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Die Plastik der Ägypter - New York University

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36 STATUEN<br />

plastisch unwirksamsten Teil <strong>der</strong> menschlichen Figur — dem Kopf — das not-<br />

wendige Relief. Sie machen das milde lächelnde Antlitz des „Guten Gottes"<br />

groß und sprechend und erhöhen die ganze repräsentative Erscheinung. Ein<br />

Falke, das Sinnbild des Gottes Horus, beschützt — dem Davorstehenden ver-<br />

borgen - mit seinen Fittichen das geheiligte Haupt. In <strong>der</strong> großen Vision des<br />

Vogels mit dem drohenden Blick lebt die Bildkraft <strong>der</strong> Pyramidensprüche wie<strong>der</strong><br />

auf. Im Formempfinden, in <strong>der</strong> plastischen Wucht ist dieser Vogel den gotischen<br />

Chimären verwandt; aber welcher Abstand des Fühlens zwischen dem ägyptischen<br />

Götterfalken und den Dämonen auf <strong>der</strong> Brüstung von Notre Dame in Paris!<br />

Wir wissen aus den Texten, wie <strong>der</strong> Pharao sich den Auserwählten, die ihn<br />

sehen durften, zeigte. Sinuhe, ein Fürst, dessen Geschichte ein Berliner Papyrus<br />

aus dem mittleren Reich aufbewahrt hat (Erman und Krebs, Aus den Papyrus<br />

<strong>der</strong> Königlichen Museen, S. 14 ff.), erzählt: „<strong>Die</strong>Vertrauten, die mich zum Säulen-<br />

saal führten, wiesen mir den Weg zum Kabinett, und ich fand Seine Majestät auf<br />

dem großen Thron in <strong>der</strong> Silbergoldhalle." „Da war ich wie ein Mann, den ein<br />

Greif (?) raubt; meine Glie<strong>der</strong> schau<strong>der</strong>ten, mein Herz sank und war nicht mehr<br />

in meinem Leibe, und ich wußte nicht (?), ob ich lebte o<strong>der</strong> tot war." „Sieh, hier<br />

liege ich vor Dir, Du bist das Leben." „Gewähre den Atem dem, <strong>der</strong> zu<br />

Grunde geht!" „Erbleicht ein Gesicht nicht, wenn es Dein Antlitz sieht, und<br />

fürchtet sich ein Auge nicht, das auf Dich blickt?" <strong>Die</strong>Vorstellung von <strong>der</strong> gött-<br />

lichen Befugnis <strong>der</strong> Könige, die seit den ältesten Zeiten ein eigener „Horusname"<br />

in ihrer Titulatur aussprach, leitete die Bildphantasie, die dieses Meisterwerk <strong>der</strong><br />

Skulptur entwarf und ausführte, das im Jahre 1888 mit acht an<strong>der</strong>en Statuen<br />

des Chefren aus einem Schacht seines Pyramidentempels gehoben wurde. —<br />

DasVerfahren ihres Künstlers, kleinere o<strong>der</strong> dekorative Formen, wie die Löwinnen<br />

des Thrones, und Flächenpartien, wie Schurz und Kopftuch mit ihren Linien,<br />

gegen die Gestalt auszuspielen, ist eine Grundregel je<strong>der</strong> monumentalen<br />

Menschendarstellung. <strong>Die</strong> Mosaikkünstler kannten und übten sie so gut wie ein<br />

Giotto, Masaccio und Raffael. Indem das Auge die verdichtete Bildkomposition<br />

wahrnimmt, die Gestalten andauernd gegen willkürlich verkleinerte Formen,<br />

ihre lebendige Formbewegung gegen Ornamente abwägt, faßt es diese anschau-<br />

lichen Formverhältnisse als die wirklichen auf; das reale Format verschwindet;<br />

die Figur wird übergroß. <strong>Die</strong> Rolle, die im Bilde des Chefren die dekorativen<br />

Tierfiguren spielen — die übrigens eine erstaunliche Höhe des damaligen Kunstgewerbes<br />

belegen — , übertrug z. B. Signorelli in dem Panbild des Berliner

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