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05 - Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen ...

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Dass der Betr<strong>offene</strong> keinerlei Auszeichnungen erhalten habe, an keinen Parteitagen o. ä. teilgenommen<br />

habe oder niemals wegen eines Kriegsverbrechens oder Verbrechens gegen die<br />

Menschlichkeit verurteilt worden sei, rechtfertige keine andere Beurteilung.<br />

Darüber hinaus sei auch das Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 4 AusglLeistG des Verstoßes<br />

gegen die Gr<strong>und</strong>sätze der Menschlichkeit <strong>und</strong> Rechtsstaatlichkeit aufgr<strong>und</strong> Mitwirkung des<br />

Betr<strong>offene</strong>n an drei Beschlüssen des Erbges<strong>und</strong>heitsgerichts, welches auf Gr<strong>und</strong>lage des „Gesetzes<br />

zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933 drei Sterilisationen an<br />

Schizophrenie erkrankten Personen beschlossen hat, erfüllt. Dabei sei zu berücksichtigen,<br />

dass ein etwaiger Verstoß gegen die o. g. Gr<strong>und</strong>sätze nicht unter Berufung auf damals geltende<br />

formelle Rechtmäßigkeit zu verneinen sei, vielmehr komme es auf den materiellen Unrechtsgehalt<br />

des Verhaltens nach den Maßstäben rechtsstaatlicher Gr<strong>und</strong>sätze an (BVerwG,<br />

Urteil vom 16. Januar 1964 - VIII C 60.62 - BVerwGE 19, 1 = NJW 1964, 2220 = DVBl<br />

1968, 983 = Buchholz 412.3 § 3 BVFG Nr. 32 = ROW 1965, 53).<br />

Der objektive Verstoß gegen die o. g. Gr<strong>und</strong>sätze sei bereits durch die bloße Mitwirkung an<br />

den o. g. Beschlüssen zu bejahen.<br />

In subjektiver Hinsicht erfordere das letztgenannte Tatbestandsmerkmal den Nachweis einer<br />

zurechenbaren, vorwerfbaren <strong>und</strong> damit schuldhaften Mitwirkung an den oben genannten<br />

Beschlüssen. Notwendig sei in vergleichbaren Fällen wie diesem gr<strong>und</strong>sätzlich der Nachweis<br />

der persönlichen Zustimmung des Betr<strong>offene</strong>n zu den Entscheidungen des jeweiligen Gerichts<br />

(vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1967 - II C 102.63 - BVerwGE 26, 83 f. = ZBR 1967,<br />

222 = Buchholz 234 § 3 G 131 Nr. 25).<br />

Ein derartiger Nachweis sei nicht möglich, nach Lage des Falls jedoch hier auch nicht erforderlich.<br />

So müsse das Gericht seine Überzeugung der persönlichen Zustimmung des Betr<strong>offene</strong>n<br />

nicht notwendigerweise durch Aufklärung seines Verhaltens bei der die Beratung betreffende<br />

Entscheidung gewinnen, es könne sie vielmehr auch aus anderen Umständen (so genannten<br />

Hilfstatsachen) herleiten, die als Beweisanzeichen <strong>für</strong> die Zustimmung Gewicht haben<br />

(BVerwGE 26, 83 ). Hier ergebe sich aus den Umständen des konkreten Einzelfalls,<br />

dass sich der Rechtsvorgänger der Kläger mit der unmenschlichen Rechtsprechung des Erbges<strong>und</strong>heitsgerichts<br />

identifiziert habe. Die Berufung in die Erbges<strong>und</strong>heitsgerichte der Nationalsozialisten,<br />

deren Aufgabe die Umsetzung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses<br />

war, erfolgte dann, wenn ein Betr<strong>offene</strong>r mit der Erbges<strong>und</strong>heitslehre des nationalsozialistischen<br />

Systems <strong>und</strong> der dortigen vertretenen Auffassung zur Rassenlehre besonders<br />

vertraut war, sodass damit zu rechnen war, dass die in die Erbges<strong>und</strong>heitsgerichte berufenen<br />

Personen halfen, die Vorstellungen der Nationalsozialisten im Hinblick auf ihre Rassenideologie<br />

durchzusetzen. Daneben belege der Umstand, dass er auch innerhalb der SA, einer Organisation<br />

der NSDAP, in der er als Arzt tätig war, befördert wurde, dass er sich auch aus<br />

Sicht der damaligen Machthaber als Arzt im Rahmen der Durchsetzung der NS-Rassendieologie<br />

bewährt hatte. Schließlich ergebe sich auch daraus, dass er als Bezirksobmann im NS-Ärzteb<strong>und</strong><br />

tätig war, dass er sich in besonderer Weise mit dem nationalsozialistischen System<br />

<strong>und</strong> seiner Rassenlehre identifiziert habe. Der nationalsozialistische deutsche Ärzteb<strong>und</strong>, der<br />

bis 1938 ca. 30.000 Mitglieder gezählt hatte, habe eine wichtige Rolle bei der Gleichschaltung<br />

der Ärzteschaft im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie <strong>und</strong> der rassenhygienischen<br />

Propaganda (vgl. Enzyklopädie des Nationalsozialismus, Deutscher Taschenbuchverlag 1997,<br />

S. 607) gespielt.<br />

Insoweit sei auch vom Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Verstoßes gegen die Gr<strong>und</strong>sätze<br />

der Menschlichkeit <strong>und</strong> Rechtsstaatlichkeit auszugehen.<br />

Soweit die Klagepartei die Auffassung vertrete, dass sich der Restitutionsausschluss gemäß<br />

§ 1 Abs. 4 AusglLeistG lediglich auf die Vermögenswerte bzw. Kunstgegenstände beziehen<br />

könne, die der Geschädigte in der Zeit nach 1930 erworben hatte, träfe diese nicht zu. Dies<br />

ergebe sich bereits aus der Wechselwirkung von Enteignung <strong>und</strong> Wiedergutmachung, wobei<br />

auch im Rahmen der Enteignungsvorschriften aus der Zeit der sowjetischen Besatzung keiner-<br />

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