Pazifismus in den geistigen Kämpfen unserer Zeit - DSS
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„Im Grunde“, so resümiert Karl Herbert, „war es die gleiche Situation wie <strong>in</strong><br />
<strong>den</strong> vorangegangenen Debatten um Wiederbewaffnung und Wehrpflicht: Auf<br />
der e<strong>in</strong>en Seite die, die bedrängende Gewissensfragen stellten und Konsequenzen<br />
forderten, wobei sie sich dem Verdacht der Schwärmerei aussetzten,<br />
auf der anderen Seite jene, die im Blick auf die politischen Realitäten und unter<br />
Berufung auf die re<strong>in</strong>liche Scheidung der bei<strong>den</strong> Reiche <strong>den</strong> ihnen aufgetragenen<br />
Trost des Gewissens betonten“. 63<br />
Am Ende der Synode wurde der Militärseelsorgevertrag mit der erforderlichen<br />
Zweidrittelmehrheit ratifiziert. Diese Mehrheit war dadurch zustande gekommen,<br />
daß sich die Synodalen aus der DDR nicht ihrer Stimme enthalten hatten,<br />
obwohl sie der Inhalt des Vertrages doch überhaupt nicht betraf.<br />
Damals veranlaßte die Ratifizierung des Militärseelsorgevertrags durch Synodale<br />
aus der DDR die Regierung des ostdeutschen Staates, ihr Verhältnis zu <strong>den</strong><br />
evangelischen Kirchen <strong>in</strong> ihrem Land zu über<strong>den</strong>ken und kritisch neu zu<br />
gestalten.<br />
Taktische Atomwaffen als "Erweiterung der Artillerie"<br />
Am 2. April 1957, also wenige Wochen danach, wurde durch e<strong>in</strong>e Große Anfrage<br />
der SPD an <strong>den</strong> Deutschen Bundestag bekannt, daß die Bundesregierung<br />
im Rahmen der NATO die Bewaffnung der Deutschen Bundeswehr mit<br />
Atomwaffen anstrebte.<br />
Drei Tage später, am 12. April 1957, erklärte der Bundeskanzler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pressekonferenz,<br />
daß die Deutschen die Entwicklung h<strong>in</strong> zu <strong>den</strong> taktischen Atomwaffen<br />
nicht stoppen könnten. Sie könnten sich nur anpassen. Aber man müsse<br />
zwischen <strong>den</strong> große Atomwaffen und <strong>den</strong> taktischen Waffen unterschei<strong>den</strong>.<br />
Wörtlich fuhr er fort. „Die taktischen Waffen s<strong>in</strong>d nichts anderes als die<br />
Weiterentwicklung der Artillerie“. 64 Damit war die erste große Atomwaffendiskussion<br />
<strong>in</strong> der Geschichte der BRD eröffnet.<br />
Die Gött<strong>in</strong>ger Erklärung der 18 Atomwissenschaftler und ihre Folgen<br />
E<strong>in</strong>e Woche später, am 12. April 1957, sorgte e<strong>in</strong>e Erklärung aus Gött<strong>in</strong>gen von<br />
achtzehn Atomwissenschaftlern von Weltruf für die Richtigstellung der<br />
A<strong>den</strong>auerschen Behauptung und die Aufklärung der Öffentlichkeit. Sie wiesen<br />
u.a. darauf h<strong>in</strong>, daß die taktischen Atomwaffen die Zerstörungskraft von Atombomben<br />
hätten. Jede e<strong>in</strong>zelne Atomgranate hätte e<strong>in</strong>e ähnliche Wirkung wie die<br />
erste Atombombe <strong>in</strong> Hiroshima. „Heute kann e<strong>in</strong>e taktische Atomwaffe e<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e Stadt zerstören, e<strong>in</strong>e Wasserstoffbombe aber e<strong>in</strong>en Landstrich von der<br />
Größe des Ruhrgebietes zeitweilig unbewohnbar machen. Durch ihre Verbreitung<br />
von Radioaktivität könnte man mit Wasserstoffbomben die Bevölkerung<br />
63 Ebd., S. 260.<br />
64 Ebd., S. 268.