Die Plastik der Ägypter - New York University
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STATUEN 43<br />
<strong>der</strong> mittlere Streifen des Schurzes das tektonische Grundmotiv geltend. <strong>Die</strong><br />
Statue ist ein großgesehenes Werk, wie fast alle guten Arbeiten <strong>der</strong> XII. Dynastie,<br />
die zwar nicht die unmittelbare und frische Auffassung, die die Werke <strong>der</strong> IV.<br />
und V. Dynastie auszeichnet, aber ein strenges Formbewußtsein besitzen.<br />
Auch einige Köpfe, Tafeln 50,51, 54-58 — Überreste zerstörter Figuren —<br />
zeigen im gedrängtesten Ausschnitt die mächtige Formgebung dieser Zeit und<br />
die Fähigkeit <strong>der</strong> Künstler, das geistige Wesen ihrer Menschen plastisch zu über-<br />
setzen. Sie tragen gegenüber den unpersönlicheren Werken des alten Reichs<br />
die Züge einer neuen und verinnerlichten Menschlichkeit.<br />
Eine beson<strong>der</strong>e ägyptische Kunstzeit bezeichnet die Regierung Amenophis IV.,<br />
etwa 1375 — 1358 v. Chr. Von ihm ging die größte religiöse Umwälzung<br />
aus, die Ägypten erfahren hat. <strong>Die</strong> geistige Bewegung, die damals viele<br />
ergriffen haben muß, spiegelt sich in <strong>der</strong> Kunst. <strong>Die</strong> Tafeln 79 — 91 geben<br />
Bil<strong>der</strong> des Königs, <strong>der</strong> Königin, seiner Mutter Teje und einer kindlichen<br />
Prinzessin wie<strong>der</strong>. In diesen Köpfen ist <strong>der</strong> plastische Stil merkwürdig auf-<br />
gelockert durch das in Ägypten fremde Bemühen um den Ausdruck des Psycho-<br />
logisch-Interessanten. Anzeichen deuten darauf, daß <strong>der</strong> königliche Religions-<br />
kün<strong>der</strong> und Dichter persönlich auf diese Kunst einwirkte — zum mindesten<br />
billigte er ihre Bestrebungen. <strong>Die</strong> abgebildeten Kalksteinköpfe gehören den<br />
königlichen Ateliers an, <strong>der</strong>en Kunstübung das kürzlich aufgedeckte Atelier<br />
des Thutmes uns verdeutlicht.<br />
Dort fand man neben an<strong>der</strong>en Bildhauerwerken und Studien eine Reihe<br />
fesseln<strong>der</strong> Bildnisköpfe. Es sind mehr o<strong>der</strong> weniger vollendete Arbeiten in<br />
Stein und Gipsabgüsse, die wohl als Modelle dienten. Ein erstaunliches Niveau<br />
psychologischer Gestaltung ist hier erreicht — ward Besitz einer Schule.<br />
Der Abguß eines Kopfes Amenophis IV., Tafel 81—83, gibt nicht mehr die Züge<br />
des verträumten jugendlichen Schwärmers. <strong>Die</strong> Formen sind durch die Gewalt<br />
des inneren Schauens umgeprägt, in <strong>der</strong> Glut des Erlebens gehärtet. Ein er-<br />
greifendes Bild des Menschen Amenophis ist in dem Kopf nie<strong>der</strong>gelegt. Auf<br />
einem an<strong>der</strong>en Porträt des Königs, Tafel 84, nicht ganz so inhaltreich, so ein-<br />
dringliche Kunst wie das vorige, sind mit feinen schwarzen Linien die Fältchen<br />
an den Li<strong>der</strong>n, Augenwinkeln und Nasenflügeln verzeichnet. So wurde am<br />
Modell das Allerpersönlichste, Fließende in die abgelöste Kunstform ein-<br />
getragen; auf den Abgüssen, wie dem Männerkopf, Tafel 93, sind hie und da<br />
Korrekturen vermerkt.