Arbeit als PDF anzeigen - Mzes - Universität Mannheim
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KAPITEL 4 EIN DREISTUFIGES MODELL DER ERKLÄRUNG VON FRAKTIONSKOHÄSION<br />
Kapitel 4 Ein dreistufiges Modell der Erklärung von Fraktionskohäsion<br />
Nachdem in Kapitel 2 Hypothesen der Forschung zur Fraktionskohäsion in parlamentarischen<br />
Demokratien betrachtet und in Kapitel 3 Ansätze zur theoretischen Betrachtung des Phänomens<br />
mittels des neoinstitutionalistischen Paradigmas und insbesondere der Principal-Agent-Theorie<br />
aufgezeigt wurden, werden beide Perspektiven in diesem Kapitel vereinigt. Ich bezeichne das<br />
Ergebnis dieser Bemühungen <strong>als</strong> ‚Modell’, auch wenn es nicht formalisiert wird. Dennoch erfüllt<br />
es meines Erachtens die Forderung nach einer „gedanklich konstruierte[n], für einen bestimmten<br />
Zweck entworfene[n], bewusst vereinfachende[n] Nachbildung grundlegender Merkmale eines<br />
Sachverhalts oder Vorgangs“ (Nohlen/Schmidt 1998). 65 Dieses Modell umfasst drei Stufen, die<br />
sich im Hinblick auf ihre Untersuchungsebene und die jeweils analysierten Beziehungen<br />
unterscheiden. Dabei wird auf die theoretischen Ansätze des dritten Kapitels zurückgegriffen. Aus<br />
dem Modell werden einzelne Hypothesen zu Determinanten von Fraktionskohäsion abgeleitet, die<br />
im folgenden empirischen Teil überprüft werden.<br />
4.1 Annahmen über Akteure und Motivationen<br />
Bevor ich mich dem Erklärungsmodell für Fraktionskohäsion zuwende, muss geklärt werden, wer<br />
in diesem Modell <strong>als</strong> Akteur betrachtet wird, und welche Motivationen für diese Akteure<br />
angenommen werden.<br />
Akteure in der folgenden Erklärung sind vornehmlich Parlamentarier. Diese werden unterschieden<br />
in die Fraktionsführung einerseits und sonstige Parlamentarier andererseits, wobei die zweite<br />
Gruppe kurz <strong>als</strong> Hinterbänkler bezeichnet wird. 66 Daneben treten teilweise Regierungsmitglieder<br />
und Führer der außerparlamentarischen Parteien auf, die zusätzlich ein Parlamentsmandat haben<br />
können (und empirisch gesehen häufig haben) aber nicht zwingend haben müssen (und teilweise<br />
aufgrund von Inkompatibilitätsbestimmungen nicht einmal haben dürfen). Diese Spitzenpolitiker<br />
werden in dieser <strong>Arbeit</strong> der Fraktionsführung zugeordnet, selbst wenn sie dieser nicht offiziell<br />
angehören. Bei Regierungsmitgliedern orientiert sich diese Zuordnung am Modell der britischen<br />
front bench, aber auch über das britische System hinaus kann trotz möglicher<br />
Interessendifferenzen zwischen Regierung und Fraktionsführung davon ausgegangen werden,<br />
dass Regierungsmitglieder tendenziell eher dieser Gruppe <strong>als</strong> der Gruppe der Hinterbänkler<br />
zuzuordnen sind. Der Einschluss außerparlamentarischer Parteiführer in die Fraktionsführung ist<br />
65 Ähnlich auch Keith Dowdings (2002: 91) Definition eines Modells: „What is a model? It is a representation of<br />
something else in the world (think of a toy car). Models in the social sciences are simplified representations of<br />
social processes and institutions. They are not usually thought of as being ‘true’ or ‘f<strong>als</strong>e’ but rather less or more<br />
useful in helping us understand the world.”<br />
66 Grundlegend zur Unterscheidung von Fraktionsführung (front bench) und Hinterbänklern (back benchers)<br />
siehe King 1976 und Rose 1986: 13-5.<br />
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