Arbeit als PDF anzeigen - Mzes - Universität Mannheim
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KAPITEL 3 THEORETISCHE ANSÄTZE FÜR DIE ERKLÄRUNG VON FRAKTIONSKOHÄSION IN<br />
PARLAMENTARISCHEN DEMOKRATIEN<br />
sind (Krehbiel 1991: 15-9). Entsprechend unterscheiden sich Ausschussmitglieder nach dieser<br />
Theorie in ihren Präferenzen nicht systematisch vom Gesamtparlament, wohl aber verfügen sie<br />
häufig aufgrund ihrer beruflichen Vorbildung über besondere Kenntnisse in den<br />
Zuständigkeitsbereichen ihrer Ausschüsse. Eine besondere Rolle kommt dabei dem medianen<br />
Abgeordneten zu 58 , da Fraktionen in Krehbiels Theorie keinen unabhängigen Einfluss jenseits der<br />
Präferenzen ihrer Mitglieder ausüben (vgl. Krehbiel 2000). Krehbiel (1991: 256) charakterisiert<br />
den Einfluss von Ausschüssen folgendermaßen:<br />
Successful committee members influence others not by wielding formal authority or by<br />
engaging in command-and-control tactics. Rather, they persuade. More specifically,<br />
committees earn the compliance of their parent chambers by convincing the chamber that<br />
what the committee wants is in the chamber’s interest. In this respect, committee power is<br />
not only inherently informational but <strong>als</strong>o inherently majoritarian.<br />
Als drittes ist eine parteidominierte Schule zu nennen, die besonders durch die oben diskutierten<br />
<strong>Arbeit</strong>en von Cox und McCubbins (1993) sowie von Kiewiet und McCubbins (1991) geprägt<br />
worden ist. Demnach sind Parteien, oder nach europäischer Diktion Fraktionen, die wichtigsten<br />
organisatorischen Einheiten im Kongress und bestimmen auch weitgehend die Tätigkeit der<br />
Ausschüsse. Ausschussmitglieder sind demnach Agenten ihrer jeweiligen Fraktionen und werden<br />
von diesen wegen ihrer Loyalität und möglicherweise ihrer spezialisierten Kenntnisse ausgewählt.<br />
Entsprechend der Mehrheitsregel werden die Ausschüsse von der Mehrheitsfraktion dominiert,<br />
die ihren Standpunkt, operationalisiert <strong>als</strong> die Position des Parteimedians, durchzusetzen<br />
versucht. 59<br />
Trotz ihrer unterschiedlichen Stoßrichtungen schließen sich diese drei Theorien keineswegs<br />
gegenseitig aus, ihre Anwendbarkeit hängt aber von Kontextbedingungen ab. So lässt sich<br />
beispielsweise zeigen, dass sich die Tauschperspektive in relativ spezialisierten Ausschüssen,<br />
denen in der Öffentlichkeit für gewöhnlich wenig Beachtung geschenkt wird, eher bewährt <strong>als</strong> in<br />
allgemeineren, hoch politisierten Ausschüssen (Maltzman 1997: 32-6). Ebenso variiert die<br />
Fähigkeit der Parteien, Ausschüsse in ihrem Sinne zu dominieren, über Zeit (Maltzman 1997: 36-<br />
8). Schließlich beeinflussen institutionelle Detailregelungen, beispielsweise über die<br />
Abänderbarkeit von Gesetzen im Plenum, die Möglichkeiten von Ausschüssen, eine vom Plenum<br />
relativ unabhängige Politik im Sinne der Tauschperspektive zu verfolgen (Maltzman 1997: 38-9;<br />
Shepsle 1986: 59-63). Die grundlegende Bedeutung von Informationen und Expertise schließlich<br />
muss auch von den anderen theoretischen Ansätzen keineswegs geleugnet werden, zumal sie auch<br />
58<br />
Krehbiel geht von nur einer relevanten Politikdimension aus, so dass sich das Problem der Instabilität sozialer<br />
Entscheidungen, auf dessen Lösung die erstgenannte Schule unter anderem abzielte, nicht stellt (s. Krehbiel<br />
1991: 260-1).<br />
59<br />
Shepsle und Weingast (1994: 170-2) kritisieren diese Operationalisierung und weisen darauf hin, dass es<br />
durchaus unklar ist, wie eine Partei zu ihrer Position kommt, insbesondere in einem mehrdimensionalen Kontext.<br />
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