Abbott Times - ABBOTT Diagnostics
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18 Forum<br />
Impfen in Deutschland –<br />
ein kontroverses Thema<br />
Impfen ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Dies<br />
zeigte sich im letzten Jahr durch das Chaos um die Vogelgrippe-Impfung.<br />
Die Ereignisse haben zu viel Aufregung<br />
geführt und dem Impfgedanken in gewisser Weise<br />
geschadet. Genauso wie die Diskussion um die Papillomvirus-Impfung,<br />
bei der nicht nur von militanten Impfgegnern,<br />
sondern auch von tatsächlichen Experten Argumente<br />
aufgegriffen wurden, deren Richtigkeit fraglich ist.<br />
Die Impfungen, um die es vonseiten der Impfgegner und<br />
Impfskeptiker immer wieder Debatten gibt, sind die von<br />
der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-<br />
Instituts empfohlenen 15 Standardimpfungen gegen:<br />
Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilus influenzae<br />
Typ b, Poliomyelitis, Hepatitis B, Pneumokokken, Meningokokken,<br />
Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Humane<br />
Papillomviren. Kinder bekommen in den ersten beiden<br />
Lebensjahren alle Grundimpfungen. Jugendliche erhalten<br />
neuerdings die HPV-Impfung und eventuell Nachimpfungen,<br />
falls Impfungen im Kindesalter verpasst wurden.<br />
Erwachsene benötigen Auffrischimpfungen, da kein<br />
Impfschutz ein Leben lang hält. Über 60-Jährige sollten<br />
sich darüber hinaus gegen Influenza und Pneumokokken<br />
impfen lassen (Tab. 1).<br />
Impfgegner äußern immer wieder Bedenken gegenüber<br />
diesen Impfungen. Im Folgenden werden die Ursachen<br />
dieser Hauptbedenken erörtert und wie man ihnen<br />
begegnen kann.<br />
Tab. 1: Impfempfehlung der STIKO<br />
Kinder Jugendliche Erwachsene<br />
n Tetanus<br />
n Diphtherie<br />
n Pertussis<br />
n Poliomyelitis<br />
n Haemophilus<br />
influenzae<br />
Typ b<br />
n Hepatitis B<br />
n Pneumokokken<br />
n Meningokokken<br />
n Masern<br />
n Mumps<br />
n Röteln<br />
n Varizellen<br />
n HPV<br />
(Mädchen)<br />
Auffrischimpfungen<br />
n Tetanus<br />
n Diphtherie<br />
n Pertussis<br />
n Poliomyelitis<br />
Nachholimpfungen<br />
n Hepatitis B<br />
n Masern<br />
n Mumps<br />
n Röteln<br />
n Varizellen<br />
Auffrischimpfungen<br />
n Tetanus<br />
n Diphtherie<br />
Ab 60 Jahren<br />
n Influenza<br />
n Pneumokokken<br />
Eines der Argumente, die immer wieder aufgegriffen<br />
werden, ist: „Die meisten Infektionskrankheiten sind doch<br />
verschwunden und Impfungen deswegen nicht mehr<br />
nötig.“ Tatsache ist, dass wir Infektionen nicht mehr in<br />
dem Maße haben wie noch vor 100 Jahren. Dies zeigen<br />
auch die Daten des Robert Koch-Instituts (Tab. 2).<br />
Bei nur vier Fällen in sechs Jahren könnte man sagen,<br />
dass es die Diphtherie nicht mehr gibt. Warum also sein<br />
Kind impfen lassen? Ein gutes Beispiel dafür ist Russland,<br />
wo es bis zu den 80er-Jahren immer wieder Diphtherie-<br />
Fälle gab. Dann wurde die Impfung eingeführt und es<br />
traten kaum noch Diphtherie-Fälle auf. Da der Impfstoff zu<br />
leichten Befindlichkeitsstörungen führte, ließen in der<br />
Folge immer mehr Eltern ihre Kinder nicht mehr impfen.<br />
Dies zeigte so lange keine Auswirkungen, bis in den 90ern<br />
der Zusammenbruch der UdSSR erfolgte. Dadurch kam<br />
es zu etlichen Bevölkerungsverschiebungen. Zudem war<br />
der Afghanistan-Krieg zu Ende und die Soldaten, von<br />
denen einige an Diphtherie erkrankt waren, kehrten<br />
zurück. Die Folge war eine explosionsartige Ausbreitung<br />
der Diphtherie mit 140.000 Infizierten und 4000 Verstorbenen.<br />
Das zeigt, dass die Krankheit nicht verschwunden<br />
war – im Gegenteil, sie kann sehr schnell wieder kommen<br />
und sich in einer nicht geimpften Population rasch<br />
ausbreiten. Die meisten Infektionskrankheiten sind also<br />
nur verschwunden, weil geimpft wird.<br />
Viele Infektionskrankheiten sind nur verschwunden,<br />
weil geimpft wird! Sie können bei nachlassender<br />
Impfbereitschaft wieder auftauchen.<br />
Ein anderes Argument, das man häufig hört, ist: „Besser<br />
als gegen Kinderkrankheiten zu impfen ist, sie durchzumachen.“<br />
Diese Meinung hat die bekannten „Masern-Partys“<br />
zur Folge. Bei diesen Partys werden bewusst gesunde,<br />
nicht gegen Masern geimpfte Kinder mit akut an Masern<br />
erkrankten Kindern zusammengeführt. Ziel ist die Ansteckung<br />
der nicht geimpften Kinder mit Masern, damit diese<br />
die Krankheit und die der Erkrankung meistens folgende<br />
Immunität entwickeln. Das hat vielleicht vor 100 Jahren<br />
Sinn gemacht, weil man umso weniger schwer erkrankt,<br />
je früher man die Erkrankung durchgemacht hat (wenn es<br />
nicht gerade im 1. Lebensjahr ist). Heutzutage ergibt das<br />
natürlich keinen Sinn mehr, da auch eine für so harmlos<br />
gehaltene Maserninfektion zu einer schweren Komplikation<br />
wie der Masernenzephalitis führen kann.<br />
Im Jahr der Fußballweltmeisterschaft 2006 fand in<br />
Deutschland eine Masernepidemie statt. Es wurden<br />
insgesamt 2307 Masernfälle gemeldet. Davon mussten<br />
344 Erkrankte stationär aufgenommen werden. Darunter<br />
gab es 45 Fälle von Mittelohrentzündung, 51 Fälle von