Die Plastik der Ägypter - New York University
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STATUEN<br />
als <strong>der</strong> Äthiope Taharka, dessen Negerzüge ein Kopf aus schwarzem Diorit<br />
in Kairo uns aufbewahrt hat, als König auf dem Thron des Horus saß. „Mein<br />
Vater Amon würdigte mich, alle Län<strong>der</strong> unter meine Füße zu legen, den Osten<br />
bis zum Aufgang des Re und den Westen bis zu seinem Untergang." <strong>Die</strong> assy-<br />
rischen Heere, die ihn aus Nordägypten vertrieben hatten, drangen bis Theben<br />
vor und Mentemhet berichtet, wie er die zerstörten Tempel und Bildwerke wie<strong>der</strong>-<br />
herstellte „nach <strong>der</strong> Invasion <strong>der</strong> unreinen Fremdlinge im Südland. Alle Dinge,<br />
die ich hier vor euch bringe: keine lügnerische Rede ist darin, kein Wi<strong>der</strong>spruch<br />
o<strong>der</strong> Betrug. Keine Lüge ist in meinem Munde." <strong>Die</strong> Kunst dieses Meisters,<br />
<strong>der</strong> eine kühne Interpretation des Greisenalters gab, hat noch die Größe <strong>der</strong><br />
altägyptischen Granitskulptur. Der Kopf bildet ältere Tendenzen, Tafeln51, 57,58,<br />
organisch und selbständig weiter. Nur sind die Formen mit einem neuen Pathos<br />
erkannt und übertragen. <strong>Die</strong> Art, wie das Haar starr und groß den Kopf umgibt,<br />
ist ein einzigartiger Formgedanke. Unübertrefflich steht das mächtige plastische<br />
Leben des Gesichts dagegen. In diesem Kopf ist noch je<strong>der</strong> Zug aus dem Volumen<br />
des Steins entwickelt. Der vortreffliche Obsidiankopf <strong>der</strong> Sammlung Mac Gregor,<br />
Tafel 103, trotz <strong>der</strong> kleinen Maße ein großgesehenes Bildwerk, gehört künstlerisch<br />
vielleicht in die Nähe dieses bedeutenden Kopfes. Virtuosere Bildwerke, bei<br />
denen eine komplizierte Formanschauung den härtesten Stein scheinbar mühelos<br />
modelt, folgen ihm. Es sind jene Köpfe <strong>der</strong> XXVI. Dynastie, auf die schon im<br />
Anfang dieses Kapitels, S. 26, hingewiesen wurde. Das Meisterstück des Stils<br />
ist <strong>der</strong> Berliner Kopf, Tafeln 104, 105. <strong>Die</strong> Kunstabsicht, aus <strong>der</strong> er hervorging,<br />
erweiterte die Grenzen <strong>der</strong> <strong>Plastik</strong>. Man orientiert das plastische Bild genauer<br />
am Modell und sucht im mimischen Ausdruck mit <strong>der</strong> Natur zu rivalisieren.<br />
Um den Beschauer momentan zu packen, greift man zu dem zweifelhaften plasti-<br />
schen Mittel, in die durchmodellierte Form scharfe Linien, die Zeichen <strong>der</strong> Erleb-<br />
nisse, hineinzugraben. Auf Kosten <strong>der</strong> Stileinheit wird <strong>der</strong> Kopf interessant<br />
gemacht; plastisch unmotiviert in diesem Formkomplex sind das naturalistisch<br />
detaillierte Ohr und die gezeichneten Stirnfalten; die ornamentale Bildung <strong>der</strong><br />
Mundfalten wi<strong>der</strong>spricht <strong>der</strong> durchgefühlten <strong>Plastik</strong> des Schädels. Wir wissen<br />
nicht, ob die glänzende Politur berechnet war, die Illusion lebendiger Form zu<br />
steigern, o<strong>der</strong> ob auch hier Bemalung die Kontraste ausglich. Es ist die erste<br />
entschiedene Abkehr vom Strengplastischen in Ägypten; ein impressionistisches<br />
Moment schlich sich endlich auch in diese reservierte und aristokratische<br />
Kunst ein, <strong>der</strong> nur noch die Wahl zwischen Entartung o<strong>der</strong> künstlerischer