Arbeit als PDF anzeigen - Mzes - Universität Mannheim
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KAPITEL 3 THEORETISCHE ANSÄTZE FÜR DIE ERKLÄRUNG VON FRAKTIONSKOHÄSION IN<br />
PARLAMENTARISCHEN DEMOKRATIEN<br />
fundamentale Natur der Partei: Ist diese <strong>als</strong> soziale Institution quasi ein Wesen für sich oder nur<br />
ein Interaktionsmuster eigeninteressierter Individuen? Ich neige für meine Fragestellung der<br />
rationalistischen Sichtweise zu, die sich zumindest in Bezug auf die Rolle von Parteien in<br />
Parlamenten stark etabliert hat. 51 In diesem Sinne definiert Richard Katz (1986: 38) Parteien <strong>als</strong><br />
„an organization of, or structured pattern of interaction among, individu<strong>als</strong> in pursuit of their own<br />
go<strong>als</strong>. Rather than being an independent actor, party is an instrument or conduit or basis of<br />
influence used by individu<strong>als</strong>.” Dieser Ansatz deutet auch darauf hin, dass Politiker keineswegs<br />
automatisch Parteien <strong>als</strong> Interaktionsrahmen wählen müssen, sondern dies nur tun, wenn Parteien<br />
den besten Weg zur Erreichung ihrer individuellen Ziele darstellen. John Aldrich (1995: 24)<br />
macht diesen Punkt deutlich, wenn er schreibt:<br />
[P]oliticians turn to their political party – that is, use its powers, resources, and institutional<br />
forms – when they believe doing so increases their prospects for winning desired outcomes,<br />
and they turn from it if it does not.<br />
Meine Fragestellung legt nahe, mich auf bestimmte Teile von Parteien zu konzentrieren. In der<br />
Terminologie Aldrich (1995: 19-21) beschränke ich mich auf Amtsinhaber oder Kandidaten für<br />
die Besetzung öffentlicher Ämter (office-seekers) und vernachlässige Parteiaktivisten (benefit-<br />
seekers) und einfache Parteimitglieder weitgehend. 52<br />
Fundamental wird vor allem in der amerikanischen Literatur die Frage gestellt, warum rationale<br />
Individuen überhaupt Parteien aufbauen und zur Verfolgung ihrer individuellen Ziele nutzen<br />
sollten (Aldrich 1995; Cox/McCubbins 1993). Auch wenn im europäischen Kontext kaum<br />
Zweifel am Nutzen von Parteien für individuelle Politiker bestehen, sollen die Vorteile von<br />
Parteien für rationale politische Unternehmer kurz erwähnt werden. So verringern Parteien nach<br />
Aldrich (1995: 28-48) erstens die Kosten kollektiven Entscheidens im Parlament, indem sie<br />
dauerhafte Koalitionen bereitstellen und so die mit ständiger Koalitionsbildung verbundenen<br />
Transaktionskosten vermindern, lösen zweitens im Sinne strukturinduzierter Gleichgewichte<br />
(structure induced equilibria, Shepsle 1979) das Problem der Instabilität sozialer Entscheidungen<br />
und erleichtern drittens individuellen Kandidaten den Wahlkampf und die Mobilisierung von<br />
Anhängern, indem sie eine weitgehend bekannte Reputation und ein generelles policy-Profil zur<br />
Verfügung stellen (vgl. Cox/McCubbins 1993). 53 Manche dieser Aufgaben können zwar auch<br />
durch andere institutionelle Arrangements übernommen werden, man denke nur an die<br />
51<br />
Damit soll nicht ausgeschlossen werden, dass eine eher soziologische Perspektive für andere Fragestellungen<br />
besser geeignet sein kann, zum Beispiel in Bezug auf lokale Parteiaktivitäten oder Einstellungen und Verhalten<br />
der Parteibasis.<br />
52<br />
Die beiden letztgenannten Gruppen haben eine gewisse Relevanz im Zusammenhang mit Bemühungen zur<br />
Demokratisierung der Kandidatennominierung und den damit verbundenen Konsequenzen für die Stärkung der<br />
personal vote; s. Kapitel 3.3.<br />
53<br />
Gerade in Systemen, in denen die Parteizugehörigkeit die wichtigste Wahlkampfressource darstellt, ist ein<br />
gemeinsames Auftreten nach außen zentral für den Wahlerfolg (Katz 1986: 40; Laver 1997: 85-8).<br />
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