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KLASSIK<br />

der füssli-zyklus<br />

Von Katharina von W<strong>art</strong>burg<br />

■ Ein aussergewöhnliches Konzert ist dieser Tage<br />

im Schlachthaus zu hören: Der Füssli-Zyklus - das<br />

sind vier Auftragskompositionen zu Bildern des<br />

Schweizers Johann Heinrich Füssli (1741-1825). In<br />

allen vier Werken geht es um Sprachlosigkeit und<br />

um rasend-verzweifelte, vorsichtig-tastende oder<br />

sinnlos-autistische Berührungsversuche einer<br />

Frauenfi gur mit der Aussenwelt. Geschrieben wurden<br />

die Werke für die Flötistin Barbara «Balba»<br />

Weber, die damit ganz neue Welten in der Querfl ötenmusik<br />

betritt. Die vier Stücke sind:<br />

Helmut Oehring (D, geb. 1961), «FUESSLI-Musik»<br />

Aus mehreren übereinandergelagerten Text-<br />

und Musikschichten entwickelt sich ein grosser<br />

Monolog. Die Perfomerin bedient sich dafür eines<br />

selbstentwickelten Systems von Laptop, Mikrofonen<br />

und Fusspedalen und mischt vorproduzierte<br />

Elemente mit Live-Performance. Als Live-Instrument<br />

wird eine verstärkte, fast spieluntaugliche<br />

Bass-Querfl öte und die eigene Stimme gebraucht.<br />

Michael Wertmüller (CH, geb. 1966), «Lolita»<br />

Die gebrochene Stimme der Solistin versucht, sich<br />

durch kaum unterbrochene, virtuose Klangkaskaden,<br />

rhythmisch hochkomplexe Abläufe und penetrante<br />

Musterwiederholungen der Flöte durchzukämpfen.<br />

Verbunden mit der maschinellen,<br />

ständig im Hintergrund anwesenden bedrohlichen<br />

Geräuschkulisse des Zuspiels entsteht ein düsteres,<br />

bedrängendes Bild menschlicher Unzulänglichkeit.<br />

Natalia Pschenitschnikowa (UdSSR), «Das<br />

Schweigen» Das Stück ist frei nach Texten von<br />

John Milton, Sigmund Freud, Michel Houellebecq<br />

und Eminem geschrieben, wobei Texte ausgewählt<br />

wurden, die auf verschiedene Art den Zustand der<br />

Melancholie berühren. Die Texte selbst kommen<br />

aber nicht zu Gehör, sie sind nur in die Klänge<br />

hineinchiffriert, als Botschaften, die man manchmal<br />

fast zu verstehen glaubt, aber doch nicht richtig<br />

entziffern kann. So kommt der Zustand der Melancholie<br />

in dem Performer selbst zum Klingen<br />

Barbara Balba Weber (CH, geb. 1967), «Turm»<br />

Mit einem einzigen zwölfminütigen Ton wird eine<br />

Flötistin bis an den Rand des psychisch und physisch<br />

Möglichen getrieben. Mittels minimalistischer<br />

Techniken sowohl für die Musik als auch<br />

für die Choreographie formt sich aus diesen allerkleinsten<br />

Bewegungen (klanglich und bewegungsmässig<br />

eine Studie über den Schwalbenfl ug und<br />

den Schwalbengesang) im Verlauf des Werks eine<br />

einzige grosse Geste.<br />

In dem einstündigen Zyklus wird der Flötistin<br />

abgefordert, was weit über die gängigen Vorstellungen<br />

einer «Flöten-Musik» hinausgeht. In jedem<br />

der vier Werke wird mit den Möglichkeiten von<br />

Instrument, Stimme, Bewegung, Elektronik und<br />

Text bis an die Grenzen des bisher für ein einzelnes<br />

Solo-Instrument Gemachten experimentiert.<br />

Einerseits werden damit die beschränkten Möglichkeiten<br />

des Instruments gesprengt und die<br />

Möglichkeiten einer bestimmten Musikerin gezielt<br />

ausgelotet. Andererseits werden mehrere junge<br />

radikale KomponistInnen in einem einzigen Zyklus<br />

vereinigt, die eine neue Generation verkörpern<br />

und die (nebst dem Inhaltlichen) vor allem eines<br />

verbindet: Ablehnung jeglicher Dogmatik, unverkrampfter<br />

Umgang mit Tradition, mit verschiedenen<br />

Musikgenres, mit Sprache und mit Technik.<br />

Füssli-Zyklus:<br />

So, 11. März, 17:00 h, Schlachthaustheater Bern<br />

ARCHITEKTURKULTUR BERN<br />

■ Die Ortsgruppe Bern des Bundes Schweizer Architekten<br />

BSA lädt ein zur festlichen Buchvernissage:<br />

Freitag, 30. März 2007, Kornhaus Bern, ab<br />

19:00 h im Stadtsaal.<br />

Apéritif prolongé, mit künstlerischen Interventionen<br />

von Chantal Michel und Jürg Halter. Eintritt frei,<br />

die Weine werden offeriert – nix wie hin…<br />

STADTLÄUFER<br />

Von Andy Limacher<br />

musik<br />

■ nr. 29 // berauschend. Letztens spazierte ich<br />

dem Uferweg entlang bis zum Kraftwerk Engehalde.<br />

Dort schaute ich eine Weile lang Schwänen<br />

und Enten zu und bewunderte die Wintersonne,<br />

die sich im Wasser spiegelte. Von allen<br />

Geräuschen der Natur ist mir dasjenige des Wassers<br />

am liebsten, vor allem, wenn es über einen<br />

Abgrund hinausschiesst, und sei dieser noch so<br />

klein.<br />

Als ich den Wasservögeln beim Nichtstun<br />

zuschaute, fragte ich mich, wieviel Strom dieses<br />

kleine Flusskraftwerk eigentlich produziert,<br />

und dies wiederum führte zum Entschluss, einen<br />

Stadtläufer über die Berner Stromproduktion zu<br />

schreiben. Das Thema ist ja im Hinblick auf den<br />

neuen IPCC-Bericht brandaktuell.<br />

Auf der Website von Energie Wasser Bern<br />

erfuhr ich, dass nur fünf Prozent der gesamten<br />

Energieerzeugung für die Bundeshauptstadt aus<br />

eigenen Anlagen stammen. Der grösste Anteil<br />

entfällt dabei auf das Flusskraftwerk Felsenau,<br />

das Schlusslicht bilden die Engehalde und das<br />

Solarkraftwerk Neufeld.<br />

Knapp zwei Drittel des Berner Stroms liefern<br />

sogenannte P<strong>art</strong>neranlagen, zu denen auch die<br />

Kernkraftwerke Gösgen und Fessenheim (F) gehören,<br />

die verbleibenden 35 Prozent führt die<br />

EWB unter dem etwas undurchsichtigen Posten<br />

«Drittbezüge» auf. Diese Erkenntnis hat dazu<br />

geführt, dass ich seit dem 1. Januar 2007 das<br />

Stromprodukt ewb.BERNER.kraft beziehe. Da<br />

sind zwar auch Speicherkraftwerke dabei, aber<br />

immerhin keine Kernkraftwerke.<br />

Doch zurück zu den Schwänen und Enten und<br />

unserem Spaziergang. Wenn Sie denjenigen Ort<br />

besuchen möchten, an dem der Löwenanteil des<br />

Berner Stroms produziert wird, folgen Sie der<br />

Aare Richtung Olten bis Gösgen (dabei handelt<br />

es sich um ungefähr drei bis vier Tagesmärsche).<br />

Ansonsten können Sie getrost hier bleiben: Vom<br />

Engekraftwerk kommt zwar nicht der meiste<br />

Strom, aber sicherlich der schönste.<br />

www.ensuite.ch<br />

Ein Abo macht Sinn.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 15

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