RdT 1/2010 - Bund gegen Missbrauch der Tiere
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…<br />
NERN AUS DEM TIERHEIM PROFITIEREN<br />
"Hunde bewegen Menschen"<br />
Neben Bijan Elmi (51) sind zwei Mitarbeiter <strong>der</strong> Klinik anwesend, um bei Kommunikationsschwierigkeiten<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Problemen mit den Patienten eingreifen<br />
zu können. Gleiches gilt für den Umgang mit den Hunden: Vom Tierheim<br />
Elisabethenhof ist bmt-Mitarbeiterin Jeannette Bittner extra für das Projekt<br />
abgestellt. Die teilnehmenden Hunde müssen sozialverträglich sein, dürfen keine<br />
Aggressionen <strong>gegen</strong> Menschen o<strong>der</strong> Artgenossen zeigen und kein ausgeprägtes<br />
Meideverhalten <strong>gegen</strong>über Menschen aufweisen. Damit die Vierbeiner<br />
keine aufgestauten Energien zum "Seminar" mitbringen, werden sie ca. eine<br />
und Hunden herzustellen und im Laufe<br />
<strong>der</strong> gemeinsamen Arbeit so zu festigen,<br />
dass Besitzer und Vierbeiner ein<br />
Team geworden sind, hier geht es um<br />
ganz an<strong>der</strong>e Ziele."<br />
Und so muss sich <strong>der</strong> studierte Betriebswirt,<br />
wie die Gruppenteilnehmer<br />
auch, laufend neu auf die Fluktuation<br />
in <strong>der</strong> Menschen- und Hundegruppe<br />
einstellen und schnell und einfühlsam<br />
interagieren. Nicht alle Patienten erfüllen<br />
die Voraussetzung zur Teilnahme<br />
an <strong>der</strong> "Vier-Pfoten-Therapie": Die<br />
Frauen und Männer müssen gefestigt<br />
sein, "ein ausreichendes Steuerungsmögen<br />
haben, sich also unter Kontrolle<br />
haben", wie <strong>der</strong> Psychologe und Humanmediziner<br />
Dr. Rapp erläutert.<br />
Sexueller <strong>Missbrauch</strong>, traumatische Erfahrungen<br />
und psychosoziale Krisen<br />
haben u.a. bei seinen Patienten dazu<br />
beigetragen, dass sie sich den gesellschaftlichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen nicht mehr<br />
gewachsen fühlten und sich (kurz- o<strong>der</strong><br />
langfristig) in Depressionen verloren.<br />
In <strong>der</strong> durchschnittlich sechswöchigen,<br />
teilstationären Behandlung werden die<br />
Menschen verhaltenstherapeutisch so<br />
weit betreut, dass vielen die Orientierung,<br />
die Integration in ihr bisheriges<br />
Leben wie<strong>der</strong> gelingt.<br />
Von dem Projekt "Hunde bewegen<br />
Menschen" erhofft sich <strong>der</strong> Chefarzt<br />
mehrere positive Impulse: "Ich hoffe<br />
sehr, dass dieser Therapieansatz die<br />
soziale Kompetenz <strong>der</strong> Patienten för<strong>der</strong>t,<br />
ihre Kommunikation (mit Mensch<br />
und Tier) verbessert, die Konzentrationsfähigkeit<br />
schärft und ihr Durchsetzungsvermögen<br />
stärkt."<br />
Thomas F. ist das von einem zum an<strong>der</strong>en<br />
Dienstag bereits gelungen: Hatte<br />
er bei einem Termin auf dem Elisabethenhof<br />
die Bitte von Hundeschulleiter<br />
Elmi, einen beson<strong>der</strong>s temperamentvollen<br />
Hund an die Leine zu<br />
nehmen, nicht abschlagen können, obwohl<br />
er Schmerzen in <strong>der</strong> Schulter hatte,<br />
findet er den Mut zur Ablehnung in<br />
<strong>der</strong> kommenden Woche. "Sie müssen<br />
‘nein’ sagen!", hatte Dr. Uwe Rapp seinem<br />
Patienten dringend geraten, dessen<br />
persönliches Problem in <strong>der</strong> Unfähigkeit<br />
zur Abgrenzung besteht.<br />
Und Thomas F. sagte in <strong>der</strong> kommenden<br />
Woche `nein, ich will nicht!´ und<br />
grenzte sich in diesem Moment erfolgreich<br />
<strong>gegen</strong> das Ansinnen einer an<strong>der</strong>en<br />
Person ab. Der 47jährige Psychologe<br />
freut sich über die ersten<br />
deutlichen Fortschritte. Eine an<strong>der</strong>e Patientin<br />
aus <strong>der</strong> "Hundegruppe" hat in-<br />
TH ELISABETHENHOF<br />
Stunde vorher gemeinsam in den Freilauf gelassen. Das Projekt ist vorerst auf ein Jahr begrenzt und wird mit 5000 Euro vom<br />
För<strong>der</strong>verein des Mathilden-Hospitals finanziert.<br />
Die Hunde tun <strong>der</strong> Seele tut<br />
Der Projektleiter Dr. Uwe Rapp mit Mike<br />
Ruckelshaus (links) und Bijan Elmi (rechts)<br />
zwischen einen Job gefunden, eine<br />
weitere hat nach Therapieende mit ihrem<br />
Ehemann einen Tierheimhund bei<br />
sich aufgenommen.<br />
In den Medien ist "Hunde bewegen<br />
Menschen" auf große Resonanz gestoßen.<br />
Mike Ruckelshaus hat inzwischen<br />
mehrere Anfragen von Institutionen,<br />
die sich ein ähnlich geartetes Projekt<br />
vorstellen könnten. "Wir müssen als<br />
Tierheim neue Wege gehen, wenn wir<br />
in <strong>der</strong> Krise bestehen wollen", sagt <strong>der</strong><br />
Geschäftsstellenleiter. "Dazu gehört neben<br />
einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit<br />
die Ausweitung <strong>der</strong> Kompetenz<br />
in bislang fremde Bereiche wie<br />
pädagogische Projekte o<strong>der</strong> eben die<br />
tiergestützte Therapie".<br />
Übrigens profitieren auch die Hunde<br />
deutlich von dem neuen Projekt: So galt<br />
<strong>der</strong> ca. 7 Jahre alte Spike (Foto Seite<br />
26, ganz links und Seite 39) als schwierig<br />
im Umgang mit Artgenossen, sein<br />
unsoziales Verhalten Rüden <strong>gegen</strong>über<br />
war u.a. <strong>der</strong> Grund für seine Abgabe.<br />
Heute meistert <strong>der</strong> Langhaar-Schäferhund<br />
seine Aufgabe mit Bravour: Souverän<br />
geht er mit den drei an<strong>der</strong>en Rüden<br />
in <strong>der</strong> Gruppe um, zeigt keinerlei<br />
Anzeichen für dominantes Verhalten.<br />
"Sollten die Hunde auch noch schneller<br />
ein gutes Zuhause finden, wäre das<br />
Projekt wirklich in je<strong>der</strong> Hinsicht gelungen",<br />
so Mike Ruckelshaus.<br />
Text und Fotos: Claudia Lotz<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
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