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Raumahnungen<br />

■ Als ob das Gelb sich nicht so recht<br />

getraute, zum Vorschein zu kommen,<br />

verbirgt es sich hinter dicken Schichten<br />

von Schwarz. Doch es macht sich<br />

bemerkbar und deutet an, dass hinter<br />

dem dunklen Schleier ein erdachter<br />

Farbraum existiert, der sich dem Betrachter<br />

in einem imposanten Gemälde<br />

verschliesst. Und tatsächlich:<br />

Direkt daneben zeigt sich, wie dieser<br />

aussehen könnte. Weiss, Gelb- und<br />

Blautöne flackern über ein weiteres<br />

Bild, auf dem einzelne Spuren des<br />

Schwarz zwar immer noch vorhanden<br />

sind, doch mutet es hier wie beiseite<br />

gewischt an und gibt ein helllichtes<br />

Farbenspiel preis. Nebeneinander an<br />

die grösste Wand der Galerie Halde-<br />

Mysteriöse Zauberwelten<br />

■ Ihr Hund heisst Nikki – zwar nicht<br />

de Saint Phalle, doch wundern würde<br />

es einen angesichts der leuchtenden<br />

Farbenpracht in Esther-Lisette Ganz’<br />

Bildern kaum, wenn die berühmte<br />

Künstlerin Patin für Bellos Namen<br />

gestanden hätte. Ganz’ Gemälde sind<br />

auffällig und vereinnahmend, ohne<br />

allerdings schön sein zu wollen: Zu<br />

linkisch unbeholfen wirken ihre Figuren,<br />

zu naiv und abstrakt die Sujets,<br />

als dass sie einen über ihre Ästhetik<br />

emotional vereinnahmen könnten.<br />

Und doch sprechen sie den Betrachter<br />

in ihrer sonderbaren Art an.<br />

Esther-Lisette Ganz’ Vater war<br />

Flachmaler und hat unter anderem<br />

Tapeten kreiert. Seine Werkzeuge hat<br />

Step by step...<br />

…in die Treppenhausgalerie. Zu Beginn<br />

nicht weniger Ausstellungsbiographien<br />

von Künstlerviten wird sie<br />

genannt – und vielleicht genauso oft<br />

verschwiegen: Die Treppenhausgalerie<br />

des Berner Traditionswarenhauses<br />

Loeb. Viele der heute namhaften Kunstschaffenden<br />

der Region haben einst<br />

dort ihre Werke präsentiert. Doch diesen<br />

Ort der Anfänge zu finden, ist gar<br />

nicht so einfach. Wer naiv die Treppe<br />

neben der Confisérie Beeler erklimmt,<br />

defiliert im dritten Stock an der Poster-<br />

Abteilung vorbei, nicht ohne sich vorher<br />

ob der vermeintlichen Ausstellung<br />

schaudernd zu erschrecken und im<br />

Anschluss erleichtert weiterzukraxeln.<br />

Doch spätestens im vierten Stock lan-<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07<br />

mann gehängt wirken diese beiden<br />

Malereien wie gegensätzliche Pole und<br />

erzeugen eine Spannung, die sich auch<br />

immer wieder innerhalb der einzelnen<br />

Bilder Heinz Eggers aufbaut. «Die Farbe<br />

ist gekommen», bemerkte einer der<br />

Vernissagebesucher und tatsächlich<br />

unterscheiden sich die aktuellen Arbeiten<br />

von den sonst eher düsteren Sujets<br />

in Grau, Schwarz, Blau und Braun.<br />

Ja, die Farbe hat ihn, aber Maler war er<br />

schon lange zuvor: Taktil winden sich<br />

Spuren der Pinselarbeit. Sie teilen die<br />

Leinwände in Horizontale und Vertikale<br />

und lassen das Betrachterauge dem<br />

Farbauftrag folgen. Der Strich genügt,<br />

definiert sowohl Raum wie Oberfläche<br />

und hält den Blick konstant in Bewe-<br />

die ausgebildete Graphikerin jahrelang<br />

aufbewahrt, bis sie begann, mit<br />

Musterrollern und Stempel aus seiner<br />

Werkstätte, ornamental repetitive, teilweise<br />

verschnörkelte Hintergründe zu<br />

gestalten. Diese organischen Strukturen<br />

werden immer übermalt, beispielsweise<br />

mit bunten Hunden, die<br />

rosa gepunktet oder orange bedreieckt<br />

treuherzig wie Comic-Wesen aus<br />

den Bildern blicken. Schablonenhaft,<br />

praktisch ohne Binnengliederung sind<br />

sie umrissen, so wie die seltsame, androgyne<br />

Figur, die immer wieder als<br />

eine der Protagonisten aus Esther-Lisette<br />

Ganz’ Bildvokabular auftaucht.<br />

Puppenhaft schematisch und trotzdem<br />

freundlich strahlend und offen<br />

det der Ahnungslose am Schalter des<br />

Kundendienstes, wo einem kompetent<br />

der richtige Weg gewiesen wird.<br />

Dass sich Kunst und Kommerz<br />

nicht widersprechen, davon zeugen<br />

nicht nur die horrenden Preise auf<br />

dem Kunstmarkt, sondern auch die<br />

Tatsache, dass sich manche Warenauslage<br />

mit musealer Präsentation vergleichen<br />

lässt und dass Kunstschaffende<br />

seit Beginn des 20. Jahrhunderts industriell<br />

produzierte Gegenstände in<br />

ihre Werke integrieren. Kunst verliess<br />

sogar den White Cube und ist längst<br />

nicht mehr als unschuldig zu betrachten,<br />

auch im Museum nicht, wo sich<br />

in die Ausstellungsfläche integrierte<br />

Museumsshops anbieten, die ganzen<br />

gung, führt ihn von links nach rechts,<br />

von oben nach unten und wieder zurück<br />

in die Mitte der Leinwand, so<br />

dass die stets menschenleeren Räume<br />

durch den Betrachtenden zum Leben<br />

erweckt werden. Heinz Eggers Bilder<br />

lassen ahnen, dass sich hinter der<br />

Oberfläche noch viel mehr verbergen<br />

muss. Sie trotzen der verschlossenen<br />

Oberfläche und animieren in ihrer tiefen<br />

Sinnlichkeit dazu, für eine längere<br />

Zeit zu verweilen.<br />

Bis zum 20. Mai sind zudem Papierarbeiten<br />

von Heinz Egger im Kunstmuseum<br />

Solothurn zu sehen. Ausserdem<br />

erschien im richter verlag die reich<br />

bebilderte Monografie «Gehzeiten /<br />

Strange Tidings». (sm)<br />

integriert sie sich immer wieder in<br />

die traumhaften Musterlandschaften,<br />

transzendente Nicht-Orte, deren Tiefenwirkung<br />

sich einzig aus dem Arrangement<br />

der unterschiedlichen Farben<br />

ergibt.<br />

Gemeinsam mit fünf weiteren Bieler<br />

Kulturinstitutionen beteiligt sich die<br />

Galerie gq3 ab der zweiten Monatshälfte<br />

an der Ausstellung «Transformer 2».<br />

Weibliche Fetischbilder der Zürcherin<br />

Ursula Rodel, narrative Zeichnungsfolgen<br />

von Tom de Pekin sowie das<br />

diskrete Aufeinandertreffen von Bourgeoisie<br />

und Exhibitionismus bei José<br />

Cueno umkreisen die Themen Sexualität,<br />

Körperlichkeit und überschreiten<br />

Geschlechtergrenzen. (sm)<br />

visuellen Reize, die man angesichts<br />

der Kunst empfängt – ohne diese aber<br />

berühren zu dürfen – in einen taktilen<br />

Reiz des Kaufens und Besitzens umzuwandeln.<br />

Schon seit mehr als zwanzig Jahren<br />

betreibt Loeb mäzenatisch einen<br />

off space ohne Gewinnabsichten. In<br />

der imposanten Treppenhausschnecke<br />

aus dem Jahre 1957 flaniert der Besucher<br />

derzeit an den impulsiv abstrakten<br />

Kompositionen des Berner Malers<br />

Beat E. Siegenthaler vorbei. Übrigens:<br />

Die Treppenhausgalerie befindet sich<br />

im vierten Stock «diräkt hinger em<br />

Frottée links» oder ist im Erdgeschoss<br />

im Anschluss an die Taschenabteilung<br />

rechts zugänglich. (sm)<br />

Heinz Egger<br />

Galerie Haldemann,Brunngasse<br />

14, Bern.<br />

Geöffnet Mittwoch<br />

bis Freitag<br />

14:00-18:00 h,<br />

Samstag 11:00-<br />

16:00 h. Bis 17.<br />

März.<br />

Esther-Lisette<br />

Ganz<br />

Bis 10. März.<br />

Transformer 2<br />

Vernissage:<br />

Sonntag, 18. März,<br />

16:00 h. Ausstellung:<br />

18. März - 1.<br />

April.<br />

Galerie gq3,<br />

Quellgasse 3, 2502<br />

Biel. Geöffnet Di<br />

bis Fr 14:00-18:00<br />

h, Sa 10:00-16:00<br />

h («Transformer»<br />

auch So 10:00-<br />

16:00h).<br />

Beat E. Siegenthaler,«Ungesehenes»,<br />

Loeb<br />

Bern, Treppenhausgalerie.Geöffnet<br />

während den<br />

Ladenöffnungszeiten.<br />

Bis 31.<br />

März.<br />

<strong>art</strong>ensuite 43

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