Pazifismus in den geistigen Kämpfen unserer Zeit - DSS
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was sie als Ziel h<strong>in</strong>stellen – Frie<strong>den</strong> –, zur Grundlage ihres Bestehens zu<br />
machen? Was daran h<strong>in</strong>dert? Das Gesetz der Trägheit e<strong>in</strong>erseits und andererseits<br />
der geschürte Nationalhaß, die von der lärmendsten Partei <strong>in</strong> jedem Land<br />
– der Kriegspartei – stets unterhaltene Hetze.“ 11<br />
Den E<strong>in</strong>fluß dieser Kriegspartei auf die öffentliche Me<strong>in</strong>ung soweit zurückzudrängen,<br />
daß Abrüstung und gesicherter Frie<strong>den</strong> möglich wer<strong>den</strong>, dar<strong>in</strong> sah<br />
die Deutsche Frie<strong>den</strong>sgesellschaft ihre vornehmste Aufgabe. Mit ihrem Aufruf<br />
„An das deutsche Volk“ erklärte sich die am 9. November 1892 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
tagende Gründungsversammlung der Deutschen Frie<strong>den</strong>sgesellschaft zum<br />
„Vere<strong>in</strong>igungspunkt“ für alle, „<strong>den</strong>en es wünschenswert ersche<strong>in</strong>t, daß die aufe<strong>in</strong>ander<br />
angewiesenen Staaten sich durch Verträge verpflichten, alle unter<br />
ihnen entstehen<strong>den</strong> Streitigkeiten durch <strong>in</strong>ternationale Schiedsgerichte zu entschei<strong>den</strong>.“<br />
Weiter hieß es <strong>in</strong> diesem Aufruf: „Wir verfolgen dieses Ziel mit<br />
praktischen Mitteln, von allen diesen Mitteln ist das mächtigste die öffentliche<br />
Me<strong>in</strong>ung: wenn die Zahl der Mitglieder der Frie<strong>den</strong>sgesellschaften erst so groß<br />
gewor<strong>den</strong> ist, daß der Ausdruck ihres Willens der Ausdruck des Volkswillens<br />
ist, dann wird ke<strong>in</strong>e Macht imstande se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en Krieg zu entfesseln, dann, und<br />
nur dann wird auch die Furcht vor dem Kriege und mit ihr die Ursache der zur<br />
unerträglichen Last gewor<strong>den</strong>en Rüstungen verschw<strong>in</strong><strong>den</strong>, unter der Europa<br />
seufzt.“ 12<br />
Der alten militaristischen Losung „Si vis pacem, para bellum!“ stellte die<br />
Frie<strong>den</strong>sbewegung am Ausgang des vorigen Jahrhunderts die Losung entgegen<br />
„Si vis pacem, para pacem!“ Obwohl die Begriffe <strong>Pazifismus</strong> und Pazifist<br />
erst auf dem Zweiten Weltfrie<strong>den</strong>skongreß 1901 <strong>in</strong> Glasgow geprägt und<br />
danach erst zum Bekenntnisbegriff derer wur<strong>den</strong>, die sich bis dah<strong>in</strong><br />
„Frie<strong>den</strong>sfreunde“, „friends of peace“ und „amis de la paix“ genannt hatten, ist<br />
es <strong>in</strong>zwischen üblich gewor<strong>den</strong>, die bürgerliche Frie<strong>den</strong>sbewegung auch vor<br />
1901 als pazifistische Bewegung zu bezeichnen. Der Theologe WALTER<br />
BREDENDIEK hat für das bürgerliche (nichtproletarische) Frie<strong>den</strong>s-Engagement<br />
vor dem Ersten Weltkrieg die Bezeichnung „Klassischer <strong>Pazifismus</strong>“<br />
e<strong>in</strong>geführt und m.E. völlig zurecht betont, daß damals unter „<strong>Pazifismus</strong>“<br />
etwas wesentlich anderes verstan<strong>den</strong> wurde als das, „was heute im unreflektierten<br />
Sprachgebrauch ebenso wie <strong>in</strong> der politischen und wissenschaftlichen<br />
Literatur mit dem Wort verbun<strong>den</strong> wird.“ 13 Nicht deutlich genug kann hervorgehoben<br />
wer<strong>den</strong>, daß das Frie<strong>den</strong>s-Engagement des Klassischen <strong>Pazifismus</strong><br />
von e<strong>in</strong>em außeror<strong>den</strong>tlich kämpferischen Humanismus getragen war, dem<br />
11 Ebenda, s. 233.<br />
12 Gründungsaufruf der Deutschen Frie<strong>den</strong>sgesellschaft. 1892. In: W. Fritsch u.a.(Hrsg.):<br />
Sturm läutet das Gewissen. Berl<strong>in</strong> 1980, S. 195.<br />
13 W. Bre<strong>den</strong>diek: Zur Bedeutung des „klassischen“ <strong>Pazifismus</strong> für die Anfänge christlicher<br />
Frie<strong>den</strong>sarbeit <strong>in</strong> Deutschland. In: Standpunkt. Evangelische Monatsschrift. Berl<strong>in</strong> 12(1984)6.<br />
– Hier zitiert nach: Kirchliche Bruderschaft Sachsens: Christliche Frie<strong>den</strong>sarbeit heute.<br />
Dres<strong>den</strong> 1984, S.2.