Leitfaden für den mobiLen europäischen arbeitnehmer - ETUC
Leitfaden für den mobiLen europäischen arbeitnehmer - ETUC
Leitfaden für den mobiLen europäischen arbeitnehmer - ETUC
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Koordinierungsfälle und Beispiele<br />
ad a) Der Arbeitnehmer hat nur in Mitgliedstaaten mit einem Risikosystem (Typ A) gearbeitet, die in<br />
Anhang VI der EG-VO 883/2004 aufgeführt sind: Sonderkoordinierung.<br />
> Ein Arbeitnehmer arbeitet 1 Jahr lang in Schwe<strong>den</strong> (Risikosystem, in Anhang VI aufgeführt). Er hat<br />
vorher 15 Jahre in Lettland gearbeitet (Risikosystem, auch in Anhang VI aufgeführt). Im Fall der Invalidität<br />
hat dieser Arbeitnehmer unabhängig von seiner bisherigen Versicherung nur das Recht auf die<br />
gesamte schwedische Invaliditätsrente (sog. pension unique). Er hat gemäß VO 883/2004 Art. 44(1)<br />
Anspruch auf eine schwedische Invali<strong>den</strong>rente, als ob er immer in Schwe<strong>den</strong> sozialversichert gewesen<br />
wäre.<br />
Diese Sonderkoordinierung führt dazu, dass der Arbeitnehmer Anspruch hat auf eine Invaliditätsrente<br />
(sog. pension unique).<br />
ad b) Der Arbeitnehmer hat nur in Mitgliedstaaten mit einem Risikosystem gearbeitet, die nicht in Anhang<br />
VI der EG-VO 883/2004 aufgeführt sind: pro-rata Koordinierung.<br />
> Ein Arbeitnehmer arbeitet 1 Jahr lang in Belgien (Risikosystem, nicht in Anhang VI aufgeführt). Er hat<br />
vorher 15 Jahre in <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> gearbeitet (Risikosystem, auch nicht in Anhang VI aufgeführt).<br />
Im Fall der Invalidität hat dieser Arbeitnehmer nach Artikel 52 EG-VO 883/2004 Anspruch auf eine<br />
pro-rata (15/16) niederländische Invali<strong>den</strong>rente und eine pro-rata (1/16) belgische Invali<strong>den</strong>rente<br />
oder – wenn günstiger – eine belgische Vollrente minus die niederländische pro-rata (15/16) Teilrente<br />
(Artikel 52, Absatz 3 VO 883/2004). Wenn der Arbeitnehmer keinen Anspruch hat auf eine pro-rata<br />
belgische Invali<strong>den</strong>rente, dann hat er Recht auf die pro-rata (15/16) niederländische Invali<strong>den</strong>rente,<br />
wenn er nach niederländischem Recht 100% Invalide ist.<br />
In diesem zweiten Beispiel wird unterstellt, dass in bei<strong>den</strong> Ländern die Invalidität festgestellt wird. Aber<br />
die Bemessungskriterien sind in <strong>den</strong> einzelnen Staaten oft sehr unterschiedlich. Die Entscheidung über<br />
<strong>den</strong> Invaliditätsgrad treffen die Träger des Staates, in dem sie versichert waren, und zwar nach <strong>den</strong> dort<br />
gültigen Rechtsvorschriften. Nur Belgien, Frankreich und Italien akzeptieren untereinander <strong>den</strong> festgestellten<br />
Invaliditätsgrad (Anhang VII EG-VO 883/2004).<br />
Wenn in diesem zweiten Beispiel nur in <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> die Invalidität festgestellt wird, aber nicht in<br />
Belgien, dann hat dieser Arbeitnehmer Anspruch auf die volle niederländische Invali<strong>den</strong>rente. Im umgekehrten<br />
Fall, dass nur in Belgien die Invalidität anerkannt wird und in <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> nicht, hat er nur<br />
Anspruch auf eine belgische Teilrente.<br />
ad c) Der Arbeitnehmer hat nur in Mitgliedstaaten mit einem Aufbausystem gearbeitet.<br />
> Ein Wander<strong>arbeitnehmer</strong> wohnt und arbeitet 15 Jahre in Österreich (Aufbausystem) und anschließend<br />
wohnt und arbeitet er 10 Jahre in Deutschland (Aufbausystem). Im Falle einer Invalidität hat<br />
dieser Arbeitnehmer gemäß Artikel 46 bzw. 52 VO 883/2004 Anspruch auf eine pro-rata (10/25) deutsche<br />
Invaliditätsrente (Teilrente) und eine pro-rata (15/25) österreichische Invaliditätsrente (Teilrente).<br />
Wenn nach österreichischem Recht keine Invalidität festgestellt wird, doch nach dem deutschen<br />
Recht, dann hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf eine pro-rata (15/25) österreichische Invaliditätsrente.<br />
ad d) Der Arbeitnehmer hat zunächst in einem Mitgliedstaat mit einem Aufbausystem und zuletzt in<br />
einem Mitgliedstaat mit einem Risikosystem gearbeitet.<br />
> Ein Arbeitnehmer hat 15 Jahre in Deutschland gearbeitet (Aufbausystem). Anschließend hat er 10<br />
Jahre in <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> (Risikosystem) gearbeitet. Im Falle einer Invalidität hat dieser Arbeitnehmer<br />
Anspruch auf die volle niederländische Invali<strong>den</strong>rente. Wenn nach deutschem Recht auch Inva-<br />
<strong>Leitfa<strong>den</strong></strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> mobilen <strong>europäischen</strong> Arbeitnehmer 27