RdT 1/2010 - Bund gegen Missbrauch der Tiere
RdT 1/2010 - Bund gegen Missbrauch der Tiere
RdT 1/2010 - Bund gegen Missbrauch der Tiere
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entscheidend dazu bei, dass sich die<br />
SPD (im September 2008) in <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />
für Ernährung, Landwirtschaft<br />
und Verbraucherschutz für eine<br />
Überarbeitung stark machte und die<br />
<strong>Bund</strong>esregierung im Haushaltsplan<br />
2009 die Gel<strong>der</strong> bereitstellte.<br />
Damit es nicht bei bloßen Absichtsbekundungen<br />
bleibt, wandte sich im Februar<br />
2009 <strong>der</strong> bmt fe<strong>der</strong>führend im<br />
Namen von 14 Tier-, Natur- und Artenschutzorganisationen<br />
in einem<br />
Schreiben an alle Mitglie<strong>der</strong> des Agrarausschusses,<br />
um den Prozess zu beschleunigen.<br />
Im März <strong>2010</strong> gab das<br />
BMELV endlich grünes Licht.<br />
Daraufhin machte <strong>der</strong> bmt zusammen<br />
mit 11 an<strong>der</strong>en Tier- und Naturschutzverbänden<br />
in einer schriftlichen Stellungnahme<br />
an die Adresse des<br />
<strong>Bund</strong>esministeriums unter an<strong>der</strong>em auf<br />
zwei Kernfor<strong>der</strong>ungen aufmerksam:<br />
eine regelmäßige fachliche Überprüfung<br />
des Gutachtens, spätestens alle<br />
5 Jahre<br />
eine paritätische Besetzung des<br />
Sachverständigengremiums, d.h. dass<br />
Vertreter von Zooverbänden, Tierschutzverbänden<br />
und unabhängige<br />
wissenschaftliche Experten mit gleicher<br />
Anzahl von Personen vertreten sind.<br />
Elefantenfamilie in ihrem natürlichen Lebensraum, rechts im Zoo<br />
Wann ist <strong>der</strong> Zoo ein Zoo?<br />
Gleichzeitig - und von <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
fast unbemerkt - än<strong>der</strong>te <strong>der</strong> deutsche<br />
Gesetzgeber die Definition, was<br />
ein Zoo zu sein habe. Nach dem neuen<br />
<strong>Bund</strong>esnaturschutzgesetz von März<br />
<strong>2010</strong> ist ein Zoo eine Einrichtung, in<br />
<strong>der</strong> mehr als 20 <strong>Tiere</strong> wild leben<strong>der</strong> Arten<br />
gehalten und <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
präsentiert werden, ausgenommen<br />
Schalenwildarten wie Wildschweine<br />
und Rehe und Hirsche. Einrichtungen,<br />
die weniger Wildtiere halten, sind definitionsgemäß<br />
Tiergehege.<br />
Was so lapidar und unbedeutend<br />
klingt, offenbart sich erst bei näherer<br />
Betrachtung. So entfallen z.B. für Tiergehege<br />
zentrale For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> EU-<br />
Zoorichtlinie, gleichfalls muss die Öffentlichkeit<br />
nicht über den Schutz <strong>der</strong><br />
Artenvielfalt informiert werden.<br />
Auch Hinweisschil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Formen<br />
<strong>der</strong> Informationen über die zur<br />
Schau gestellten Arten und ihre natürlichen<br />
Biotope sind nicht notwendig.<br />
Zudem brauchen diese Zoos auch keine<br />
Anstrengungen im Artenschutz nachzuweisen,<br />
sie müssen sich nicht an Forschungen<br />
beteiligen, die zur Erhaltung<br />
<strong>der</strong> Arten beitragen und müssen auch<br />
nicht Informationen über die Arterhaltung<br />
o<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>ansiedlung von Arten<br />
in ihren Biotopen mit an<strong>der</strong>en Einrichtungen<br />
austauschen.<br />
Die beson<strong>der</strong>e Brisanz erhält die Ausnahmereglung<br />
dadurch, dass <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
vom Aussterben bedrohte<br />
Tierarten, die in <strong>der</strong> Regel unter beson<strong>der</strong>em<br />
rechtlichen internationalen<br />
Schutz stehen, nicht explizit von dieser<br />
Ausnahme ausnimmt. So würde eine<br />
Einrichtung noch als Tiergehege gelten,<br />
die zwei Elefanten, vier Delfine,<br />
vier Schimpansen, zwei Nashörner,<br />
zwei Pandas, vier Schneeleoparden<br />
und zwei Geparden hält.<br />
Eigentlich muss<br />
die <strong>Bund</strong>esrepublikDeutschland<br />
dafür<br />
Sorge tragen,<br />
dass beide<br />
Grundziele <strong>der</strong><br />
Richtlinie, "<strong>der</strong><br />
Schutz wild leben<strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>" und "die Erhaltung<br />
<strong>der</strong> biologischen Vielfalt",<br />
durch die Ausnahme nicht gefährdet<br />
werden. Da nach Ansicht des bmt <strong>der</strong><br />
Gesetzgeber durch diese pauschale<br />
Ausnahmeregelung <strong>gegen</strong> europäisches<br />
Gemeinschaftsrecht verstößt, hat<br />
sich <strong>der</strong> bmt schriftlich an den EU-Umweltkommissar<br />
gewandt. Eine Antwort<br />
steht noch aus.<br />
Ausblick<br />
Anfang Juli wird im Rahmen einer Verbändeanhörung<br />
in Bonn das BMELV<br />
darüber entscheiden, wie das weitere<br />
Proze<strong>der</strong>e hinsichtlich <strong>der</strong> Überarbeitung<br />
des Säugetiergutachtens ist.<br />
Es ist zu hoffen, dass die Tierschutzverbände<br />
diesmal die Chance erhalten,<br />
daran tatsächlich mitzuwirken, um den<br />
Tierhaltungsstandard in Zoos auf eine<br />
ethisch verantwortbare und fachlich<br />
fundierte Ebene zu heben. Hilfreich für<br />
alle Seiten wäre es, wenn Zooverbände<br />
und Tierschutzverbände aufeinan<strong>der</strong><br />
zugehen würden, um eine möglichst<br />
vertrauensvolle Arbeit in dem zu<br />
bildenden Sachverständigengremium<br />
zu schaffen.<br />
Hilfreich nicht nur für die Verbände,<br />
son<strong>der</strong>n in erster Linie für die Zootiere.<br />
Mittelfristig sollte sich <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
jedoch Gedanken darüber machen, ob<br />
es für den Tierschutzvollzug nicht effektiver<br />
ist, indem man dem Beispiel<br />
Österreichs folgt und die Zootierhaltung<br />
in einer verbindlichen Tierhaltungsverordnung<br />
regelt.<br />
Text: Torsten Schmidt<br />
Fotos: Petra Zipp, Claudia Lotz<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
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