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FILM<br />

notes on a scandal<br />

Von Sonja Wenger (Bild: zVg.)<br />

■ Zwei der besten Schauspielerinnen der Welt,<br />

Judi Dench («Casino Royale») und Cate Blanchett<br />

(«Babel»), stehen sich in «Notes on a Scandal»,<br />

einer düsteren und verzwickten Erzählung um verdrängte<br />

Bedürfnisse, Lebenslügen und weibliche<br />

Intimität, gegenüber. «Der Fehler der einen ist der<br />

Vorteil der anderen», heisst es in diesem Thriller,<br />

der einen nicht nur amüsiert, sondern immer auch<br />

mit jener kribbelnden Vorahnung in Atem hält, die<br />

das Markenzeichen intelligenter Geschichten ist.<br />

Dench ist Barbara Covett, eine verbitterte alte<br />

Jungfer, die ihr Wissen über andere zu ihren eigenen<br />

Vorteilen anwendet. Barbara ist auch die<br />

konservative Lehrerin einer leicht heruntergekommenen<br />

Londoner Mittelschule. Ihre Haltung<br />

gegenüber der Gesellschaft lässt sich bestenfalls<br />

als desillusioniert bezeichnen. Die Welt ist ihr persönliches<br />

Beobachtungsfeld, und akribisch notiert<br />

sie ihre Gedanken in einem Tagebuch. Die ätzende<br />

Präzision, mit der Barbara das Verhalten der Menschen<br />

zu defi nieren vermag, kann nur einer rasiermesserscharfen<br />

Beobachtungsgabe und einer<br />

hochstehenden Intelligenz entspringen.<br />

Als eines Tages die neue Kunstlehrerin Sheba<br />

H<strong>art</strong> (Blanchett) in der Schule auftaucht, entsteht<br />

zwischen den Frauen schnell eine Freundschaft.<br />

Sheba ist das pure Gegenteil der abweisenden<br />

und verhärteten Barbara und strahlt eine attraktive,<br />

naive Jugendlichkeit aus. Mit ihren blonden<br />

Locken wirkt sie wie ein transparentes Feenwesen<br />

und Barbara notiert sich amüsiert und spöttisch<br />

überrascht, dass ihr Sheba offenbar ihr ganzes<br />

Herz ausschütten will. Shebas Erscheinung und<br />

Charakter nimmt mit Wucht von Barbaras einsamer<br />

Seele Besitz - so sehr, dass schon die leichte<br />

Berührung von Shebas Haar sie in verbales Entzücken<br />

versetzt.<br />

Auch nach aussen hin scheint Shebas Leben<br />

perfekt. Ihr liebevoller, viel älterer Ehemann<br />

Richard (Bill Nighy) umsorgt sie und die beiden<br />

Kinder – und doch empfi ndet sie ein überwältigendes<br />

Bedürfnis, ihre verloren geglaubte Jugend<br />

nachholen zu wollen. Als Sheba ihrer neuen besten<br />

Freundin gesteht, sich verliebt und eine Affäre mit<br />

einem der Schüler begonnen zu haben, gibt sie damit<br />

unwissentlich die Kontrolle über ihr Leben in<br />

die Hand einer Frau, die mehr als nur eine Leiche<br />

im Keller hat. Denn Barbara entpuppt sich mehr<br />

und mehr als ein zerstörerisches Element für Sheba,<br />

und schreckt auch nicht davor zurück, sie aus<br />

Eifersucht mit ihrem Wissen zu erpressen. Nach<br />

und nach isoliert Barbara die junge Frau erfolgreich<br />

von allen, bis sie glaubt, zum letzten Schlag<br />

ausholen zu können.<br />

«Beide Frauen haben die Kontrolle verloren<br />

– wie wir alle, wenn wir uns verlieben», sagt der<br />

Regisseur. So wollte Eyre keinen reinen Psychothriller<br />

drehen, sondern einen Film, der sowohl<br />

lustig ist, wie auch «furchteinfl össend, schockierend<br />

und traurig», denn «Barbaras Einbildung,<br />

eine leidenschaftliche Freundschaft mit Sheba zu<br />

haben, ist komisch, abstossend und doch zutiefst<br />

menschlich zugleich». Es ist ihm mit einer subtilen<br />

Regieführung gelungen, das Auseinanderbrechen<br />

der Lebenslügen der Charaktere von allen Seiten<br />

zu betrachten, ohne jemals wertend zu sein. Weder<br />

Barbara noch Sheba bleiben als schlecht oder<br />

gut in Erinnerung. Vielmehr entwickeln alle Charaktere,<br />

auch die Nebenfi guren, in überraschenden<br />

Wendungen ihre ganz eigene Sicht der Dinge. So<br />

wie auch das Leben nicht nur aus schwarz oder<br />

weiss besteht, werden hier sämtliche Graustufen<br />

ausgeleuchtet - ein Umstand, der «Notes on a<br />

Scandal» zu einem wahren Meisterwerk macht.<br />

Der Film dauert 92 Minuten und ist seit dem 22.<br />

Februar in den Kinos.<br />

cinéma<br />

TRATSCHUNDLABER<br />

Von Sonja Wenger<br />

■ Da war doch gerade erst der Opernball! Wir<br />

schreiben 2007 und noch immer rennen Weiber<br />

rum, die es toll fi nden, sich ein Krönchen auf das<br />

Köpfchen zu pappen. Souverän war da in Wien<br />

nur Paris – nämlich professionell gelangweilt –,<br />

auf der Strasse dagegen die Fans – professionell<br />

verdummt - mit selbstgebastelten «We love you<br />

Paris»-Schildern. Aber glücklicherweise dürfte<br />

bald nichts mehr übrigbleiben von der globalen<br />

Hohlheit, denn die Paris ist ja so dürr.<br />

Apropos dürr: Nach Keira Knightley will nun<br />

auch Kate Winslet klagen, weil ihr eine Zeitung<br />

unterstellte, sie habe einen Diätdoktor besucht.<br />

Und dabei konnte man sich mit ihr immer so<br />

schön identifi zieren. Dafür ist der ehemalige<br />

Chefredaktor der «Schweizer Illustrierten», Marc<br />

Walder, nun endlich, wo er sich so richtig wird<br />

austoben können, nämlich beim «Sonntagsblick».<br />

Noch mehr kritische Fragen zu Ausländern und<br />

der Schweizer Jugend, noch bunter, noch blöder,<br />

noch mehr Pseudopromis – ja Marc, gib es uns!<br />

Hoffentlich schicken die Ägypter nicht mehr so<br />

schnell ein Fax.<br />

Doch wo lachende, da auch weinende Gesichter,<br />

denn nun bleibt die «SI» in ihrer Hilfl osigkeit<br />

zurück. Bestes Beispiel: «2007 wird das Jahr der<br />

starken Frauen». Oho! Erst jetzt! Aber stimmt,<br />

man muss schon stark sein, um solchen Stuss immer<br />

wieder zu lesen. Als Beweis gab es 50 Porträts<br />

aus der Liste von Forbes «World’s 100 most<br />

Powerful Women”, unter anderen Hilary Clinton.<br />

Da wird ihre Kandidatur fürs US-Präsidentenamt<br />

einfach mal so gutgeheissen, weil sie ne Frau ist<br />

– ok, alles ist besser als GeorgiePorgie, trotzdem<br />

– die grösste Leistung der genannten Frauen<br />

– von Politikerinnen wie Sonia Gandhi, über die<br />

CEOs einiger globalen Konzerne bis hin zur britischen<br />

Queen – ist: dass «fast (fast!) alle Job und<br />

Familie unter einen Hut bringen». Toll! Das könnt<br />

ich auch mit soviel Schmutz an den Händen.<br />

Aber unsereins will ja sauber bleiben und<br />

schaut sich lieber die Saubermänner für die<br />

nächste Mister-Schweiz-Wahl am 14. April an -<br />

natürlich in der «SI». Da sind also die üblichen<br />

Clowns, pardon, Klons des Vorjahrgewinners, einer<br />

des Vorvorvorjahrgewinners, und sonst nur<br />

Pepsodent. Und bevor sie abgeht und wir hier<br />

die amtierende Miss Schweiz fast erfolgreich mit<br />

Nichtbeachtung belohnt haben, nun doch noch:<br />

Der «Coop-Zeitung» erzählt Christa Rigozzi (23):<br />

«Ich koche zur Entspannung», und: «Ich liebe<br />

beides, Gemüse und Früchte. Mir schmecken vor<br />

allem Erdbeeren, Aprikosen, Kirschen und Mandarinen.»<br />

Wow!<br />

www.ensuite.ch<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 25

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