Die Plastik der Ägypter - New York University
Die Plastik der Ägypter - New York University
Die Plastik der Ägypter - New York University
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
STIL DER RUNDPLASTIK 27<br />
mehrerer Gestalten nach einfachen geometrischen Körpern ist plastisch deshalb<br />
so wertvoll, weil sie ein sicheres Fundament für den Aufbau abgibt und vor<br />
<strong>der</strong> Überschätzung <strong>der</strong> zufälligen Merkmale bewahrt, die <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>lichen,<br />
stets bewegten Naturform anhaften: sie garantiert die Bildeinheit. — <strong>Die</strong> geo-<br />
metrische Anlage <strong>der</strong> Statuen läßt übrigens eine kunstgemäße Steigerung ihrer<br />
Dimensionen zu, die bei bewegteren Figuren sinnlos wirkte. <strong>Die</strong> Rosselenker vom<br />
Montecavallo — vergrößerte Normalfiguren — sind als Kunstwerke barbarisch,<br />
die ägyptischen Kolosse monumental.Weil die Formen <strong>der</strong> ägyptischen Skulpturen<br />
einfach und Überschneidungen in ihnen selten sind, ist ihre Kunstwirkung im<br />
ganzen unabhängiger von <strong>der</strong> materiellen Größe als bei den Werken an<strong>der</strong>er<br />
Zeiten, etwa des Barock und Rokoko, die wegen ihrer komplizierten Bildungen<br />
ein gewisses Maß einhalten müssen. <strong>Die</strong> gleiche ägyptische Figurenkomposition<br />
befriedigt oft in recht verschiedenen Dimensionen: eine Reproduktion wird<br />
selten auf ihr tatsächliches Maß schließen lassen. Der Formgedanke ist so elementar,<br />
daß er möglichst viele Varianten einschließt, ist geradezu kanonisch. <strong>Die</strong>se Ge-<br />
samthaltung <strong>der</strong> Skulpturen erfor<strong>der</strong>t natürlich eine ebenso strenge Durchführung<br />
im einzelnen. Jedes Detail dient dem Kompositionsgedanken: so wirken die<br />
scharfkantigen Bän<strong>der</strong> <strong>der</strong> Augenli<strong>der</strong> und Lippen einer zerstreuenden Beleuch-<br />
tung entgegen (beson<strong>der</strong>s deutlich bei dem Kopf Tafel 50 und <strong>der</strong> StatueTafel 46).<br />
<strong>Die</strong> Griechen gingen hierin, beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> strengen Periode ihrer Kunst,<br />
noch weiter, indem sie Stirn und Nasenrücken zur zusammenhängenden Front-<br />
fläche des Kopfes verbanden, was diesen Köpfen — die schönsten sind im<br />
Akropolis-Museum und in München — zumal im Vergleich mit <strong>der</strong> bewegteren<br />
Formkombination ihrer nackten Körper, leicht etwas Maskenhaftes gibt, das<br />
die ägyptischen Künstler vermieden.<br />
Von diesem plastischen Gesichtspunkt aus erhielt auch die Farbe in <strong>der</strong><br />
ägyptischen Skulptur einen neuen Sinn. Einmal suchten die Künstler die all-<br />
gemeine Tatsache <strong>der</strong> mehrfarbigen Körpererscheinung im Bildwerk auszu-<br />
drücken, darüber hinaus wollten sie den Aufbau <strong>der</strong> Formen zugleich farbig<br />
hervorheben. <strong>Die</strong> innere Einheit ihres Kunstwerkes verlangte vom Kolorit<br />
dieselbe Distanz zur Wirklichkeit, die im Plastischen befolgt war: also zu-<br />
sammenhaltende, weit sichtbare Farbenflächen. <strong>Die</strong> Farbennuancen <strong>der</strong> Natur<br />
mußten umgearbeitet werden. <strong>Die</strong> Künstler bevorzugten — auch hierin be-<br />
gegnen sie sich mit den Mo<strong>der</strong>nen — ungebrochene kräftige Farben: neben<br />
weiß und schwarz ein reines Gelb, Dunkelrot, Türkisgrün. Mit diesen Tönen