Arbeit als PDF anzeigen - Mzes - Universität Mannheim
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KAPITEL 3 THEORETISCHE ANSÄTZE FÜR DIE ERKLÄRUNG VON FRAKTIONSKOHÄSION IN<br />
PARLAMENTARISCHEN DEMOKRATIEN<br />
Vorbild fanden. Sie folgern daraus, dass die personal vote auch dort „a significant and possibly<br />
growing phenomenon“ darstelle (Cain u.a. 1987: 11).<br />
Welchen Einfluss haben nun persönliche Stimmenmaximierungsstrategien und der Aufbau einer<br />
persönlichen Unterstützungsbasis auf die Fraktionskohäsion in Parlamenten? Cain und seine<br />
Mitautoren erwarten, dass die personal vote Fraktionskohäsion untergrabe, da sie der<br />
Fraktionsführung die Möglichkeit negativer Sanktionen, zum Beispiel durch den Entzug des<br />
Parteilabels oder die Verweigerung finanzieller Wahlkampfhilfen, nehme. Sobald die personal<br />
vote eine bestimmte Bedeutung erlangt hat, könne die Fraktionsführung nur noch versuchen,<br />
positive Anreize durch interne Aufstiegschancen bei loyalem Verhalten – <strong>als</strong>o auf der Grundlage<br />
sekundärer Motivationen – zu schaffen. Diese Argumentation zielt explizit auf Fraktionsdisziplin<br />
ab, sie konzentriert sich <strong>als</strong>o auf die Möglichkeit der Führung, Folgsamkeit der<br />
Fraktionsmitglieder auch bei unterschiedlichen Präferenzen zu erzwingen. In den Worten der<br />
Autoren (Cain u.a. 1987: 14):<br />
Thus, within the institutional context of single-member simple plurality systems, the vigor<br />
of legislative discipline and ultimately the possibility of coherent legislative behavior rests<br />
on assuring that the maintenance and advancement of individual careers occur through the<br />
auspices of party.<br />
In einem kurzen Ausblick auf die Bedeutung ihres Konzepts für andere Wahlsysteme verweisen<br />
Cain, Ferejohn und Fiorina darauf, dass ein Verhältniswahlsystem für sich genommen keine<br />
Aussage über die potentielle Bedeutung personalisierter Stimmenmaximierungsstrategien zulasse.<br />
Dazu sei es nötig, die genaue Ausgestaltung des Wahlsystems auf Anreize für diese Strategie hin<br />
zu untersuchen. Solche Anreize existieren nach ihrer Aussage in Präferenzstimmensystemen wie<br />
STV, aber auch in Listenwahlsystemen, in denen die Abgabe von Präferenzstimmen innerhalb<br />
einer Liste oder gar Panaschieren zwischen verschiedenen Listen möglich ist (Cain u.a. 1987:<br />
221-4). 36 Für die Ausbildung einer personal vote können <strong>als</strong>o sowohl Charakteristika der Input-<br />
<strong>als</strong> auch der Outputdimension von Wahlsystemen bedeutsam sein. 37<br />
Autoren, die sich vorwiegend mit Wahlsystemen und den durch sie geschaffenen Anreizstrukturen<br />
beschäftigen, haben eine Reihe von Klassifikationen nach den Anreizen für individuelle<br />
Stimmenmaximierungsstrategien vorgeschlagen. Im Folgenden werden drei solche Versuche kurz<br />
vorgestellt.<br />
36<br />
Die Bedeutung der personal vote kann neben einer Erklärung unterschiedlich starker Fraktionsdisziplin auch<br />
zur Erklärung interner Organisationsunterschiede von Parlamenten genutzt werden, insbesondere in Bezug auf<br />
die Dezentralisierung von Entscheidungsmacht in einflussreichen Ausschusssystemen (Cain u.a. 1987: 225-9).<br />
37<br />
Gerade gemischte Wahlsysteme können je nach ihrer genauen Ausgestaltung Wählern wie Parteien große<br />
Spielräume für strategisches Verhalten bieten. Daher eignen sich solche Systeme auch gut <strong>als</strong><br />
Untersuchungsobjekte in Bezug auf Anreize für die Herausbildung einer personal vote, s. Kaiser 2002a: 1561-4.<br />
33