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Arbeit als PDF anzeigen - Mzes - Universität Mannheim

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KAPITEL 3 THEORETISCHE ANSÄTZE FÜR DIE ERKLÄRUNG VON FRAKTIONSKOHÄSION IN<br />

PARLAMENTARISCHEN DEMOKRATIEN<br />

dem Aufstieg der Parteien eine konkurrierende Repräsentationsidee entwickelt, nach der Parteien<br />

die eigentlichen Agenten der Wählerschaft sind und einzelne Abgeordnete lediglich <strong>als</strong> deren<br />

Delegierte fungieren (Beyme 1997; Katz 1986). In den parlamentarischen Demokratien<br />

Westeuropas hat sich dieses Verständnis mehr oder weniger durchgesetzt, so dass Parteien<br />

normalerweise den Wahlprozess beherrschen, sowohl in organisatorischer Hinsicht <strong>als</strong> auch in der<br />

Wahrnehmung der Wähler (Mitchell 2000: 335; Müller 2000: 311). Dennoch sollten direkte<br />

Bindungen zwischen individuellen Abgeordneten und ihren Wählern nicht vernachlässigt werden,<br />

zumal neuere Studien angesichts moderner Kommunikationsmöglichkeiten einen<br />

Bedeutungszuwachs dieser Bindungen erwarten (Zittel 2002: 2-3). Bereits im Zusammenhang mit<br />

der Wahl geraten Kandidaten <strong>als</strong>o in mehrere Abhängigkeitsverhältnisse, deren Anforderungen<br />

sich zumindest teilweise widersprechen können. In diesen Situationen hängt es nun vom genauen<br />

institutionellen Umfeld eines Kandidaten ab, wie er sich angesichts widersprüchlicher<br />

Forderungen der Partei und der Wähler verhält. Setzt man voraus, dass Kandidaten rationale<br />

Akteure sind, kann man erwarten, dass sie ihre Strategie je nach institutionellem Kontext so<br />

wählen, dass sie ihre dominanten Ziele möglichst vollständig und kostengünstig erreichen.<br />

Was sind nun diese Ziele? Seit David Mayhews (1974) berühmter Analyse des amerikanischen<br />

Kongresses nehmen Forscher in der rational choice Tradition an, dass die Wahl bzw. Wiederwahl<br />

das dominante Ziel von Parlamentskandidaten und Parlamentariern sei (s. auch Fiorina 1989: 101-<br />

4). 33 Neben dem Wahlerfolg können Parlamentarier durchaus weitere Ziele verfolgen, allerdings<br />

ist für deren Erreichen der Wahlerfolg unabdingbare Voraussetzung. 34 Morris Fiorina (1989: 103-<br />

4) stellt diese Bedingung sehr deutlich heraus:<br />

Even those congressmen genuinely concerned with good public policy must achieve<br />

reelection in order to continue their work. Whether narrowly self-serving or more publicly<br />

oriented, the individual congressman finds reelection to be at least a necessary condition<br />

for the achievement of his go<strong>als</strong>.<br />

Die Konzentration auf das Wiederwahlmotiv stellt zwar sicherlich eine Vereinfachung der<br />

Realität dar, hat sich aber <strong>als</strong> sinnvolle und erfolgreiche Abstraktion in der Forschung etabliert.<br />

Übertragen auf europäische Verhältnisse nennt Erik Damgaard (1995: 308-9) den Aufstieg<br />

innerhalb der Parteihierarchie <strong>als</strong> eine zweite fundamentale Motivation neben der Wiederwahl.<br />

Diese beiden Motivationen können zusammenfallen, insbesondere dann, wenn Parteien ein<br />

weitgehendes Monopol bei der Auswahl politischer Amtsträger haben, allerdings muss dies nicht<br />

der Fall sein. Ich bevorzuge daher im Folgenden die Konzentration auf das Ziel des Wahlerfolgs<br />

33 In Mayhews (1974: 13) Worten: “The discussion to come will hinge on the assumption that United States<br />

congressmen are interested in getting reelected – indeed, in their roles here as abstractions, interested in nothing<br />

else.”<br />

31

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