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Die Plastik der Ägypter - New York University

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RELIEFSTIL 53<br />

fast körperlos als totalen Bildeindruck zu erfassen. Aus diesem Grunde mußte<br />

es die Künstler reizen, gerade im Rejief die von <strong>der</strong> Religion angeregte bild-<br />

mäßige Wie<strong>der</strong>gabe von Handlungen, Ereignissen und Erlebnissen zu pflegen.<br />

<strong>Die</strong> abgebildeten Reliefs beweisen die beson<strong>der</strong>e Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>Ägypter</strong>, typische<br />

und ausdrucksvolle Stellungen festzuhalten, Einzelfiguren und Gruppen von<br />

höchster linearer Schönheit zu schaffen. Sie sind — meist Bruchstücke von<br />

Grabwänden und aus dem Bau entfernt, an dessen Rhythmus sie teilnahmen —<br />

nach ihrer Entstehungszeit angeordnet. <strong>Die</strong> frühesten aus <strong>der</strong> III. und IV. Dy-<br />

nastie zeigen, wie die Rundplastiken jener Zeit, eine reiche, nur durch den Stil<br />

gebändigte Vitalität. Jede Linie und Form ist erlebt. Bei aller Regelmäßigkeit<br />

sind doch ornamentale Züge streng gemieden. Tafel HO ist ein Beispiel <strong>der</strong><br />

meisterhaften, Ägypten eigentümlichen asymmetrischen Figurenanordnung, bei<br />

<strong>der</strong> doch alle Linien und Formen aufeinan<strong>der</strong> bezogen, gegeneinan<strong>der</strong> abgewogen<br />

sind. <strong>Die</strong> Hesi-re -Tafeln 111, 112 und <strong>der</strong> Prinz aus Medum, Tafel 115, geben<br />

Variationen des Stils in Stein und Holz; die Figur des Meten, Tafel 116, die<br />

Zentralfigur seiner kunstvoll perspektivisch angelegten Opferkammer, ist un-<br />

fertig geblieben. Sie zeigt, wie die Figur aus dem einheitlichen Kontur erschlossen<br />

wurde, wie die Tiefendimension durch eine berechnete Modulation <strong>der</strong> Linien<br />

auf <strong>der</strong> Fläche, z. B. beim linken Arm und Bein, ausgedrückt wird. Alle drei<br />

Figuren sind sehr genau nach vertikalen und horizontalen Orientierungslinien<br />

angelegt, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Hesi-re ist bis ins kleinste durchgearbeitet. Der Bild-<br />

rand gibt die vor<strong>der</strong>e Grenze <strong>der</strong> Holztafel und damit die materielle Tiefe des<br />

Reliefs an. <strong>Die</strong> Figur — dies ist ein echt ägyptischer Zug — steht nicht in <strong>der</strong><br />

Mitte (nur ihre Füße glie<strong>der</strong>n den unteren Bildrand symmetrisch), son<strong>der</strong>n in<br />

<strong>der</strong> linken Bildhälfte; sie hat Raum zum Atmen und zur Entwicklung des ge-<br />

öffneten Konturs. <strong>Die</strong> Szepter und Attribute in ihren Händen sind — bei <strong>der</strong><br />

sitzenden Figur auf Tafel 111 noch demonstrativer — gleichsam als Konstruk-<br />

tionslinien für die Flächenaufteilung in dem Bild verarbeitet.<br />

Für die weibliche Gestalt, Tafeln 113, 124, 166, fanden die Reliefkünstler <strong>der</strong><br />

III. Dynastie den zart aufsteigenden, biegsamen Umriß, <strong>der</strong> ihre Geschmeidigkeit<br />

und den schlanken Bau bezeichnet, und dessen strenge Kurve an die Silhouette<br />

eines edlen Gefäßes erinnert. Überhaupt wurden in Ägypten Körpersilhouetten<br />

oft so vollkommen durchgearbeitet, daß sie sich mit frei erfundenen Ornament-<br />

rhythmen begegnen. So ergeben auf dem Bild <strong>der</strong> Kraniche, Tafel 139, die Flächen<br />

zwischen den Vögeln ein Leierornament. Nur <strong>der</strong> romanische Stil erreichte noch

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