Arbeit als PDF anzeigen - Mzes - Universität Mannheim
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KAPITEL 2 FRAKTIONSKOHÄSION IN PARLAMENTARISCHEN DEMOKRATIEN: DER FORSCHUNGSSTAND<br />
Interesse genuin ist oder nur instrumentell auf künftige Wahlerfolge abzielt (so klassisch Downs<br />
1957).<br />
Ein zweiter wichtiger Aspekt interner Parlamentsorganisation neben den Ressourcen der<br />
Fraktionsführungen ist die Ausgestaltung des Ausschusssystems. Starke Ausschüsse sind<br />
potentielle Rivalen der Fraktionsführung, sowohl in Bezug auf die Kontrolle von Expertise und<br />
Informationen (Krehbiel 1991) <strong>als</strong> auch in Bezug auf konkrete Gestaltungsmacht in<br />
sachpolitischen Fragen (vgl. Shepsle/Weingast 1994: 154-8). Eine wichtige und ungeklärte Frage<br />
ist allerdings, ob Ausschüsse <strong>als</strong> eigene Akteure, <strong>als</strong> Agenten des Gesamtparlaments oder gar <strong>als</strong><br />
Ansammlung von Agenten der einzelnen Fraktionen zu interpretieren sind (Maltzman 1997). Je<br />
nachdem, zu welcher Antwort man auf diese Frage kommt, fallen die Hypothesen über den<br />
Zusammenhang von Ausschussstärke und Fraktionskohäsion unterschiedlich aus. Diese Frage<br />
wird theoretisch in Kapitel 3.5 genauer betrachtet, so dass hier nur einige Hypothesen der<br />
Literatur unkommentiert wiedergegeben werden.<br />
Eine solche Hypothese erwartet einen negativen Effekt starker Ausschüsse auf die<br />
Fraktionskohäsion, da Ausschussmitglieder aufgrund ihrer Expertise potentiell andere Interessen<br />
ausbilden <strong>als</strong> die Fraktionsführung und daher unter Umständen anders abstimmen. Dies gilt<br />
insbesondere dann, wenn Abgeordnete langfristig in den gleichen Ausschüssen dienen (Rasch<br />
1999: 127-8; s. auch Sartori 1997: 227-33).<br />
Eine andere Position erwartet den genau entgegengesetzten Effekt: Ausschüsse werden hier <strong>als</strong><br />
Instrumente der <strong>Arbeit</strong>steilung unter inhaltlicher Kontrolle der Fraktionen angesehen, die es dem<br />
einzelnen Abgeordneten abnehmen, sich zu jeder Sachentscheidung eine eigene Meinung zu<br />
bilden. Stattdessen greifen Abgeordnete auf die Vorschläge der Ausschüsse – genauer wohl der<br />
Ausschussmitglieder ihrer Fraktion – zurück und orientieren sich in ihrem Abstimmungsverhalten<br />
an diesen. Demnach sollten spezialisierte Ausschüsse zu höherer oder zumindest gleich hoher<br />
Fraktionskohäsion führen (Svensson 1982: 21).<br />
Eine dritte Hypothese bezieht sich auf die Art und Weise, nach der Ausschusssitze verteilt<br />
werden. Geschieht die Zuteilung durch die Fraktionsführungen, erwartet man eine höhere<br />
Fraktionskohäsion <strong>als</strong> wenn die Sitze durch Abstimmungen des gesamten Parlamentes oder gar<br />
durch weitgehende Selbstselektion der Abgeordneten vergeben werden (Rasch 1999: 127). 12<br />
12<br />
In dieser Hypothese wird die Zuteilung von Ausschussmitgliedschaften <strong>als</strong> eine weitere Ressource aufgefasst,<br />
über die Fraktionsführungen in manchen Systemen verfügen.<br />
13