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[erscheint in: Poesie intermedial - Anselmo Fox

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Mirjam Goller – 7<br />

Zusammenhang mit empirisch-naturwissenschaftlichen oder mathematischen Phänomenen. In<br />

der Mathematik spielt sie als natürliche Anschauung e<strong>in</strong>er Spiralform e<strong>in</strong>e Rolle, wie z.B.<br />

Albrecht Dürer sie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Unterweysung zur Messung 17 untersucht hat.<br />

Wie der Begriff des Poetischen Bestandteil aller Künste se<strong>in</strong> kann, besiedelt die Schnecke<br />

diverse Diskurse.<br />

Es geht im folgenden um e<strong>in</strong>e aktuelle Denkversion des Poetischen, das hier an der Bildenden<br />

Kunst gezeigt wird und das aber weniger gattungsspezifisch als epochenspezifisch zu<br />

verstehen ist. Die Arbeiten, um die es hier geht, könnten und können zu ke<strong>in</strong>em anderen<br />

Zeitpunkt als dem gegenwärtigen entstanden se<strong>in</strong>, setzen sie doch ästhetiktheoretisches,<br />

kunsthistorisches und kulturwissenschaftliches Wissen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kulm<strong>in</strong>ierenden Wendung<br />

voraus. 18 In den angesprochenen Bereichen – Ästhetik, Kunst- und Baugeschichte und<br />

Kulturwissenschaft, <strong>in</strong> Anklängen auch Zoologie – s<strong>in</strong>d bereits Bereiche angesprochen, die<br />

auf e<strong>in</strong>e diskursive Sammlung schließen lassen. Die Sammlung – oder eben Verdichtung, um<br />

die räumliche Vorstellung von 'Viel an e<strong>in</strong>em Ort' <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Wort zu fassen – von diversem<br />

Wissen spielt im folgenden noch e<strong>in</strong>e Rolle.<br />

In <strong>Anselmo</strong> <strong>Fox</strong>' Arbeiten bündelt sich Vergangenes, türmt sich zu Gegenwärtigem und wird<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er überraschenden Wendung zu e<strong>in</strong>er neuen Spitze getrieben.<br />

Ort der Schnecke: Schädel, Schiff, Kern, Knochen, Kalk<br />

Schnecken wären wohl auch für Michel Foucault 'Imag<strong>in</strong>ationsarsenale', Heterotope, als deren<br />

eigentliche Form er Schiffe bezeichnet, Orte ohne Orte bzw. Orte ohne Anb<strong>in</strong>dung, aus deren<br />

paradoxer Verb<strong>in</strong>dung von Geschlossenheit und Bewegung Imag<strong>in</strong>ation entsteht. 19 Und damit<br />

ist Jurgis Baltrušaitis recht gegeben, der die phantastischen Schiffe auf mittelalterlichen<br />

Gemälden als Fortsetzung der antiken Schneckenmetaphorik sieht. 20 Anders als all jene, die<br />

sich vor allem mit der Wendelung und Spiralform und der hervorbr<strong>in</strong>genden Öffnung des<br />

Schneckenhauses beschäftigten, tritt bei Foucault die Bewegung h<strong>in</strong>zu, die den euklidischen<br />

16 Die metaphorische Verwendung der Spirale durch Jacques Lacan <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er psychoanalytischen<br />

Transformation von Freuds Verdichtung gehört ebenfalls <strong>in</strong> den Kanon der visuellen und wissenschaftlichen<br />

Beschreibungen.<br />

17 Albrecht Dürer, Unterweysung der Messung. Um e<strong>in</strong>iges gekürzt und neuerem Sprachgebrauch<br />

angepasst, herausgegeben sowie mit e<strong>in</strong>em Nachwort versehen von Alfred Pelzer, München 1908.<br />

18 Inwiefern sich das Poetische vom Ästhetischen als Qualität und Eigenart von Kunst unterscheidet,<br />

bleibt als Frage im folgenden durchaus präsent, tritt aber h<strong>in</strong>ter die Frage nach dem neuen Poetischen als<br />

spezifische Eigenart der Gegenwart(skunst) und vor allem der Kunst von <strong>Anselmo</strong> <strong>Fox</strong> zurück.<br />

19 Michel Foucault, "Andere Räume", <strong>in</strong>: Aisthesis. Wahrnehmung oder Perspektiven e<strong>in</strong>er anderen<br />

Ästhetik, hg. v. Karlhe<strong>in</strong>z Barck. u.a., Leipzig 1990, 34-46<br />

20 Baltrušaitis, Das phantastische Mittelalter, 85-89.

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