RdT 1/2010 - Bund gegen Missbrauch der Tiere
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Durst<br />
BEI K ATZEN RECHTZEITIG ERKENNEN<br />
Dr. Uwe Wagner: Wie schon erwähnt<br />
sind die Nieren dafür verantwortlich,<br />
den Körper von allem Überschüssigem<br />
zu befreien. Kleinste Funktions- und<br />
Struktureinheiten in den Nieren (Nephrone)<br />
sorgen dafür, dass die giftigen<br />
Stoffwechselprodukte - harnpflichtige<br />
Endprodukte des Eiweißstoffwechsels -<br />
das Blut verlassen und über den Harn<br />
ausgeschieden werden.<br />
Auf diese Weise werden <strong>der</strong> Säure-Basen-Haushalt<br />
und <strong>der</strong> Wasserhaushalt<br />
des Körpers konstant gehalten, unabhängig<br />
davon, wie viel die Katze getrunken,<br />
ob sie Trocken- o<strong>der</strong> Nassfutter<br />
gefressen o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s stark<br />
geschwitzt hat. Bei einer gestörten Nierenleistung<br />
kommt es entsprechend zu<br />
Elektrolytverschiebungen, Blutarmut<br />
(Anämie) und Bluthochdruck.<br />
<strong>RdT</strong>: Haben die Nieren einen so großen<br />
Einfluss auf den Blutdruck?<br />
Dr. Uwe Wagner: Ja, ganz entscheidend!<br />
Die Nieren kontrollieren einerseits<br />
den Blutdruck des gesamten Organismus;<br />
ein hormonelles Regulationssystem<br />
innerhalb <strong>der</strong> Nieren sorgt<br />
für einen konstanten, systemischen<br />
Blutdruck.<br />
Und an<strong>der</strong>erseits besitzen die Nieren<br />
ein autonomes Blutdrucksystem. Denn<br />
das Blut kann nur gereinigt werden,<br />
wenn es mit einem bestimmten Druck<br />
durch die feinen Gefäße gepumpt wird.<br />
Steigt o<strong>der</strong> fällt <strong>der</strong> Blutdruck, fließt zu<br />
viel o<strong>der</strong> zu wenig Blut durch die Nierengefäße.<br />
Folge: Entwe<strong>der</strong> werden<br />
die Filter überlastet, weil das Blut mit<br />
hohem Druck hindurchgepresst wird,<br />
o<strong>der</strong> das Blut wird nur unzureichend<br />
gefiltert, weil <strong>der</strong> Druck zu gering ist.<br />
INTERVIEW MIT DR. UWE WAGNER:<br />
Zur Anämie: Auch die Blutarmut ist eine<br />
Folge <strong>der</strong> eingeschränkten Nierenleistung.<br />
In den gesunden Nieren wird<br />
das Hormon Erythropoetin produziert,<br />
das die Bildung <strong>der</strong> roten Blutkörperchen<br />
im Knochenmark anregt.<br />
<strong>RdT</strong>: Sie haben zu Beginn erwähnt,<br />
dass bei Katzen erst im fortgeschrittenen<br />
Stadium einer chronischen Niereninsuffizienz<br />
Krankheitssymptome auftreten.<br />
Das macht die Erkrankung für<br />
Tierhalter so heimtückisch, weil sie sich<br />
lange im Glauben wähnen, dass ihre<br />
Katze gesund ist…<br />
Dr. Uwe Wagner: …ja, das ist sehr<br />
bedauerlich und macht die regelmäßige<br />
Vorsorgeuntersuchung umso wichtiger!<br />
Ab dem 7. Lebensjahr sollte ein-<br />
<br />
<br />
<br />
mal jährlich die Kontrolle des<br />
Blutdrucks, eine Blutuntersuchung und<br />
Harnanalyse durchgeführt und gegebenenfalls<br />
durch einen Ultraschall <strong>der</strong><br />
Nieren ergänzt werden.<br />
Im Blut werden die Konzentrationen<br />
von Harnstoff und Kreatinin<br />
bestimmt. Der Harnstoff ist ein<br />
Abbauprodukt des Eiweißstoffwechsels.<br />
Seine Konzentration im Serum steigt bei<br />
hoher Eiweißaufnahme - und bei einer<br />
gestörten Nierenfunktion. Parallel dazu<br />
wird Kreatinin bestimmt. Dieses Produkt<br />
aus dem Muskelstoffwechsel steigt<br />
erst an, wenn die Nieren zu mindestens<br />
50% geschädigt sind.<br />
Die Nieren haben eine hohe Kompensationsfähigkeit.<br />
Für ein normales Arbeiten<br />
<strong>der</strong> Organe sind nur 30% <strong>der</strong><br />
Nierenkapazität verantwortlich. So wird<br />
nachvollziehbar, dass beim Auftreten<br />
<strong>der</strong> ersten (drastischen) Krankheitssymptome<br />
oft schon bis zu 70% <strong>der</strong><br />
Nierenzellen funktionsuntüchtig geworden<br />
sind.<br />
Bei <strong>der</strong> Harnanalyse wird untersucht, ob<br />
DIE NIEREN ... filtern die schäd- BEI INSUFFIZIENZ:<br />
lichen Stoffwechselprodukte wie Harnstoff Vermehrter Durst,<br />
(Produkt des Eiweißstoffwechsels) und Kre- gesteigerter Urinabsatz,<br />
atinin (Produkt aus dem Muskelstoffwech- Erbrechen,<br />
sel) und scheiden sie über den Urin aus wechseln<strong>der</strong> o<strong>der</strong> vermin<strong>der</strong>-<br />
stabilisieren den Mineralstoffhaushalt ter Appetit,<br />
(Kalzium, Kalium, Phosphor, Natrium) Müdigkeit,<br />
produzieren das Hormon Erythropoetin glanzloses Fell,<br />
(regt das Knochenmark an, rote Blutkör- Durchfall,<br />
perchen zu bilden). Erythrozyten sind für Mundgeruch,<br />
den Sauerstofftransport zuständig<br />
Zahnfleischentzündung,<br />
produzieren das Blutdruck regulierende Austrocknung,<br />
Enzym Renin.<br />
<br />
Blutarmut.<br />
die Urinkonzentration verdünnt ist. Dieser<br />
Nachweis würde bedeuten, dass die<br />
Nieren die anfallenden Abfallstoffe nicht<br />
mehr ausreichend ausleiten können.<br />
<strong>RdT</strong>: Gibt es falsch positive Befunde,<br />
also eine Erhöhung <strong>der</strong> Blutwerte, ohne<br />
dass eine Nierenschwäche vorliegt?<br />
Dr. Uwe Wagner: Auch das kommt<br />
Suse (ca. 8-10 Jahre) lief einem Ehepaar zu, konnte dort aber nicht auf<br />
Dauer bleiben. Im Tierheim Elisabethenhof vermutete Katzenpflegerin<br />
Inge Reif anhand des struppigen Fells und dem erhöhten Urinabsatz<br />
sofort, dass Suse unter einer Störung <strong>der</strong> Nierenfunktion leiden musste.<br />
Die tierärztliche Untersuchung bestätigte den Verdacht und die Katze<br />
wird nun entsprechend therapiert. Tierheim Elisabethenhof<br />
(Adresse S. 38).<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
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