1 Zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft: Zur Mehrdeutigkeit des ...
1 Zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft: Zur Mehrdeutigkeit des ...
1 Zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft: Zur Mehrdeutigkeit des ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Neuseeland zur britischen Kolonie machen <strong>und</strong> das ging nur wenn dort Recht<br />
<strong>und</strong> Ordnung etabliert werden konnte. Zweitens wollte man die Maoris<br />
schützen, denn es zeichnete sich ab, dass diese den Auseinandersetzungen<br />
mit der ständig steigenden Zahl weißer Siedler erliegen würden. Im Jahr 1840<br />
gelang den Briten das diplomatische Meisterstück, 540 Māori-Häuptlinge an in<br />
der Siedlung Waitangi zu versammeln, <strong>und</strong> mit ihnen einen Vertrag zu<br />
schließen, die berühmte "Treaty of Waitangi". Mit diesem schenkten die Maoris<br />
ihr gesamtes Land, von einigen kleinen Ausnahmen abgesehen, der englischen<br />
Krone <strong>und</strong> behalten im Gegenzug das Ranagtiratanga, die Garantie<br />
traditioneller Selbstverwaltung <strong>und</strong> bekommen die britische<br />
Staatsangehörigkeit, mit allen demokratischen Rechten. Aus heutiger Sicht ist<br />
der Vertrag von Waitangi ein großartiges Zeugnis <strong>des</strong> fairen Umgangs einer<br />
überlegenen Macht mit einer unterlegenen, auf den man in Neuseeland bis<br />
heute ausgesprochen stolz ist. Aber aus heutiger Sicht ist der Vertrag aber<br />
auch ein genialer Schachzug der Māoris. Sie haben sich damit in weitsichtiger<br />
Weise umfängliche Rechte gesichert, die nun Verfassungscharakter haben.<br />
Das Waitangi Tribunal wacht darüber, dass staatliches <strong>und</strong> privates Handeln im<br />
Geiste <strong>des</strong> Vertrages von Waitangi geschieht (www.waitangi-tribunal.govt.nz).<br />
Allerdings ist die Treaty auch bis heute Symbol der Reibung zweier der<br />
Kulturen.<br />
So ist auch erklärbar, warum der 1974 in Kraft getretene "Children and Young<br />
Persons Act", der staatliche Eingriffsrechte in Kinderschutzfällen regelte <strong>und</strong><br />
multidisziplinäre Kinderschutzteams einrichtete - alles in allem ein recht<br />
fortschrittliches Gesetz, bereits 1982 mit der Kritik <strong>des</strong> „institutionellen<br />
Rassismus“ konfrontiert wurde <strong>und</strong> diese Kritik auch sehr ernst genommen<br />
wurde. Empirisch belegt wurde die Kritik mit Fallzahlen: Maorikinder fanden sich<br />
weit überproportional in stationären Hilfen, während die Fachkräfte <strong>und</strong><br />
Pflegeeltern ausschließlich Pakehas waren. Die Pflegefamilien hatten meist<br />
keinerlei Verbindung zur den Herkunftsfamilien <strong>und</strong> mehrmalige Wechsel der<br />
Pflegefamilien <strong>und</strong> Heime waren der Normalfall in einer Hilfebiographie. Die<br />
Kritik lautete, dass die kinderzentrierte Ausrichtung der Jugendhilfe die<br />
9