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[erscheint in: Poesie intermedial - Anselmo Fox

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Mirjam Goller – 12<br />

Schnecke als ‚Imag<strong>in</strong>ationsarsenal’, als Medium von Kulturproduktion. Er baut auf der<br />

Schnecke auf. Die Wahl, wiederum Gebäude auf die Häuser der Schnecken aufzusetzen, heißt<br />

e<strong>in</strong>erseits metaphorische Formgebung im S<strong>in</strong>ne von Kunst als Form, zeigt andererseits e<strong>in</strong><br />

reflexives und steigerndes Moment auf: Die Schnecke br<strong>in</strong>gt hervor, ist Kunsterzeuger<strong>in</strong> par<br />

excellence, Kunst als selbstreflexives System br<strong>in</strong>gt wiederum sich selbst hervor. Die<br />

Gebäude auf den Rücken der Schnecken s<strong>in</strong>d – ebenso natürlich wie unnatürlich – Varianten<br />

ihrer selbst, s<strong>in</strong>d Überbau im eigentlichen S<strong>in</strong>ne.<br />

Dass Kunst jeder Gattung wiederum auf sich selbst verweist und sich <strong>in</strong> Zitatspielen und<br />

Allusionsketten ergeht, ist Theoriebestand des späten 20. Jahrhunderts. Kunst als Verfahren<br />

und die anschließende Entblößung dieser Verfahren ist theoretische Erkenntnis der russischen<br />

Formalisten zu Zeiten der Avantgarde. Entblößung dieser Entblößung ist wiederum Bestand<br />

postpostmoderner Bef<strong>in</strong>dlichkeit. 29<br />

Kunst macht sich und ihre Entstehung sichtbar. Sie zeigt sich selbst. Sie zeigt auch den<br />

Grund, auf dem sie gedeiht. In L №1 s<strong>in</strong>d zunächst sämtliche Formen sichtbar, und eben auch<br />

der Grund, auf dem die Schnecken kriechen, der bergartig aufgeschichtete, runde<br />

Komposthaufen, ist deutlich ausgestellt.<br />

Dass sie dabei mäandernd oder ohne ersichtliches Ziel und auch sche<strong>in</strong>bar zeitlos auf e<strong>in</strong>em<br />

Humushaufen herumwandern, ist hier ebenfalls sichtbar. Dabei spielt die Natur nur noch die<br />

Rolle e<strong>in</strong>er Metapher von Humus und Vergangenheit.<br />

In <strong>Fox</strong>’ Videoarbeit L №3 – Malevičs Schnecke (ebenfalls Luzern 2007) br<strong>in</strong>gt die Schnecke<br />

nur sich selbst hervor: In e<strong>in</strong>er Ecke des Ausstellungsraumes ist <strong>in</strong> etwa drei Metern Höhe e<strong>in</strong><br />

schwarzer Kubus aus Gummistreifen angebracht, <strong>in</strong> den der Betrachter über e<strong>in</strong>e Leiter<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>klettern und dort e<strong>in</strong> Video ansehen kann.<br />

28<br />

<strong>Anselmo</strong> <strong>Fox</strong>, L №1, lebende mit Papiermodellen überbaute We<strong>in</strong>bergschnecken, Komposthaufen, 6m,<br />

Kunstpanorama Luzern 2007.<br />

29<br />

Vgl. hierzu Mirjam Goller, "Flüssige Körper. Verortungen und Verformungen des Anthropomorphen<br />

(Literatur und Literaturtheorie)", <strong>in</strong>: K<strong>in</strong>etographien, hg. v. Inke Arns u.a., Bielefeld 2004, 251-284.

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