong>Die</strong><br />

Kunst <strong>der</strong> Zeichnung besteht darin, Verhältnisse zwischen Kurven und Geraden<br />

festzulegen."<br />

Es mehren sich die Anzeichen, daß uns eine entschiedenere geistige Kon-<br />

tinuität mit Ägypten verbindet, als man früher annahm. Schon Herodot wußte<br />

um den ägyptischen Ursprung des Unsterblichkeitsgedankens. Verknüpft mit<br />

den ägyptischen Mythen von <strong>der</strong> Auferstehung des getöteten Gottes und vom<br />

Totengericht, war ihm eine große geschichtliche Rolle vorbehalten. Nicht weniger<br />

blieben an<strong>der</strong>e religiöse Symbole <strong>der</strong> <strong>Ägypter</strong> lebendig: <strong>Die</strong> Gestalt <strong>der</strong> Gottes-<br />

mutter (Isis) mit dem Knaben auf ihrem Schoß — die Taufe des Königs: des<br />

Gottessohnes — die Vorstellung <strong>der</strong> schützenden Isis, die um Osiris ihre Flügel<br />

breitet gleichwie Maria ihren Mantel um mittelalterliche Beter. Es gibt religiöse<br />

Gedichte <strong>der</strong> <strong>Ägypter</strong>, die <strong>der</strong> mittelalterlichen Mystik im Bildhaften und Ge-<br />

fühl verwandt sind; Sonnenhymnen, die dem Gesang des heiligen Franz über-<br />

raschend nahe stehen, ja ihn an Glanz übertreffen.<br />

„Gelobt sei, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen,<br />

Vornehmlich mit unserer Frau Schwester <strong>der</strong> Sonne,<br />

<strong>Die</strong> den Tag wirkt und uns leuchtet durch ihr Licht;<br />

Und sie ist schön und strahlend mit großem Glänze,<br />

Von Dir, o Höchster, trägt sie das Sinnbild." ._ .<br />

. . . .<br />

,<br />

( Franziskus von Assisi.)

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