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Repetitorium aus Zivilverfahrensrecht

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- Prozessb<strong>aus</strong>teine<br />

- Prozessgrundsätze<br />

- Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Streitgegenstand<br />

- Klage<br />

- Prozesshandlungen<br />

- Verfahren erster Instanz<br />

- Beweisrecht<br />

<strong>Repetitorium</strong> <strong>aus</strong><br />

<strong>Zivilverfahrensrecht</strong><br />

SS 2012<br />

Mag. Andrea Wall<br />

Aufbau<br />

Tagsatzungen<br />

Tagsatzungen sind Zeiträume zu gemeinschaftlichem Handeln des Gerichts mit den<br />

Parteien oder dritten Personen<br />

allgemeine Regelungen in §§ 130 bis 143 ZPO; spezielle Regelungen für die mündliche<br />

Streitverhandlung in §§ 171 ff ZPO<br />

mündliche Streitverhandlung: mündliche Verhandlung, bei der die Parteien mit dem<br />

Gericht über die Sache verhandeln<br />

Gericht legt Zeit und Ort fest und stellt Ladungen zu<br />

Erstreckungsmöglichkeit wegen Urlaubs (§ 222 Abs 3 ZPO neu)<br />

- im Zeitraum 15.7. bis 17.8. und 24.12. bis 6.1.<br />

- bei rechtzeitiger Bekanntgabe des Urlaubs<br />

Gerichtstage: Tagsatzungen außerhalb des Gerichtssitzes (zB in ASG-Prozessen bei<br />

verschiedenen BG)<br />

2<br />

3<br />

1


1. Unterbrechung<br />

Stillstand des Verfahrens<br />

vollständiger Stillstand des Verfahrens (insb Fristenlauf)<br />

Unterbrechung kraft Gesetzes<br />

- ex lege<br />

- deklarativer Beschluss kann gefasst werden<br />

- zB Tod einer unvertretenen Partei, Insolvenzeröffnung<br />

Unterbrechung kraft Beschlusses („Aussetzung“)<br />

- Gericht hat die Möglichkeit, das Verfahren zu unterbrechen<br />

zB Abwarten einer präjudiziellen Entscheidung eines anderen Gerichts<br />

- Gesetz sieht Unterbrechung zwingend vor, Richter muss aber Beschluss fassen<br />

zB Antrag auf einvernehmliche Scheidung während streitiger Scheidung<br />

Aufnahme auf Antrag oder von Amts wegen<br />

2. Ruhen<br />

Stillstand des Verfahrens<br />

weitgehender Stillstand des Verfahrens (insb Notfristen laufen weiter)<br />

Vereinbartes Ruhen<br />

- durch Mitteilung der Parteien an das Gericht<br />

- für von den Parteien festgelegte Dauer, mind drei Monate<br />

- Vereinbarung „ewigen Ruhens“ str<br />

Säumnisruhen<br />

- besondere Säumnisfolge, wenn beide Parteien nicht zur Tagsatzung erscheinen<br />

- für mind drei Monate<br />

- gewisse Handlungen bleiben möglich (zB Beweisaufnahme vor ersuchtem Richter,<br />

Tagsatzung über Wiedereinsetzungsantrag)<br />

Aufnahme nur auf Antrag<br />

3. Wirkungen<br />

Unterbrechung (§ 163 ZPO)<br />

Fristen werden unterbrochen<br />

Ladungen sind wirkungslos<br />

Parteihandlungen sind unzulässig<br />

Gerichthandlungen sind unzulässig und<br />

bei Vornahme nichtig<br />

Urteilsfällung, Gerichtshandlungen<br />

zur Umsetzung der Unterbrechungswirkungen<br />

sind zulässig<br />

Stillstand des Verfahrens<br />

Ruhen (§ 168 ZPO)<br />

Fristen werden grundsätzlich<br />

unterbrochen, Notfristen laufen weiter<br />

Ladungen sind wirkungslos<br />

Parteihandlungen sind grundsätzlich<br />

unzulässig, <strong>aus</strong>genommen Dispositionshandlungen<br />

zur Verfahrensbeendigung<br />

Gerichthandlungen sind unzulässig und<br />

bei Vornahme nichtig<br />

(Ausnahmen wie bei Unterbrechung)<br />

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6<br />

2


Protokolle<br />

Verhandlungsprotokolle sind Beurkundungen des Gerichts über seine Handlungen bzw<br />

ihm gegenüber abgegebene Erklärungen<br />

§§ 207 bis 217 ZPO<br />

bestehen <strong>aus</strong> Kopf und relevanten Erklärungen (Vorbringen der Parteien etc)<br />

Flickprotokoll: Verweis auf Schriftsätze<br />

Abschnittsprotokoll: Verhandlung in Abschnitten, Vorbringen wird anschließend<br />

protokolliert<br />

idR mit elektronischen Aufzeichnungsgeräten<br />

Beweiskraft des Verhandlungsprotokolls (§ 215 ZPO): öffentliche Urkunde, die vollen<br />

Beweis über Verlauf und Inhalt einer Verhandlung liefert<br />

- Widerspruch nimmt Protokoll diese Beweiskraft<br />

- Möglichkeit des Beweises des Gegenteils (str)<br />

Prozessgrundsätze<br />

= Leitideen bei der Gestaltung des Prozesses durch den Gesetzgeber<br />

nicht <strong>aus</strong>drücklich normiert<br />

zT verfassungsrechtlich garantiert<br />

Grundsätze der „Arbeitsgemeinschaft Zivilprozess“<br />

- Dispositionsgrundsatz<br />

- abgeschwächter Untersuchungs- / Kooperations- / Verhandlungsgrundsatz<br />

- Amtsbetrieb<br />

Prozessgrundsätze des „fair trial“<br />

- Mündlichkeit<br />

- Unmittelbarkeit<br />

- Öffentlichkeit<br />

- Verfahrenskonzentration<br />

- beiderseitiges rechtliches Gehör<br />

Prozessgrundsätze<br />

1. Dispositionsgrundsatz<br />

Parteien setzen den Prozess in Gang und legen seinen Inhalt fest<br />

Gegenteil Offizialgrundsatz: Gericht eröffnet Verfahren amtswegig<br />

im streitigen Verfahren reiner Dispositionsgrundsatz, im Außerstreitverfahren auch<br />

Offizialgrundsatz<br />

Ausgestaltung im streitigen Verfahren<br />

Kläger eröffnet das Verfahren, legt Gericht, Parteien und Streitgegenstand fest<br />

§ 405 ZPO: Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was diese nicht<br />

beantragt hat<br />

- Urteil ohne Klage Nichturteil<br />

- mehr oder etwas anderes als das Geforderte wird zugesprochen<br />

Rsp: Verfahrensmangel, hL: Nichtigkeit<br />

Kläger und Beklagter können Dispositionshandlungen vornehmen<br />

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8<br />

9<br />

3


Prozessgrundsätze<br />

2. Abgeschwächter Untersuchungs- / Kooperationsgrundsatz<br />

Untersuchungsgrundsatz: Ermittlung der entscheidungsrelevanten Umstände auch<br />

amtswegig durch das Gericht<br />

vs Verhandlungsgrundsatz: Behauptungen und Beweise kommen nur von den Parteien,<br />

Parteien grenzen die Nachforschungen des Gerichts ein<br />

Mischsystem der ZPO => Abgeschwächter Untersuchungs- od Kooperationsgrundsatz<br />

Ausgestaltung im streitigen Verfahren<br />

Parteienvorbringen<br />

- Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht<br />

diskretionäre Gewalt des Richters<br />

amtswegige Beweisaufnahme<br />

- Grenze: Ausforschungsbeweis<br />

- Einschränkungen der richterlichen Ermittlungstätigkeit durch Säumnis<br />

(Versäumungsurteil), zugestandene Tatsachen, beim Zeugen- und Urkundenbeweis<br />

Prozessgrundsätze<br />

3. Amtsbetrieb<br />

Zuständigkeit für den „formalen“ Verfahrensablauf liegt beim Gericht<br />

Gegenteil Parteibetrieb<br />

Ausgestaltung im streitigen Verfahren<br />

amtswegige Verfahrensdurchführung<br />

- (idR) Zustellung von Schriftsätzen (§ 87 Abs 1 ZPO)<br />

- Anberaumung von Tagsatzungen<br />

- Ladungen (zB der Zeugen)<br />

Prozessförderungspflicht der Parteien<br />

4. Mündlichkeit<br />

Prozessgrundsätze<br />

Kombination zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Zivilprozess<br />

Mündlichkeit der Verhandlung verfassungsrechtlich verankert (Art 90 B-VG)<br />

Ausgestaltung im streitigen Verfahren<br />

Prozesseingangsphase schriftlich: (idR) Klage, jedenfalls Klagebeantwortung<br />

Verhandlung erster Instanz mündlich<br />

Entscheidungsverkündung<br />

- Urteil: gesetzlich ist mündliche Verkündung als Regelfall vorgesehen (in der Praxis:<br />

vorbehaltenes Urteil)<br />

- Beschluss: mündlich oder schriftlich<br />

Rechtsmittelverfahren<br />

- uU mündliche Berufungsverhandlung<br />

- Revisions- und Rekursverfahren sind (fast immer) schriftlich<br />

Verstoß ist sonstiger Verfahrensmangel; bei gleichzeitigem Verstoß gg das rechtliche<br />

Gehör Nichtigkeitsgrund<br />

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4


Prozessgrundsätze<br />

5. Unmittelbarkeit<br />

Verhandlung erfolgt vor dem Richter, der die Entscheidung fällt<br />

Vorteil: persönlicher Eindruck, insb von der Beweisaufnahme<br />

Ausgestaltung im streitigen Verfahren<br />

persönliche Unmittelbarkeit<br />

- Urteil wird von dem Richter gefällt, der an der Verhandlung teilgenommen hat<br />

- Verstoß ist Nichtigkeitsgrund (§ 477 Abs 1 Z 2 ZPO)<br />

sachliche Unmittelbarkeit<br />

- Beweise sind vom verhandelnden Richter aufzunehmen<br />

- Ausnahmen: Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe, Beweissicherung, mittelbare<br />

Verwertung von Beweisen (§ 281a ZPO)<br />

- Verstoß ist Verfahrensmangel; bei gleichzeitiger Verletzung des rechtl Gehörs<br />

Nichtigkeitsgrund<br />

zeitliche Unmittelbarkeit<br />

- Entscheidung soll rasch nach Ende der Sachverhaltsermittlungen gefällt werden<br />

- Urteil: 4 Wochen nach Ende der Streitverhandlung<br />

Prozessgrundsätze<br />

6. Öffentlichkeit<br />

Volksöffentlichkeit: die Allgemeinheit darf teilnehmen<br />

Parteiöffentlichkeit: nur die Parteien dürfen teilnehmen<br />

Ausgestaltung im streitigen Verfahren<br />

Verhandlung und Urteilsverkündung sind volksöffentlich<br />

Teilnahme nach Maßgabe des Platzes<br />

Möglichkeit zum Ausschluss der Öffentlichkeit<br />

- von Amts wegen bei Gefährdung der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung, bei<br />

Störung der Verhandlung<br />

- auf Parteienantrag bei Erörterung von Tatsachen der Familienlebens,<br />

Geschäftsgeheimnissen, Tatsachen, die dem Amtsgeheimnis unterliegen<br />

- ungerechtfertigter Ausschluss ist Nichtigkeitsgrund (§ 477 Abs 1 Z 7 ZPO)<br />

auch wenn Volksöffentlichkeit <strong>aus</strong>geschlossen ist, besteht Parteiöffentlichkeit<br />

- Ausnahmen: abgesonderte Vernehmung (§§ 289a f ZPO), geheime Prozessabschnitte<br />

- Verstoß ist Nichtigkeitsgrund (§ 477 Abs 1 Z 7 ZPO)<br />

Prozessgrundsätze<br />

7. Konzentrationsgrundsatz<br />

Verfahren sollen rasch und effizient ablaufen<br />

Art 6 EMRK: Entscheidung „innerhalb angemessener Frist“<br />

Ausgestaltung im streitigen Verfahren<br />

Erste Instanz ist Tatsacheninstanz Neuerungsverbot<br />

Schriftliche Eingangsphase: rasche Zahlungsbefehle im Mahnverfahren,<br />

Versäumungsurteile<br />

Amtsbetrieb und materielle Prozessleitung<br />

Sanktionen bei Verfahrensverschleppung durch die Parteien:<br />

- Präklusion aufgrund grob schuldhaft verspäteten Vorbringens (§ 179 ZPO)<br />

- Kostenseparation, Kostenstrafe<br />

Fristen<br />

Fristsetzungsantrag bei Säumigkeit des Gerichts (§ 91 GOG)<br />

- Antrag an das Rechtsmittelgericht<br />

- bei Unterinstanz einzubringen Gericht kann Handlung innerhalb von 4 Wochen<br />

durchführen, dann gilt Antrag als zurückgezogen<br />

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5


Prozessgrundsätze<br />

8. Rechtliches Gehör<br />

Art 6 EMRK: jeder in seinen Rechten Betroffene muss die Möglichkeit haben, vor Gericht<br />

gehört zu werden<br />

Rechtsmittelverfahren ist nicht zwingend vorgesehen, muss aber Art 6 EMRK entsprechen<br />

Ausgestaltung im streitigen Verfahren<br />

Gehörgewährung kann mündlich oder schriftlich, vor oder nach Entscheidung erfolgen<br />

(zB Einspruch gegen den Zahlungsbefehl)<br />

Verletzung des rechtlichen Gehörs bewirkt Nichtigkeit<br />

- wurde Partei Möglichkeit zu verhandeln (teils) entzogen § 477 Abs 1 Z 4 ZPO<br />

- konnte sich Partei überhaupt nicht am Verfahren beteiligen § 477 Abs 1 Z 5 ZPO und<br />

Nichtigkeitsklage nach Rechtskraft (§ 529 Abs 1 Z 2 ZPO)<br />

Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

1. Grundlagen<br />

Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen sind Vor<strong>aus</strong>setzungen für die Entscheidung in der Sache<br />

allgemeine und besondere Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- allgemeine: müssen in jedem Prozess vorliegen<br />

zB Zuständigkeit<br />

- besondere: notwendig für bestimmte Verfahren oder Verfahrensabschnitte<br />

zB Rechtsmittelvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

positive und negative Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- positive: müssen vorliegen<br />

zB Zuständigkeit<br />

- negative: dürfen nicht vorliegen „Prozesshindernisse“<br />

zB Streitanhängigkeit<br />

absolute und relative Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- absolute: in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen<br />

zB Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs<br />

- relative: nur bis zu einem vor Rechtskraft der Entscheidung liegenden Zeitpunkt<br />

wahrzunehmen; häufig nur über rechtzeitige Einrede des Beklagten<br />

zB Zuständigkeit<br />

Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

2. Einteilung in Gruppen<br />

das Gericht betreffende Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Zulässigkeit des Rechtswegs<br />

- inländische Gerichtsbarkeit<br />

- Zulässigkeit des (außer)streitigen Rechtswegs<br />

- sachliche, örtliche und internationale Zuständigkeit<br />

die Parteien betreffende Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Parteifähigkeit<br />

- Prozessfähigkeit (bzw Vertretung durch den gesetzlichen Vertreter, ggfs Ermächtigung<br />

zur Prozessführung)<br />

- Vollmacht des gewillkürten Vertreters<br />

die Sache betreffende Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Rechtskraft<br />

- Streitanhängigkeit<br />

- Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht<br />

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6


3. Prüfung und Mängel<br />

Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

Amtswegige Prüfung<br />

- bei Klagseinbringung („in limine litis“) oder später, sofern noch keine Heilung erfolgt ist<br />

- Untersuchungsgrundsatz<br />

- keine bestimmte Prüfungsreihenfolge<br />

Prüfung auf Antrag<br />

- Einrede in Klagebeantwortung, Einspruch oder mündlicher Verhandlung, sofern noch<br />

keine Heilung eingetreten ist<br />

- über Einrede ist mündlich zu verhandeln<br />

Entscheidung mit Beschluss<br />

- Klagszurückweisung oder<br />

- Abweisung des Zurückweisungsantrags<br />

- als selbständiger Beschluss gesondert anfechtbar<br />

Streitgegenstand<br />

Grundlagen<br />

Streitgegenstand legt den sachlichen Umfang des Prozesses fest<br />

(Dispositionsgrundsatz)<br />

relevant für Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen (Zulässigkeit des Rechtswegs, Zuständigkeit)<br />

relevant für Klagsänderung, Streitanhängigkeit, Rechtskraft<br />

hM: prozessualer Streitgegenstandsbegriff<br />

- Behauptung des Klägers, einen bestimmten Anspruch zu haben<br />

- zu trennen vom materiellrechtlichen Anspruch<br />

Gesetz definiert die Kriterien des Streitgegenstands nicht eindeutig <br />

Streitgegenstandstheorien in Rsp und Lehre zu den Kriterien<br />

1. Zweigliedriger Streitgegenstand<br />

Streitgegenstandstheorien<br />

hL und Rsp in Österreich<br />

Streitgegenstand = Klagebegehren und zugrunde liegende Tatsachen<br />

Theorie vom rechtserzeugenden Sachverhalt (Rsp)<br />

- zum Streitgegenstand gehören alle Tatsachen, die zusammen den Tatbestand erfüllen<br />

- enger Streitgegenstandsbegriff<br />

Theorie vom Lebenssachverhalt<br />

- zum Streitgegenstand gehören alle Tatsachen, die auf das Begehren hin<strong>aus</strong>laufen und<br />

bei „natürlicher Betrachtung“ einen Lebenssachverhalt bilden<br />

- Abgrenzung schwierig<br />

Bsp: Mangel einer Speziesschuld: Wandlung nach Gewährleistung oder Rücktritt wegen<br />

Irrtums möglich<br />

- Theorie vom rechtserzeugenden Sachverhalt: zwei Streitgegenstände<br />

- Theorie vom Lebenssachverhalt: ein Streitgegenstand<br />

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Streitgegenstandstheorien<br />

2. Eingliedriger Streitgegenstand<br />

Streitgegenstand = Klagebegehren<br />

bei Zahlungsklagen muss das Begehren anhand des Sachvorbringens individualisiert<br />

werden<br />

sehr weiter Streitgegenstandsbegriff<br />

3. Dreigliedriger Streitgegenstand<br />

Streitgegenstand = Klagebegehren und zugrunde liegende Tatsachen und rechtliche<br />

Qualifikation durch den Kläger<br />

sehr enger Streitgegenstandsbegriff<br />

4. Streitgegenstand nach Böhm<br />

Streitgegenstand = Klagebegehren und zugrunde liegende Tatsachen und<br />

Rechtschutzziel<br />

Rechtsschutzziel: das vom Kläger angestrebte Urteil im Umfang seiner typischen<br />

Wirkungen<br />

zwischen dem eingliedrigen und dem zweigliedrigen Streitgegenstand<br />

Streitgegenstandstheorien<br />

5. Autonomer Streitgegenstandsbegriff des EuGH<br />

für internationale Streitanhängigkeit (Art 27 EuGVVO)<br />

Kernpunkttheorie: Kernpunkt Wirksamkeit eines Vertrags oder Bestehen einer Haftung<br />

zB Klage auf Leistung <strong>aus</strong> Vertrag und Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines<br />

Vertrags haben denselben Streitgegenstand<br />

Klagenkonkurrenz<br />

= mehrere Rechtsschutzbegehren, die auf dieselbe Leistung, Feststellung oder<br />

Rechtsgestaltung gerichtet sind<br />

1. Anspruchsgrundlagenkonkurrenz<br />

<strong>aus</strong> einem Sachverhalt lässt sich aufgrund mehrerer Tatbestände ein Begehren<br />

ableiten (Bsp: Schadenersatz bei Taxiunfall – Vertrag, Delikt, EKHG)<br />

hM: ein Streitgegenstand (anders: dreigliedriger Streitgegenstandsbegriff)<br />

2. Anspruchskonkurrenz (Realkonkurrenz)<br />

<strong>aus</strong> mehreren Sachverhalten lassen sich mehrere Ansprüche mit demselben Ziel<br />

ableiten (Bsp: Her<strong>aus</strong>gabeanspruch <strong>aus</strong> Vertrag und aufgrund Eigentums)<br />

zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff: zwei Streitgegenstände<br />

eingliedriger Streitgegenstandsbegriff und Streitgegenstand nach Böhm: ein<br />

Streitgegenstand<br />

3. Idealkonkurrenz<br />

<strong>aus</strong> einem Sachverhalt ergeben sich Ansprüche, die auf dasselbe Ziel gerichtet sind,<br />

deren Anspruchsgrundlagen sich aber gegenseitig <strong>aus</strong>schließen (Bsp: Wert<br />

einer Sache <strong>aus</strong> Vertrag oder ungerechtfertigter Bereicherung)<br />

zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff nach Theorie vom rechtserzeugenden<br />

Sachverhalt: zwei Streitgegenstände<br />

alle anderen Theorien: ein Streitgegenstand<br />

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1. Kopf der Klage<br />

allgemeine Angaben<br />

Die Klage: Form und Inhalt<br />

2. Klagserzählung (§ 226 Abs 1 ZPO)<br />

Tatsachen, auf die sich der Anspruch stützt<br />

- kurz und vollständig (Substantiierungstheorie)<br />

- völliges Fehlen Verbesserung, sonst Klagszurückweisung<br />

- Unschlüssigkeit str, ob Verbesserung, zusätzliches Vorbringen in der Verhandlung<br />

Beweismittel<br />

3. Klagebegehren (§ 226 Abs 1 ZPO)<br />

vom Kläger beantragter Urteilsspruch<br />

Haupt- und Nebenbegehren (Zinsen, Kosten)<br />

Bestimmtheitserfordernis<br />

- Stufenklage: Manifestationsanspruch und Leistungsanspruch<br />

- Sozialrechtssachen: Leistungen „im gesetzlichen Ausmaß“<br />

völliges Fehlen oder unbestimmtes Begehren Verbesserung, sonst Klagszurückweisung<br />

Unrichtigkeit des Begehrens str, ob Verbesserung, Klagsabweisung<br />

1. Leistungsklagen<br />

Arten von Klagen<br />

gerichtet auf bestimmtes Verhalten des Beklagten Exekutionstitel<br />

Leistungsklagen ieS<br />

- Verurteilung zu aktivem Tun, häufig Geldzahlung<br />

- Fälligkeit: Anspruch muss bei Schluss der mündlichen Verhandlung fällig sein<br />

- „Alimente“ und Sozialversicherungsleistungen können auch für die Zukunft eingeklagt<br />

werden<br />

Duldungsklagen und Unterlassungsklagen<br />

- Verurteilung zu künftigem passivem Verhalten<br />

- Duldung: Handeln des Klägers muss hingenommen werden<br />

- Unterlassung: Beklagter muss eigenes Handeln einstellen<br />

- Wiederholungs- oder Eingriffsgefahr hM: Fehlen führt zu Klagsabweisung<br />

2. Feststellungsklagen (§ 228 ZPO)<br />

Arten von Klagen<br />

gerichtet auf Feststellung des Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten und<br />

Rechtsverhältnissen sowie Urkundenechtheit<br />

Feststellungsgegenstand<br />

- Recht oder Rechtsverhältnis des Privatrechts<br />

- keine Tatsachen (Ausnahme: Urkundenechtheit, Sozialrechtssachen)<br />

- keine rechtlich relevanten Umstände (Ausnahme: Ersatzpflicht für künftige Schäden)<br />

rechtliches Interesse<br />

- rechtliche Beeinträchtigung: Kläger muss in der Rechtssphäre berührt sein<br />

- aktuelles Interesse<br />

- Tauglichkeit der Feststellung<br />

- Subsidiarität der Feststellungsklage<br />

- hRsp: Element des Feststellungsanspruchs Fehlen führt zu Klagsabweisung<br />

- hL: besondere Prozessvor<strong>aus</strong>setzung Fehlen führt zu Klagszurückweisung<br />

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9


Arten von Klagen<br />

3. Zwischenantrag auf Feststellung (§§ 236, 259 Abs 2 ZPO)<br />

Sachantrag des Klägers oder des Beklagten auf Klärung eines präjudiziellen<br />

Rechtsverhältnisses oder Anerkennung <strong>aus</strong>ländischer Urkunden<br />

Zweck: Verselbständigung der Vorfrage über präjudizielles Rechtsverhältnis<br />

wird (bindend) im Urteilsspruch und nicht nur in den Gründen entschieden<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Antrag bis Schluss der mündlichen Streitverhandlung<br />

- Feststellungsgegenstand: während des Verfahrens streitige präjudizielle Rechte und<br />

Rechtsverhältnisse (bzw Anerkennung <strong>aus</strong>ländischer Urkunden)<br />

- rechtliches Interesse: Feststellung muss über Anlassprozess hin<strong>aus</strong> Bedeutung haben<br />

Entscheidung über Zwischenfeststellungsantrag<br />

- bei Unzulässigkeit Zurückweisung mit Beschluss<br />

- bei Zulässigkeit Entscheidung im Urteilsspruch (ggfs Zwischenurteil)<br />

4. Rechtsgestaltungsklagen<br />

Arten von Klagen<br />

gerichtet auf Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechtsverhältnissen zwischen den<br />

Parteien<br />

nicht vollstreckbar, konstitutiv<br />

Grund für die Rechtsgestaltungsklage<br />

- Gesetz sieht nur diese Möglichkeit der Gestaltung vor oder<br />

- Parteien können sich nicht einigen<br />

Anwendungsfälle<br />

- materiellrechtliche Änderung<br />

zB Scheidung, Nichtigerklärung der Ehe<br />

- prozessrechtliche Änderung<br />

zB Nichtigkeitsklage, Wiederaufnahmsklage<br />

Widerklage<br />

1. Widerklage nach nationalem Recht<br />

Widerklage ist selbständige Klage des Beklagten gegen den Kläger eines anhängigen<br />

Rechtsstreits beim selben Gericht<br />

Hauptanwendungsfall: Scheidung<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen:<br />

- Parteienidentität<br />

- mündliche Verhandlung erster Instanz noch nicht geschlossen<br />

- Konnexität, Kompensabilität oder Präjudizialität des Anspruchs der Widerklage<br />

2. Widerklage nach Art 6 Z 3 EuGVVO<br />

Widerklage ist ein selbständiges Angriffsmittel des Beklagten gegen den Kläger des<br />

Hauptprozesses (verordnungsautonomer Begriff)<br />

Zuständigkeit für Widerklage, wenn sich Hauptklage nach EuGVVO richtet<br />

Gerichtsstand beim Gericht der Hauptklage<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen:<br />

- Parteienidentität<br />

- Klagen müssen sich auf denselben Vertrag oder Sachverhalt stützen<br />

- keine Zwangszuständigkeit gem Art 22 EuGVVO<br />

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10


Klagenhäufung<br />

1. Subjektive Klagenhäufung<br />

2. Objektive Klagenhäufung:<br />

derselbe Kläger macht gegen denselben Beklagten in einer Klage mehrere Ansprüche<br />

geltend<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Zusammenrechnung gem § 55 JN oder<br />

- § 227 ZPO: Gerichts sachl u örtl zuständig und dieselbe Verfahrensart<br />

Arten<br />

- Kumulative Klagenhäufung<br />

- Eventualbegehren<br />

- Alternativbegehren<br />

Klagsänderung (§ 235 ZPO)<br />

Klagsänderung ist die Änderung des Streitgegenstands während des Prozesses<br />

Klagsänderung iSd § 235 ZPO<br />

- Erweiterung des Klagebegehrens: quantitativ oder qualitativ<br />

- Änderung des Klagegrundes: Änderung des rechtserzeugenden Sachverhalts<br />

- Änderung von Klagebegehren und Klagegrund<br />

Keine Klagsänderung iSd § 235 ZPO<br />

- Ergänzung des Klagegrunds<br />

- Klagseinschränkung<br />

- Aust<strong>aus</strong>ch des Klagebegehrens: anderer gleichwertiger Gegenstand, Interesse<br />

- Zwischenantrag auf Feststellung<br />

Zulässigkeit der Klagsänderung<br />

- bis Streitanhängigkeit: bei Vorliegen der Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen uneingeschränkt<br />

zulässig<br />

- nach Eintritt der Streitanhängigkeit: Zustimmung des Beklagten oder Zulassung<br />

durch das Gericht, wenn keine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung des<br />

Prozesses zu befürchten ist<br />

Klagszurücknahme (§ 237 ZPO)<br />

Klagszurücknahme ist die im Prozess abgegebene Erklärung des Klägers, auf den<br />

gerichtlichen Rechtsschutz zu verzichten<br />

str, ob Klagseinschränkung als Klagszurücknahme zu behandeln ist (Rsp dagegen)<br />

Zulässigkeit der Klagszurücknahme<br />

- bis Einlangen der Klagebeantwortung, des Einspruchs bzw im BG-Verfahren ohne<br />

Mahnklage bis Beginn der Streitverhandlung uneingeschränkt zulässig<br />

- nach diesem Zeitpunkt mit <strong>aus</strong>drücklicher Zustimmung des Beklagten oder unter<br />

Anspruchsverzicht zulässig<br />

gesetzlich fingierte Klagszurücknahme<br />

- Klagszurücknahme ohne Anspruchsverzicht<br />

- zB Rücknahme der Scheidungsklage bei Nichterscheinen des Klägers<br />

Form und Wirkungen<br />

- durch Erklärung an das Gericht<br />

- Gerichts- und Streitanhängigkeit aufgehoben<br />

- deklarativer Beschluss möglich<br />

- Klagszurücknahme unter Anspruchsverzicht Prozesshindernis für neuen Prozess<br />

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1. Grundlagen<br />

Prozesshandlungen<br />

Prozesshandlungen sind Handlungen von Gericht und Parteien, die auf die<br />

Durchführung eines Prozesses gerichtet sind<br />

2. Prozesshandlungen des Gerichts<br />

amtliche Handlungen des Gerichts<br />

objektiver Erklärungswert ist maßgeblich<br />

Entscheidungen: Anordnungen zur Verfahrensdurchführung oder Verfahrensbeendigung<br />

Prozessleitung<br />

- formelle Prozessleitung: Handlungen betreffend den äußeren Gang des Prozesses<br />

- materielle Prozessleitung: Handlungen zur Sammlung, Gliederung und Aufbereitung des<br />

Prozessstoffes<br />

Verhandlungsleitung<br />

Sitzungspolizei: Aufrechterhaltung der Ordnung in der Verhandlung, zB Geldstrafen<br />

Prozesshandlungen<br />

3. Prozesshandlungen der Parteien<br />

Willensbetätigungen der Parteien zur Gestaltung des Prozesses<br />

Dispositionen über den Streitgegenstand, Anträge zum Prozessablauf<br />

Erwirkungshandlungen<br />

- Sachanträge, Prozessanträge, Beweisanträge<br />

- zB Klage<br />

Bewirkungshandlungen<br />

- schaffen unmittelbar neue Prozesslage<br />

- zB Klagsrücknahme<br />

außergerichtliche Prozesshandlungen<br />

- Vereinbarungen außerhalb des Prozesses, die sich auf den Prozess beziehen<br />

- zB Gerichtsstandvereinbarung, Schiedsvereinbarung<br />

Doppelfunktionelle Prozesshandlungen<br />

- Handlungen, die auch dem materiellen Recht bekannt sind<br />

- Theorie von der Doppelnatur: sowohl Vor<strong>aus</strong>setzungen des materiellen Rechts als<br />

auch des Prozessrechts müssen gegeben sein<br />

- Theorie vom Doppeltatbestand: für prozessuale Wirkungen genügt es, dass die<br />

prozessrechtlichen Vor<strong>aus</strong>setzungen gegeben sind<br />

Prozesshandlungen<br />

3. Prozesshandlungen der Parteien (Fortsetzung)<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit, Postulationsfähigkeit, Vollmacht des gewillkürten<br />

Vertreters<br />

- richtige Form, Zeit, Adressat<br />

objektiver Erklärungswert ist maßgeblich<br />

Bedingungen und Befristungen<br />

- idR unzulässig<br />

- zT zulässig, wenn sie sich an innerprozessualen Ereignissen orientieren<br />

- unzulässig bei konstitutiven Prozesshandlungen<br />

Willensmängel idR unbeachtlich<br />

Widerruf, solange Prozesshandlung nicht Grundlage einer anderen geworden ist<br />

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36<br />

12


1. Grundlagen<br />

Vergleich (§§ 204, 206 ZPO)<br />

Vergleich ist eine vor Gericht geschlossene und protokollierte Vereinbarung zwecks<br />

gütlicher Beendigung oder Bereinigung einer Zivilrechtsstreitigkeit<br />

Prozessvergleich oder prätorischer Vergleich<br />

Doppelfunktionelle Prozesshandlung, Rechtsnatur strittig hM: Doppeltatbestand<br />

Vergleich ist keine Entscheidung, kann nicht mit Rechtsmitteln angefochten werden<br />

2. Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

Abschluss zwischen den Parteien<br />

Vorliegen der Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

Vergleichsfähigkeit des Anspruchs<br />

- nach materiellem Recht<br />

- nicht vergleichsfähig: zB Bestand einer Ehe, prozessuale Fragen<br />

Einigung muss inhaltlich bestimmt sein (Exekutionstitel)<br />

nicht notwendig, dass beide Seiten nachgeben<br />

3. Zustandekommen<br />

Vergleich (§§ 204, 206 ZPO)<br />

Parteieneinigung (ggfs unter Mitwirkung des Gerichts)<br />

Beurkundung durch das Gericht mit Protokoll<br />

Widerrufsvorbehalt möglich<br />

- Wirkungen treten mit Ablauf der Frist ein<br />

- hM: materiellrechtliche Frist<br />

4. Wirkungen<br />

Bereinigungswirkung<br />

Beendigungswirkung<br />

- Prozessvergleich beendet Prozess ohne gerichtliche Entscheidung<br />

- erneute Einklagung des ursprünglichen Anspruchs hM: materiellrechtliche Einwendung<br />

- Einklagung des novierten Anspruchs hM: zulässig<br />

Vollstreckbarkeit<br />

keine Rechtskraft<br />

Vergleich (§§ 204, 206 ZPO)<br />

5. Auswirkung von Mängeln (Lehre vom Doppeltatbestand)<br />

Materiellrechtliche Unwirksamkeit<br />

- Vergleich muss mit neuer Klage angefochten werden<br />

- verfahrensrechtliche Wirkungen des Vergleichs bleiben aufrecht<br />

- Oppositionsklage gegen Exekution <strong>aus</strong> dem Vergleich<br />

Prozessrechtliche Unwirksamkeit<br />

- Vergleich hat keine Prozessbeendigungswirkung jede Partei kann Antrag auf<br />

Fortsetzung des Prozesses stellen<br />

- materiell wirksamer Vergleich kann mit Einwendung geltend gemacht werden<br />

37<br />

38<br />

39<br />

13


1. Grundlagen<br />

Anerkenntnis (§ 395 ZPO)<br />

Anerkenntnis ist die einseitige Erklärung des Beklagten, sich dem<br />

Rechtsschutzbegehren des Klägers zu unterwerfen<br />

Abgrenzung: Geständnis ist Wissenserklärung hinsichtlich der vom Kläger behaupteten<br />

Tatsachen<br />

Rechtsnatur strittig: reine Prozesshandlung; (potentiell) doppelfunktionelle<br />

Prozesshandlung<br />

2. Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

Willenserklärung des Beklagten<br />

Dispositionsbefugnis über den Anspruch<br />

3. Wirkungen<br />

Grundlage für ein Anerkenntnisurteil<br />

- beendet nicht automatisch den Prozess<br />

- Kläger muss Urteil beantragen<br />

Verzicht (§ 394 ZPO)<br />

Verzicht ist die prozessuale Erklärung des Klägers, den geltend gemachten<br />

Streitgegenstand aufzugeben<br />

funktioniert analog Anerkenntnis<br />

praktisch bedeutungslos wegen Möglichkeit der Klagszurücknahme<br />

1. Grundlagen<br />

Aufrechnung (Kompensation)<br />

Aufrechnung ist der Sachantrag des Beklagten, mit Urteil zu entscheiden, dass der<br />

Klagsanspruch durch Aufrechnung ganz oder teilweise erloschen und die Klage deshalb<br />

in diesem Umfang abzuweisen ist<br />

unselbständiger Sachantrag Entscheidung erfolgt nur, wenn über Klagsanspruch<br />

entschieden wird<br />

Abgrenzung: außergerichtliche Aufrechnung stellt Tilgungseinwendung dar<br />

2. Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

Materiellrechtliche Aufrechnungsvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit, Gültigkeit und Fälligkeit<br />

- kein Aufrechnungsverbot<br />

Vorliegen der Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen (Ausnahme: Zuständigkeit, Verfahrensart)<br />

wirksame Aufrechnungseinrede (Sachantrag im Verfahren)<br />

40<br />

41<br />

42<br />

14


3. Wirkungen<br />

Aufrechnung (Kompensation)<br />

Gerichtsanhängigkeit, aber keine Streitanhängigkeit der Gegenforderung<br />

hM: Beweiserhebungstheorie<br />

- Aufrechnungseinrede hat Eventualcharakter, primär wird Klagsforderung bestritten<br />

- Bestehen der Hauptforderung muss geklärt werden, auch wenn Bestehen der<br />

Gegenforderung bereits klar ist<br />

Entscheidung mit dreigliedrigem Urteil<br />

- Bestand der Klagsforderung<br />

- Bestand der Gegenforderung<br />

- Resultat: Klagsstattgebung oder Klagsabweisung<br />

über Klagsanspruch kann mit Teilurteil entschieden werden<br />

Entscheidung über Bestand der Gegenforderung wird bis zur Höhe der<br />

Klagsforderung rechtskräftig (§ 411 Abs 1 ZPO)<br />

Versäumung von Prozesshandlungen<br />

Säumnis liegt vor, wenn eine Prozesshandlung nicht oder nicht wirksam zur dafür<br />

vorgesehenen Zeit vorgenommen wird<br />

- Prozesshandlung wird überhaupt nicht vorgenommen oder<br />

- Prozesshandlung ist unwirksam<br />

Vor<strong>aus</strong>setzung: Handlungsmöglichkeit wurde ordnungsgemäß eingeräumt<br />

Säumnis des Gerichts<br />

- Fristsetzungsantrag (§ 91 GOG)<br />

- Aufsichtsbeschwerde<br />

Säumnis der Parteien<br />

- Grundsatz: kein Zwang der Parteien zu Handlungen<br />

- allgemeine Säumnisfolge: Partei ist von der versäumten Prozesshandlung <strong>aus</strong>geschlossen<br />

- besondere Säumnisfolgen: ex lege oder auf Antrag; zB Versäumungsurteil<br />

- Rechtsbehelfe zur Beseitigung von Säumnisfolgen: Wiedereinsetzung<br />

- Rechtsbehelfe zur Beseitigung eines VU: Wiedereinsetzung, Widerspruch, Berufung<br />

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 146 ff ZPO)<br />

1. Grundlagen<br />

Rechtsbehelf gegen Versäumungsfolgen, die auf Ereignisse in der Parteisphäre<br />

zurückzuführen sind<br />

nur bei Versäumung einer prozessualen, nicht materiellrechtlichen Frist<br />

Inhaltliche Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- unvorhergesehenes Ereignis: Hindernis, das die Partei nach ihren subjektiven<br />

Fähigkeiten nicht erkennen konnte<br />

- unabwendbares Ereignis: Hindernis, das von einem Durchschnittsmenschen nicht<br />

überwunden werden kann<br />

- minderer Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) schadet nicht<br />

Prozessuale Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Frist: 14 Tage ab Fortfall des Hindernisses<br />

43<br />

44<br />

45<br />

15


Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 146 ff ZPO)<br />

2. Verfahren<br />

Antrag schriftlich oder (im BG-Verfahren) mündlich zu Protokoll<br />

Inhalt des Antrags<br />

- Antrag auf Wiedereinsetzung<br />

- Wiedereinsetzungsgründe Eventualmaxime<br />

- Bescheinigungsmittel<br />

Nachholung der versäumten Prozesshandlung gleichzeitig mit<br />

Wiedereinsetzungsantrag<br />

Antrag ist der Gegenpartei zur Äußerung zuzustellen<br />

Entscheidung mit Beschluss<br />

Rekurs nur gegen die abweisende Entscheidung<br />

Bewilligung der Wiedereinsetzung Verfahren tritt in den Stand vor Säumnis zurück<br />

Antragsteller trägt Kosten<br />

1. Grundlagen<br />

Widerspruch gegen Versäumungsurteile<br />

Rechtsbehelf gegen bestimmte Versäumungsurteile<br />

- Versäumungsurteil im LG-Verfahren nach Versäumung der Frist für die<br />

Klagebeantwortung (§ 397a Abs 1 ZPO)<br />

- Versäumungsurteil im BG-Verfahren, wenn noch kein Widerspruch oder Einspruch<br />

erfolgt ist (§ 442a ZPO)<br />

Inhaltliche Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- keine Begründung erforderlich<br />

Prozessuale Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- Frist: 14 Tage ab Zustellung des Versäumungsurteils<br />

Widerspruch gegen Versäumungsurteile<br />

2. Verfahren<br />

Antrag schriftlich oder (im BG-Verfahren) mündlich zu Protokoll<br />

Widerspruch muss Inhalt einer Klagebeantwortung haben (auch im BG-Verfahren!)<br />

Anberaumung einer Tagsatzung<br />

- Versäumungsurteil wird aufgehoben<br />

- Verhandlung wird fortgesetzt<br />

Antragsteller trägt Kosten<br />

46<br />

47<br />

48<br />

16


Erstinstanzliches Verfahren<br />

Klage<br />

Gerichtsanhängigkeit<br />

Zeitpunkt<br />

- Einlangen der Klage bei Gericht<br />

- nachträgliche Sachanträge mit Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung oder<br />

Einlangen des Schriftsatzes<br />

Wirkungen<br />

- Prozessrechtsverhältnis entsteht (zweiseitig)<br />

- Perpetuatio fori tritt ein<br />

- Gerichtsanhängigkeit wahrt bzw unterbricht Fristen<br />

- höchstpersönliche Rechte werden vererblich<br />

Erstinstanzliches Verfahren<br />

Prüfung der Klage durch das Gericht<br />

Vorliegen der Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- formelles Prüfungsrecht bei sachlicher und örtlicher Zuständigkeit<br />

- materielles Prüfungsrecht<br />

Einhaltung der Form- und Inhaltsvorschriften<br />

bei positiver Klagsprüfung<br />

- Geldleistungsanspruch bis max 75.000 € => Mahnverfahren<br />

- GH-Verfahren: Zustellung an den Beklagten mit Auftrag zur Klagebeantwortung<br />

- BG-Verfahren und Arbeitsrechtssachen: Zustellung an den Beklagten und<br />

Anberaumung der vorbereitenden Tagsatzung<br />

Mahnverfahren<br />

1. Grundlagen<br />

§§ 244 bis 251, § 448 ZPO<br />

Schriftliches Verfahren, das zwingend vorgesehen ist, wenn auf Zahlung eines<br />

Geldbetrags bis inkl 75.000 € geklagt wird<br />

Zweck: schnelle, kostensparende Erlangung eines Exekutionstitels<br />

Zuständigkeit:<br />

- sachliche Zuständigkeit: je nach Materie und Streitwert BG oder LG<br />

- Mahnverfahren ist auch in Arbeitsrechtssachen vorgesehen<br />

- örtliche Zuständigkeit nach allgemeinen Regeln<br />

- funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers<br />

49<br />

50<br />

51<br />

17


2. Einleitung<br />

Mahnverfahren<br />

Mahnklage mit Formblatt<br />

Zulässigkeitsprüfung<br />

Besondere Prozesshindernisse (§ 244 ZPO)<br />

- Klage lautet nicht (nur) auf Zahlung<br />

- Forderung ist offenkundig nicht klagbar, nicht fällig oder von einer Gegenleistung abhängig<br />

- Beklagter ist unbekannten Aufenthalts<br />

- Beklagter hat Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Ausland<br />

- Klage ist unschlüssig<br />

Klagsprüfung ok<br />

Bedingter<br />

Zahlungsbefehl<br />

Fehlen allgemeiner<br />

Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen<br />

Besondere<br />

Prozesshindernisse<br />

Klagszurückweisung Ordentliches Verfahren<br />

Mahnverfahren<br />

3. Bedingter Zahlungsbefehl<br />

Auftrag, binnen 14 Tagen die Forderung zu bezahlen oder binnen 4 Wochen Einspruch zu<br />

erheben<br />

zusätzliche Hinweise<br />

Zustellung an den Beklagten<br />

mangels rechtzeitigen Einspruchs Zahlungsbefehl rechtskräftig und vollstreckbar<br />

4. Einspruch<br />

Frist: 4 Wochen ab Zustellung<br />

Einbringung<br />

- GH-Verfahren: schriftlich, mit Unterschrift eines Rechtsanwalts<br />

- BG: schriftlich oder mündlich, keine Anwaltspflicht<br />

Inhalt<br />

- GH-Verfahren: Inhalt eine Klagebeantwortung<br />

- BG: Absicht, Einspruch zu erheben, muss deutlich werden<br />

Wirkung:<br />

- Zahlungsbefehl tritt ex lege außer Kraft<br />

- ordentliches Verfahren wird eingeleitet<br />

EuMahnVO<br />

1. Grundlagen<br />

Geltungsbereich<br />

- grenzüberschreitende Rechtssachen in Zivil- und Handelssachen<br />

- in allen Mitgliedstaaten außer Dänemark<br />

- seit 12.12.2008<br />

Zweck: Schaffung rascher Exekutionstitel für unbestrittene Geldforderungen, der ohne<br />

Vollstreckbarerklärungsverfahren vollstreckt werden kann<br />

fakultatives Verfahren<br />

Betreibung bezifferter Geldforderungen<br />

- keine Wertgrenze<br />

- Fälligkeit zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags<br />

internationale Zuständigkeit nach EuGVVO<br />

Sammelzuständigkeit beim BG für Handelssachen Wien<br />

52<br />

53<br />

54<br />

18


2. Antrag<br />

EuMahnVO<br />

Antrag auf Europäischen Zahlungsbefehl mit Formblatt<br />

keine Anwaltspflicht<br />

3. Erlass des Europäischen Zahlungsbefehls<br />

Gericht hat Zahlungsbefehl binnen 30 Tagen zu erlassen<br />

Zustellung an den Gegner: Antrag, Zahlungsbefehl, Formblatt für Einspruch<br />

4. Einspruch gegen den Zahlungsbefehl<br />

Frist: 30 Tage ab Zustellung<br />

keine Begründung erforderlich<br />

rechtzeitiger Einspruch<br />

- Einleitung des ordentlichen Verfahrens, sofern Antragsteller das nicht im Antrag<br />

abgelehnt hat<br />

- neue Zuständigkeit<br />

kein (rechtzeitiger) Einspruch Zahlungsbefehl für vollstreckbar erklärt<br />

5. Überprüfung (Art 20 EuMahnVO)<br />

EuMahnVO<br />

nach Ablauf der Einspruchsfrist in Ausnahmefällen<br />

- Zustellmängel<br />

- außergewöhnliche Umstände, die am rechtzeitigen Einspruch hinderten<br />

- Zahlungsbefehl wurde offensichtlich zu Unrecht erlassen<br />

Zahlungsbefehl für nichtig erklärt ordentliches Verfahren<br />

Ö: BG für Handelssachen zuständig<br />

6. Vollstreckung<br />

vollstreckbar in allen Mitgliedstaaten<br />

keine Vollstreckbarerklärung erforderlich<br />

zu behandeln wie inländischer Exekutionstitel<br />

<strong>aus</strong>nahmsweise Verweigerung der Vollstreckung<br />

Streitanhängigkeit<br />

Erstinstanzliches Verfahren<br />

Zeitpunkt<br />

- Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an den Beklagten<br />

- nachträgliche Ansprüche mit Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung<br />

- Ende mit formeller Rechtskraft (Umwandlung in Rechtskraftwirkung) oder durch<br />

sonstige definitive Erledigung des Streitgegenstands in diesem Verfahren<br />

Wirkungen<br />

- materiellrechtliche Wirkungen (§1335 ABGB – Zinsen, §§ 338, 825 ABGB – unredl<br />

Besitzer, § 892 ABGB – Solidarschuld)<br />

- Prozessrechtsverhältnis wird dreiseitig<br />

- Klagsänderung erfordert Zustimmung des Beklagten<br />

- Zwischenantrag auf Feststellung kann gestellt werden<br />

- Regeln zur Veräußerung der streitverfangenen Sache gelten<br />

- Prozesshindernis der Streitanhängigkeit entsteht<br />

55<br />

56<br />

57<br />

19


Erstinstanzliches Verfahren<br />

Internationale Streitanhängigkeit (Rechtshängigkeit)<br />

Art 27 EuGVVO:<br />

- Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien bei Gerichten<br />

mehrerer Mitgliedstaaten anhängig<br />

- später angerufenes Gericht muss Verfahren <strong>aus</strong>setzen und<br />

Zuständigkeitsentscheidung des ersten Gerichts abwarten<br />

- Art 19 Abs 2 und 3 EuEheKindVO ebenso für Verfahren über elterliche Verantwortung<br />

Art 19 Abs 1 EuEheKindVO: Sonderregel für Eheverfahren<br />

- Prozesshindernis der Rechtshängigkeit ist auch dann gegeben, wenn die Eheverfahren<br />

unterschiedliche Ansprüche betreffen<br />

- Grundsatz der Einheitlichkeit des Eheverfahrens<br />

Erstinstanzliches Verfahren<br />

Streiteinlassung<br />

Partei bringt schriftlich und/oder mündlich zur Sache vor<br />

GH-Verfahren<br />

- Kläger durch Klage und mündliches Vorbringen zur Sache<br />

- Beklagter durch Klagebeantwortung oder Einspruch im Mahnverfahren und<br />

mündliches Vorbringen zur Sache<br />

BG-Verfahren<br />

- Kläger durch Klage und mündliches Vorbringen zur Sache<br />

- Beklagter durch mündliches Vorbringen zur Sache<br />

Wirkungen<br />

- kein Versäumungsurteil mehr möglich<br />

- Heilung von Mängeln<br />

Erstinstanzliches Verfahren<br />

Klagebeantwortung (§§ 230, 239 ZPO)<br />

Klagebeantwortung ist der auf Klagsabweisung gerichtete Rechtsschutzantrag des<br />

Beklagten<br />

Frist: 4 Wochen ab Zustellung<br />

Form und Inhalt<br />

- Kopf mit allgemeinen Angaben<br />

- Bezeichnung „Klagebeantwortung“<br />

- Urteilsgegenantrag: bestimmtes Begehren auf gänzliche oder teilweise Abweisung der<br />

Klage oder Klagszurückweisung; ggfs Anerkenntnis<br />

- Tatsachen, auf die sich Anträge des Beklagten stützen, kurz und vollständig<br />

- Beweismittel<br />

- „leere Klagebeantwortung“: allgemeine Formerfordernisse vorhanden, aber keine<br />

Tatsachen und uU auch kein Urteilsgegenantrag Zulässigkeit str<br />

rechtzeitige Einbringung der Klagebeantwortung Anberaumung der vorbereitenden<br />

Tagsatzung<br />

58<br />

59<br />

60<br />

20


1. Grundlagen<br />

Mündliche Streitverhandlung<br />

Verhandlung des Gerichts mit den Parteien über Prozess- und Sachfragen<br />

zentraler Teil des erstinstanzlichen Verfahrens<br />

Inhalt<br />

- Vorträge der Parteien<br />

- Klärung prozessualer Fragen<br />

- Beweisverfahren<br />

- Erörterung<br />

Vorbereitung<br />

- Vorbereitung durch Klage, Klagebeantwortung, allenfalls vorbereitende Schriftsätze<br />

- gerichtliche Aufträge (zB Urkundenvorlage)<br />

Anberaumung der vorbereitenden Tagsatzung<br />

- GH-Verfahren: Vorbereitungsfrist für die Parteien muss mind 3 Wochen betragen<br />

- BG-Verfahren: Vorbereitungsfrist soll 3 Wochen betragen<br />

Mündliche Streitverhandlung<br />

2. Vorbereitende Tagsatzung (§ 258 ZPO)<br />

erste mündliche Verhandlung<br />

Programm<br />

- Entscheidung über Prozesseinreden<br />

- Vortrag der Parteien in der Hauptsache<br />

- Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens („Rechtsgespräch“)<br />

- Vornahme eines Vergleichsversuchs<br />

- Bekanntgabe des weiteren Prozessprogramms (Beweisverfahren etc)<br />

- ggfs Beweisaufnahme<br />

Partei hat persönlich zu erscheinen<br />

Besonderheiten im BG-Verfahren<br />

- Beweisverfahren tunlichst in der vorbereitenden Tagsatzung durchzuführen<br />

- Programm kann beschränkt werden, wenn Streiteinlassung des Beklagten nicht zu<br />

erwarten ist<br />

Versäumung: Versäumungsurteil auf Antrag der erschienenen Partei<br />

Mündliche Streitverhandlung<br />

3. Weitere mündliche Streitverhandlung<br />

Ablauf vom Gericht bestimmt<br />

Vortrag der Parteien<br />

- Anträge, Tatsachenvorbringen, Rechts<strong>aus</strong>führungen<br />

- zwingend mündlich<br />

- Vorbringen neuer Tatsachen und Beweise zulässig<br />

- Wahrheits-, Vollständigkeits- und Prozessförderungspflicht (§ 178 ZPO)<br />

Fragerecht<br />

- Gericht und Parteien<br />

- Gericht kann unangemessene Fragen der Parteien zurückweisen<br />

4. Rüge von Verfahrensmängeln (§ 196 ZPO)<br />

Verfahrensmängel müssen unverzüglich gerügt werden<br />

Rsp: anwendbar auf Mängel der mündlichen Verhandlung außer Stoffsammlungsmängeln<br />

Lehre: steht im Widerspruch zu § 496 Abs 1 Z 2 ZPO über wesentliche Verfahrensmängel<br />

als Berufungsgrund<br />

61<br />

62<br />

63<br />

21


Mündliche Streitverhandlung<br />

5. Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz<br />

Gericht schließt mündliche Verhandlung, wenn es die Sache für spruchreif hält<br />

prozessleitender Beschluss<br />

Wiedereröffnung möglich<br />

Neuerungsverbot<br />

- Parteien können im Verfahren keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorbringen<br />

- „nova reperta“: Tatsachen sind vor diesem Zeitpunkt entstanden<br />

(ggfs Wiederaufnahmsklage)<br />

- „nova producta“: Tatsachen entstehen nach diesem Zeitpunkt<br />

(neue Klage)<br />

Entscheidungsmaßgeblicher Zeitpunkt<br />

- Rechtslage und Beweisergebnis zu diesem Zeitpunkt<br />

- alle anspruchsbegründenden Tatsachen müssen vorliegen<br />

- Prozessvor<strong>aus</strong>setzungen müssen vorliegen, soweit sie nicht perpetuieren<br />

Auswirkung auf prozessuale Möglichkeiten (zB kein Zwischenantrag auf Feststellung mehr)<br />

1. Beweisgegenstand<br />

Grundlagen des Beweisrechts<br />

äußere und innere Tatsachen<br />

Erfahrungssätze<br />

keine Rechtnormen<br />

- „iura novit curia“<br />

- für <strong>aus</strong>ländisches Recht und inländisches Sonderrecht => Erhebungsverfahren eigener Art<br />

2. Beweisbedürftigkeit<br />

Beweisbedürftig sind die tatbestandsrelevanten strittigen Tatsachen, die nicht<br />

beweisbefreit sind<br />

zugestandene Tatsachen<br />

- Geständnis: Wissenserklärung einer Partei, dass tatsächliche Behauptung des Gegners<br />

richtig ist<br />

- Rsp: <strong>aus</strong>drücklich zugestandene Tatsachen sind als wahr anzunehmen und der<br />

Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen<br />

- Lehre kritisch<br />

Grundlagen des Beweisrechts<br />

2. Beweisbedürftigkeit (Fortsetzung)<br />

offenkundige Tatsachen<br />

- allgemeinkundige Tatsachen<br />

- gerichtskundige Tatsachen<br />

- Partei muss Tatsachen weder behaupten noch beweisen<br />

gesetzlich vermutete Tatsachen<br />

- Tatsachenvermutung<br />

- Rechtsvermutung<br />

- Partei muss nur die Vermutungsbasis beweisen und die vermutete Tatsache behaupten<br />

- Gegenbeweis hinsichtlich Vermutungsbasis oder Beweis des Gegenteils<br />

Beweisbefreiungen gem § 273 ZPO<br />

- § 273 Abs 1 ZPO: Forderung steht dem Grunde nach fest, Beweis über Höhe nicht oder nur<br />

mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich<br />

- § 273 Abs 2 ZPO: einzelne, im Vergleich zur Gesamtforderung unbedeutende Ansprüche<br />

oder Anspruch, der 1.000 € nicht übersteigt, wenn sie sich dem Grunde<br />

nach nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten feststellen lassen<br />

- Gericht legt Betrag nach freier Überzeugung fest<br />

66<br />

64<br />

65<br />

22


3. Behauptungslast<br />

Grundlagen des Beweisrechts<br />

objektive Behauptungslast<br />

- tatbestandsrelevante Tatsachen müssen vorgebracht werden<br />

subjektive Behauptungslast<br />

- Kläger trägt Behauptungslast für anspruchsbegründende Tatsachen<br />

- Beklagter trägt Behauptungslast für Einwendungen<br />

- Behauptungslücke Unschlüssigkeit<br />

4. Beweislast<br />

Beweislosigkeit => Beweislastregeln<br />

objektive Beweislast (Feststellungslast)<br />

- Träger trifft Nachteil, wenn Tatsache nicht als wahr festgestellt werden kann<br />

- Partei trägt Beweislast für Vorliegen aller tatsächlichen Vor<strong>aus</strong>setzungen der ihr günstigen<br />

Rechtsnorm (Rosenbergsche Formel)<br />

subjektive Beweislast (Beweisführungslast)<br />

- Träger muss für bestimmte Tatsache Beweismittel beantragen<br />

Grundlagen des Beweisrechts<br />

5. Beweismaß<br />

notwendiger Grad an Überzeugung des Richter<br />

Regelbeweismaß: hohe Wahrscheinlichkeit<br />

Wahrheitsüberzeugungstheorie<br />

- subjektive Beweismaßtheorie<br />

- Richter muss von Tatsachen vollständig überzeugt sein<br />

Wahrscheinlichkeitsüberzeugungstheorie<br />

- objektive Beweismaßtheorie<br />

- in Beweiswürdigung sind Wahrscheinlichkeiten festzustellen<br />

Beweismaßabstufungen:<br />

- erhöhtes Beweismaß: an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit<br />

- verringertes Beweismaß (Glaubhaftmachung, Bescheinigung): überwiegende<br />

Wahrscheinlichkeit<br />

Grundlagen des Beweisrechts<br />

6. Beweisrichtung<br />

Hauptbeweis: Beweis der beweisbelasteten Partei zum Nachweis einer<br />

Tatsachenbehauptung<br />

Gegenbeweis: Beweis des Gegners zur Widerlegung dieser Tatsachenbehauptung<br />

Beweis des Gegenteils: Hauptbeweis gegen eine gesetzliche Vermutung<br />

7. Mittelbarer Beweis<br />

von nicht tatbestandsrelevanten, aber erweislichen Umständen wird mit Hilfe von<br />

Erfahrungssätzen auf das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen geschlossen<br />

Indizienbeweis<br />

- von bewiesener, tatbestandsfremder Tatsache wird auf nicht beweisbare,<br />

tatbestandsrelevante Tatsache geschlossen<br />

- keine Reduzierung des Beweismaßes<br />

Anscheinsbeweis („prima facie“-Beweis)<br />

- Beweismaßerleichterung bei Beweisnotstand<br />

- von Rsp für Schadenersatzprozesse entwickelt<br />

- ist typischer Geschehensablauf bewiesen, der auf tatbestandsrelevanten Umstand<br />

hinweist, gilt auch dieser als erwiesen<br />

- Entkräftung: Gegenbeweis der ernsthaften Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs<br />

69<br />

67<br />

68<br />

23


8. Beweisverbote<br />

Grundlagen des Beweisrechts<br />

Beweisthemenverbot<br />

- Gericht darf über bestimmte Tatsache keine Beweise aufnehmen<br />

- Rsp: zugestandene Tatsache<br />

Beweismittelverbot<br />

- bestimmtes Beweismittel darf nicht verwendet werden<br />

- zB Geistliche über Tatsachen, die dem Beichtgeheimnis unterliegen<br />

Beweismethodenverbot<br />

- Gericht darf bestimmte Methoden zur Beweiserlangung nicht verwenden<br />

- zB Zwangsmaßnahmen zur Erzwingung der Parteienvernehmung<br />

Folgen eines Verstoßes<br />

- Beweisverwertungsverbot: Beweis darf Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden<br />

- Beweisaufnahmeverbot: Beweisergebnisse verwertbar<br />

Beweisverfahren<br />

1. Beweisaufnahme<br />

von Amts wegen oder aufgrund Beweisanbots der Parteien<br />

- von Amts wegen: materielle Prozessleitungspflicht, Untersuchungsgrundsatz,<br />

Erhebungen<br />

- Beweisanbot: Grundsatz der Beweisverbindung<br />

Prozessprogramm<br />

Zurückweisung von Beweisanträgen<br />

- mit Beschluss nicht abgesondert anfechtbar<br />

- unerhebliche Beweise<br />

- Beweise für bereits nachgewiesene Tatsachen<br />

- Prozessverschleppungsabsicht<br />

- grob schuldhaft verspätete Beweisanträge, die Prozess erheblich verzögern würden<br />

- präkludierte Beweise<br />

Beweiserörterung nach Beweisaufnahme<br />

2. Grundsätze<br />

Beweisverfahren<br />

Unmittelbarkeitsgrundsatz<br />

- Grundsatz: sachliche Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme<br />

- Verletzung ist wesentlicher Verfahrensmangel<br />

- Beweisaufnahme durch ersuchten oder beauftragten Richter, wenn Beweisaufnahme<br />

vor erkennendem Gericht erhebliche Schwierigkeiten entgegenstehen<br />

bei Zeugen- oder Parteienvernehmung aber auch hier primär Videovernehmung<br />

- Übernahme von Protokollen oder Sachverständigengutachten (§ 281a ZPO)<br />

Vor<strong>aus</strong>setzung: am früheren Verfahren beteiligte Partei widerspricht nicht, nicht<br />

beteiligte Partei stimmt <strong>aus</strong>drücklich zu<br />

Konzentrationsgrundsatz<br />

- Zurückweisung von Beweisanträgen<br />

- Rechtmittelbeschränkungen im Beweisverfahren<br />

Amtswegigkeit<br />

70<br />

71<br />

72<br />

24


1. EuBVO (VO [EG] 2001/1206)<br />

Beweisaufnahme im Ausland<br />

Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen<br />

alle Mitgliedstaaten außer Dänemark<br />

Rechtshilfe teils erleichtert<br />

- Gericht des anderen Mitgliedstaats, in dem Beweisaufnahme stattfinden soll, wird um<br />

Beweisaufnahme für erkennendes Gericht ersucht<br />

- Gericht kann direkt mit anderem Gericht Kontakt aufnehmen Formblätter<br />

grenzüberschreitende unmittelbare Beweisaufnahme<br />

- erkennendes Gericht nimmt unmittelbar in anderem Staat Beweis auf<br />

- keine Zwangsmaßnahmen<br />

dialogische Beweisaufnahme Zwischenform<br />

Beweiswürdigung<br />

Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 272 Abs 1 ZPO)<br />

- Gericht muss nach freier Überzeugung beurteilen, ob eine tatsächliche Angabe für wahr<br />

zu halten ist<br />

- Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung und Beweisführung<br />

- <strong>aus</strong>nahmsweise gebundene Beweiswürdigung (zB öffentliche Urkunden)<br />

Ausführungen zur Beweiswürdigung in der Urteilsbegründung<br />

- Überprüfung der Beweiswürdigung durch Berufungsgericht<br />

- Mangel der Begründung wesentlicher Verfahrensmangel<br />

- völliges Fehlen Nichtigkeitsgrund (§ 477 Abs 1 Z 9 ZPO)<br />

Davon zu unterscheiden: Ermessen<br />

- räumt dem Richter einen Gestaltungsspielraum ein<br />

Beweismittel<br />

Beweismittel sind Personen oder Gegenstände, mittels derer ein Beweis erbracht werden soll<br />

fünf klassische Beweismittel<br />

- Urkunden, Zeugen, Sachverständige, Augenschein, Parteienvernehmung<br />

- in der ZPO geregelt<br />

- nicht taxativ<br />

„neue Beweismittel“<br />

- idR einem der klassischen Beweismittel zuordenbar<br />

- Behördenanfrage Urkunden-, Sachverständigen- oder Zeugenbeweis<br />

- Bild- und Tonträger Urkunde oder Augenscheinsgegenstand<br />

- EDV-Träger elektronische Urkunde oder Augenscheinsgegenstand<br />

- Meinungsforschung Sachverständigenbeweis (str)<br />

Grundsatz der Gemeinschaftlichkeit<br />

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Urkunden<br />

1. Grundlagen<br />

Urkunde ist eine schriftliche Verkörperung von Gedanken auf einem der<br />

Sinneswahrnehmung unmittelbar zugänglichen Trägermedium<br />

§§ 292 bis 319 ZPO<br />

Abgrenzung<br />

- Augenscheinsgegenstand keine Verkörperung von Gedanken<br />

- Auskunftssache Verkörperung von Gedanken, die nicht schriftlich ist<br />

(§ 318 ZPO; zB Denkmal, Grenzstein)<br />

Absichtsurkunde: zu Beweiszwecken erstellt<br />

Zufallsurkunde<br />

Öffentliche Urkunde (§§ 292, 293 ZPO)<br />

- von österr Behörde oder mit öffentlichem Glauben versehener Urkundsperson in<br />

vorgeschriebener Form errichtete Urkunde<br />

- zur öffentlichen Urkunde erklärte Urkunde<br />

- <strong>aus</strong>ländische öffentliche Urkunde<br />

Privaturkunde<br />

öffentlich beglaubigte Urkunde: Privaturkunde, mit gerichtlicher oder notarieller<br />

Bestätigung, dass sie vom genannten Aussteller unterschrieben wurde<br />

2. Echtheit von Urkunden<br />

Urkunden<br />

Echte Urkunde stammt vom angegebenen Aussteller<br />

Gegenteil: gefälschte Urkunde<br />

Vermutung der Echtheit inländischer öffentlicher Urkunden (§ 310 Abs 1 ZPO)<br />

- einfache Vermutung, keine Beweislastumkehr<br />

- bei Zweifeln muss Echtheit bewiesen werden<br />

Qualifizierte Echtheitsvermutung (§ 294 ZPO)<br />

- bei Privaturkunden<br />

- Vor<strong>aus</strong>setzung: Echtheit der Unterschrift bewiesen<br />

- Vermutung, dass auch der unterschriebene Text vom Aussteller stammt<br />

- Beweislastumkehr, Beweis des Gegenteils möglich<br />

Feststellungsklage über Urkundenechtheit möglich<br />

3. Richtigkeit von Urkunden<br />

Urkunden<br />

Inhalt einer richtigen Urkunde stimmt mit den Tatsachen überein<br />

Beweisregel für öffentliche Urkunden (§ 292 Abs 1 ZPO)<br />

- öffentliche Urkunden begründen vollen Beweis über das, was von der Behörde verfügt<br />

oder erklärt oder von der Behörde bzw der Urkundsperson bezeugt wurde<br />

- schließt freie Beweiswürdigung <strong>aus</strong><br />

- Beweis der Unrichtigkeit der Verfügung <strong>aus</strong>geschlossen<br />

- Beweis des Gegenteils, dass der bezeugte Vorgang sich nicht so ereignet hat, möglich<br />

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Urkunden<br />

4. Urkundenvorlage<br />

Urkunde beim Beweisführer Vorlage bei Gericht<br />

Urkunde bei Behörde oder Notar Beischaffung durch das Gericht<br />

Urkunde beim Prozessgegner<br />

- unbedingte Vorlagepflicht („Editionspflicht“): wenn Prozessgegner selbst mit Urkunde<br />

Beweis führt, wenn er nach bürgerlichem Recht zur Ausfolgung verpflichtet ist oder<br />

wenn es eine gemeinschaftliche Urkunde ist<br />

- bedingte Vorlagepflicht: bestimmte Verweigerungsgründe (§ 305 ZPO)<br />

- Gericht erteilt Auftrag zur Vorlage der Urkunde nicht anfechtbar oder vollstreckbar<br />

Urkunde bei dritter Person<br />

- unbedingte Vorlagepflicht: wenn er nach bürgerlichem Recht zur Ausfolgung<br />

verpflichtet ist oder Urkunde eine gemeinschaftliche des Dritten und des<br />

Beweisführers ist<br />

- sonst keine Vorlagepflicht<br />

- Gericht erteilt Auftrag zur Vorlage der Urkunde anfechtbar und vollstreckbar<br />

Gericht darf Urkunden nicht beischaffen oder Vorlage verfügen, wenn sich beide Parteien<br />

dagegen <strong>aus</strong>sprechen<br />

Zeugen<br />

1. Grundlagen<br />

Zeugen sind natürliche Personen, die über von ihnen gemachte Wahrnehmungen von<br />

Tatsachen vor Gericht <strong>aus</strong>sagen<br />

§§ 320 bis 350 ZPO<br />

Aussage muss mündlich erfolgen<br />

Abgrenzung<br />

- Sachverständiger bewertet oder zieht Schlussfolgerungen, ersetzbar<br />

- sachverständiger Zeuge Zeuge mit besonderer Sachkunde, als Zeuge vernommen<br />

- Parteienvernehmung als Zeuge darf nur vernommen werden, wer nicht als Partei zu<br />

vernehmen ist<br />

Zeugnisunfähigkeit<br />

- absolute (physische) Zeugnisunfähigkeit<br />

- relative Zeugnisunfähigkeit: Geistliche, Staatsbeamte und Mediatoren im Rahmen ihrer<br />

Geheimhaltungspflicht<br />

- Verstoß sanktionslos<br />

Zeugen<br />

2. Zeugenpflichten<br />

Pflicht zum Erscheinen vor Gericht<br />

- Ordnungsstrafe bei unentschuldigtem Nichterscheinen (bis max 2.000 €)<br />

- bei wiederholtem Nichterscheinen auch zwangsweise Vorführung<br />

Aussagepflicht<br />

- Pflicht zur Aussage über alle Wahrnehmungen, hinsichtlich derer kein<br />

Aussageverweigerungsrecht besteht<br />

- Aussageverweigerungsrecht nur hinsichtlich einzelner Fragen<br />

- Aussageverweigerungsgründe (§ 321 ZPO):<br />

- Schande oder Gefahr strafrechtlicher Verfolgung<br />

- unmittelbarer vermögensrechtlicher Nachteil<br />

- Verletzung von staatlich anerkannter Verschwiegenheitspflicht<br />

- Verletzung von Geschäftsgeheimnis<br />

- Ausübung des geheimen Wahlrechts<br />

Eidespflicht<br />

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3. Zeugenvernehmung<br />

Zeugen<br />

Gericht darf Zeugen nicht laden bzw vernehmen, wenn sich beide Parteien dagegen<br />

<strong>aus</strong>sprechen<br />

Vernehmung einzeln, in Abwesenheit späterer Zeugen<br />

Belehrung über Aussageverweigerungsgründe, Wahrheitserinnerung<br />

Abfrage der Generalien und Befragung zur Sache<br />

Fragen der Parteien<br />

Protokollierung der Aussage<br />

4. Zeugengebühr<br />

Ersatz notwendiger Reise- und Aufenthaltskosten<br />

Entschädigung für Zeitversäumnis<br />

Kostenvorschusspflicht, wenn Kosten vor<strong>aus</strong>sichtlich 200 € übersteigen werden<br />

1. Grundlagen<br />

Sachverständige<br />

Sachverständige sind Personen, die dem Richter aufgrund ihrer besonderen Fachkunde<br />

Kenntnis von Erfahrungssätzen vermitteln, Schlussfolgerungen ziehen oder<br />

streiterhebliche Tatsachen feststellen<br />

§§ 351 bis 367 ZPO<br />

Abgrenzung zum Privatgutachter von Partei beauftragt, Gutachten ist Urkunde<br />

Bestellung unbeschränkt von Amts wegen möglich<br />

physische oder juristische Person<br />

kann wie ein Richter abgelehnt werden<br />

Verpflichtung, als Sachverständiger tätig zu werden<br />

- Personen, die zur Erstattung von Gutachten öffentlich bestellt sind (Sachverständigenlisten)<br />

- Personen, die die betreffende Wissenschaft etc öffentlich <strong>aus</strong>üben oder dazu öffentlich<br />

angestellt oder ermächtigt sind<br />

Sachverständiger kann Enthebung beantragen (Aussageverweigerungsgründe)<br />

Gericht muss bei Bestellung Frist zur Gutachtenserstellung setzen<br />

2. Pflichten<br />

Sachverständige<br />

Pflicht zum Erscheinen<br />

- Ordnungsstrafe und Kostenersatz bei Weigerung zur Gutachtenserstellung oder<br />

Nichterscheinen zur Tagsatzung<br />

- keine Zwangsmittel Gericht kann anderen Sachverständigen bestellen<br />

Pflicht zur Erstattung von Befund und Gutachten<br />

- Befund: Beschreibung und Feststellung der ermittelten Tatsachen<br />

- Gutachten: Schlussfolgerungen <strong>aus</strong> Erfahrungssätzen<br />

Pflicht zum Sachverständigeneid<br />

3. Sachverständigengebühr<br />

Kostenersatz, Entschädigung für Zeitversäumnis, Gebühr für Mühewaltung<br />

Kostenvorschusspflicht<br />

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Augenschein<br />

Augenschein ist jede direkte Sinneswahrnehmung des Gerichts über Eigenschaften und<br />

Zustände von Personen und Sachen<br />

§§ 368 bis 370 ZPO<br />

Aufnahme unbeschränkt von Amts wegen möglich<br />

Duldung des Augenscheins<br />

- Objekt beim Beweisführer Vorlage bei Gericht<br />

- Objekt bei Behörde oder Notar Beischaffung auf Antrag durch das Gericht<br />

- Objekt beim Prozessgegner Regeln über Urkundenvorlage gelten<br />

- Objekt bei dritter Person keine Verpflichtung zur Vorlage oder Duldung<br />

Kostenvorschuss kann auferlegt werden<br />

Parteienvernehmung<br />

Parteienvernehmung ist die in der gesetzlich vorgeschriebenen Form durchgeführte<br />

Befragung der Parteien über streitige, für die Entscheidung erhebliche Tatsachen<br />

§§ 371 bis 383 ZPO<br />

Aufnahme unbeschränkt von Amts wegen möglich<br />

Parteien, gesetzliche Vertreter, Masseverwalter, Gesellschafter einer Partei<br />

Zeugnisunfähigkeit schließt auch Vernehmung als Partei <strong>aus</strong><br />

Erscheinenspflicht, Aussagepflicht und Eidespflicht<br />

- kein Aussageverweigerungsrecht wegen vermögensrechtlicher Nachteile<br />

- nicht erzwingbar<br />

Wahrheitspflicht<br />

- gilt für alles Vorbringen während des Verfahrens<br />

- Falsch<strong>aus</strong>sage unter Eid strafbar<br />

Parteienvernehmung erfolgt wie Zeugenvernehmung<br />

Reisekosten und Entschädigung für Zeitversäumnis können als Prozesskosten geltend<br />

gemacht werden, wenn Erscheinen notwendig war<br />

Beweissicherung<br />

Vorsorgliche Beweisaufnahme vor einem Rechtsstreit, um zu verhindern, dass<br />

Beweismittel verloren gehen<br />

§§ 384 bis 389 ZPO<br />

nur Zeugen-, Sachverständigen-, und Augenscheinsbeweis<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

- objektive Gefährdung künftiger Beweisaufnahme oder<br />

- rechtliches Interesse an der Feststellung des gegenwärtigen Zustands<br />

Zuständigkeit<br />

- BG, in dessen Sprengel sich das Beweisobjekt befindet<br />

- Prozessgericht während des anhängigen Verfahrens<br />

Verwertung im Prozess durch Verlesung des Beweisaufnahmeprotokolls<br />

beide Parteien können sich auf Beweisergebnis berufen<br />

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