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Arbeit als PDF anzeigen - Mzes - Universität Mannheim

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KAPITEL 3 THEORETISCHE ANSÄTZE FÜR DIE ERKLÄRUNG VON FRAKTIONSKOHÄSION IN<br />

PARLAMENTARISCHEN DEMOKRATIEN<br />

Im Bezug auf die oben genannten Faktoren Institutionen, Stellung von Akteuren und Strukturen<br />

sowie Rationalitätsannahmen beziehe ich folgende Position: Institutionen sind für mich (großteils<br />

formale) Regeln, die das Handeln rationaler Akteure durch die Schaffung positiver wie negativer<br />

Anreize strukturieren. Normative Vorstellungen und kognitive Prägungen der Akteure werden<br />

hingegen nicht <strong>als</strong> Institutionen untersucht. 22 Im Hinblick auf Akteure argumentiere ich<br />

theoretisch im Sinne des methodischen Individualismus auf der Grundlage individueller<br />

Motivationen und individuellen Verhaltens. 23 Bei in sich homogenen Gruppen mit<br />

gleichlaufenden Interessen werden <strong>als</strong> Vereinfachung auch deren gruppenspezifische Interessen<br />

und ihr Gruppenverhalten behandelt. Institutionen haben demnach einen strukturierenden Einfluss<br />

auf individuelles Verhalten, Strukturen wird darüber hinaus aber keine eigenständige, von<br />

Akteursverhalten unabhängige Wirkung zugestanden (vgl. Dowding 1994: 109-10). Schließlich<br />

unterstelle ich grundsätzlich zweckrationales Verhalten der Akteure, wobei allerdings<br />

Informationsprobleme zu beachten sind, die teilweise rationales Verhalten erschweren, da keine<br />

vollständige Kenntnis der Entscheidungsalternativen vorliegt. Informationen sind in dieser<br />

Sichtweise eine Ressource, deren Kontrolle ein beträchtliches Machtpotential darstellt. Die<br />

Annahme rationalen Verhaltens ist vor allem aufgrund der hohen Professionalisierung von<br />

Parlamentariern und Bewerbern um Abgeordnetenmandate plausibel. Im Zuge dieser<br />

Professionalisierung dürfte zumindest unter Eliten auch die Bedeutung parteiinterner<br />

Sozialisation, wie sie noch in den Zeiten der klassischen Massenpartei dominant war,<br />

abgenommen haben (Katz/Mair 1995). Professionelle Politiker kommen dem Modell rationaler<br />

politischer Unternehmer (s. Laver 1997: Kap. 4) heute recht nahe, so dass die Annahme<br />

zweckrationalen Verhaltens cum grano salis plausibel ist. 24<br />

Ich entwerfe im Folgenden kein rein abstraktes Erklärungsmodell aufgrund generalisierter<br />

Verhaltensannahmen, wie dies beispielsweise in der klassischen Spieltheorie geschieht.<br />

Stattdessen soll versucht werden, ein generelles Modell durch realistische Annahmen über<br />

Akteursmotivationen soweit anzureichern, dass Erklärungen auf seiner Grundlage weitmöglichst<br />

realistisch erscheinen. In der Terminologie von Keith Dowding (1994: 113-5, meine<br />

Hervorhebung) handelt es sich <strong>als</strong>o um eine „explanation of token mass behavior“, nicht um eine<br />

abstrakte „explanation of type mass behavior“. Dowding (1994: 115) beschreibt diese<br />

„explanation of token mass behavior“ folgendermaßen: “This is where we use a general model to<br />

22 Dies Entscheidung kann kritisiert werden. Studien zur Fraktionskohäsion in skandinavischen Parlamenten<br />

haben gezeigt, dass sich individuelles Verhalten dort zumindest auch über normative Einstellungen der Akteure<br />

erklären lässt (Jensen 2000; Skjaeveland 2001). Dennoch erscheint mir die Verwendung eines rationalistischen<br />

Ansatzes aufgrund der Akteurscharakteristika theoretisch sinnvoll, insbesondere dann, wenn vergleichende<br />

Daten zu normativen Einstellungen von Parlamentariern nicht verfügbar sind.<br />

23 Allerdings ist eine konsequente empirische Prüfung auf der Mikroebene im Rahmen dieser <strong>Arbeit</strong> aufgrund<br />

von Datenproblemen nicht möglich, s. Kapitel 2.3.3.<br />

24 Zu den genauen Motivationen von Akteuren s. unten Kapitel 4.1.<br />

23

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