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1 Zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft: Zur Mehrdeutigkeit des ...

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In <strong>Gemeinschaft</strong>en helfen Menschen anderen Menschen, weil sie sich kennen,<br />

Anteil am Leben der anderen nehmen, weil sie eine Neigung zur Mit-Freude<br />

<strong>und</strong> zum Mit-Leide (ebd. 23) haben <strong>und</strong> weil als Teil eines sozialen Ganzen<br />

sehen. Das "Einverständnis in der <strong>Gemeinschaft</strong> ist ein "stillschweigen<strong>des</strong>", d.h.<br />

man vereinbart Hilfe nicht, sondern sie geschieht, ohne dass viel darüber<br />

gesprochen wird. Dabei wird nach "hauskommunistischen Gr<strong>und</strong>satz nicht<br />

abgerechnet, sondern der Einzelne trägt nach seinen Kräften bei <strong>und</strong> genießt<br />

nach seinen Bedürfnissen (Weber 278), wenngleich eine gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Gegenseitigkeitserwartung existiert. Wem geholfen wurde, der versucht etwas<br />

zurück zugeben, das aber nicht wie "Bezahlung" anmuten darf, sondern wie<br />

Anerkennung <strong>und</strong> Ausgleich. Wenn dagegen Aushandlungen, Entgelte <strong>und</strong><br />

Verträge notwendig sind, befindet man sich in dem, was Tönnies "<strong>Gesellschaft</strong>"<br />

nennt. Dort bestimmen andere, moderne Motive wie <strong>und</strong> warum Menschen sich<br />

helfen, verbinden oder verbünden.<br />

War in der <strong>Gemeinschaft</strong> der Mensch primär mit anderen Menschen verb<strong>und</strong>en,<br />

so ist er in der "<strong>Gesellschaft</strong>" gr<strong>und</strong>sätzlich von anderen Menschen getrennt:<br />

"eine Menge von … Individuen, der Willen <strong>und</strong> Gebiete in zahlreichen<br />

Beziehungen zueinander <strong>und</strong> in zahlreichen Verbindungen miteinander stehen<br />

<strong>und</strong> doch voneinander unabhängig … bleiben" (ebd. S. 60). Der Mensch<br />

empfindet sich nicht Teil von etwas, sondern als Einheit für sich selbst (vgl.<br />

dazu Heiner Keupps Buchtitel: Eine <strong>Gesellschaft</strong> der Ichlinge? (2000), <strong>und</strong> es<br />

sind die eigenen Anstrengungen, die Menschen mit anderen Menschen in<br />

Verbindung bringen. Diese bewusst geschaffenen Verbindungen sind allerdings<br />

meist nur ausschnittweise, d.h. auf einen bestimmten Zweck gerichtet <strong>und</strong><br />

dauern solange, wie dieser Zweck besteht bzw. solange wie wir sie zulassen.<br />

Durch unser Rollenhandeln werden wir gewissermaßen "viel-ichig". Insofern<br />

trifft der Prechts (2010) Buchtitel "Wer bin ich <strong>und</strong> wenn ja wie viele?" das<br />

moderne Existenzgefühl ziemlich genau. In der <strong>Gesellschaft</strong> wird der Staat mit<br />

seinen Gesetzen <strong>und</strong> Organisationen als Vermittler zwischen Unverb<strong>und</strong>enen<br />

notwendig, weil auch die Unverb<strong>und</strong>enen aufeinander angewiesen sind. Der<br />

Staat regelt, wie viel Verbindung <strong>und</strong> Verbindlichkeit ich z.B. als Klient von<br />

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