Jahrbuch 2006 - Deutscher Böhmerwaldbund e.V.
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Köchin ihren Lohn für die viele Küchenarbeit bekam. Nun wurde die richtige<br />
Suppe aufgetragen. Es folgten der Schweinebraten mit Knödeln und Kraut, danach<br />
Lammfleisch (eigentlich Schöpsernes) mit Kartoffeln und Salat und zum Schluss<br />
Geselchtes mit Sauerkraut.<br />
Während des Essens kam die „wilde Braut“. Im Arm trug sie eine Puppe, die wie<br />
ein Baby eingewickelt war, unterm Kleid hatte sie ein Kissen, so dass sie wie eine<br />
hochschwangere Frau aussah. Sie behauptete, dass ihr der Franz die Ehe versprochen<br />
hatte, und dass er nun sein Wort gebrochen und die Resl da geheiratet habe.<br />
Sie hätte ihm geglaubt. Deswegen ist er der Vater von dem Kind im Wickelposter<br />
und von dem in ihrem Bauch. Sie verlangte eine Abfindung, denn sie wolle die<br />
Neuvermählten nicht auseinander bringen. Es entspann sich ein langer Dialog,<br />
bei dem so Manches gesagt wurde, was sich in seinem Leben und in der Zeit, in<br />
der er mit Resl ging, zugetragen hatte. Das war ein kleines Theater zur Erheiterung<br />
der Hochzeitsgäste. Später wurde der Brautschuh versteigert. Eine Person<br />
hatte ihn der Resl unterm Tisch ausgezogen, während sie unaufmerksam war. Ein<br />
früherer Verehrer ersteigerte ihn. Das Geld bekam sie. Dann verlangte der frühere<br />
Verehrer, dass sie mit ihm tanze. Weil das aber nicht ging, da sie ja nur einen<br />
Schuh hatte, musste er ihr den zweiten anziehen, was sich ebenfalls zu einem<br />
kleinen Theater auswuchs. Am Abend kamen die Musikanten, die zum Tanz aufspielten.<br />
Das Brautstehlen konnte nicht stattfinden, weil die nächsten Wirtshäuser<br />
zu weit entfernt waren, und ein Auto hatte damals noch keiner. Befanden sich<br />
Kinder bei der Hochzeitsgesellschaft, so warf der Bräutigam Zuckerla (Bonbon)<br />
unter die Gäste. Es waren aber keine in Papier eingewickelte Bonbon, denn diese<br />
waren damals doch noch teuer, sondern farbige kleine Kugeln. Die Kinder krochen<br />
dann in ihren Hochzeitskleidern auf dem Boden umher, sie kamen auch<br />
unter die Tische und zwischen die Beine der erwachsenen Gäste, was denen nicht<br />
immer gefiel. Wenn der Bräutigam zu früh mit dem Zuckerlwerfen begann, konnte<br />
es vorkommen, dass so eine Süßigkeit in die Suppe oder ins Sauerkraut fiel,<br />
was an den Geschmack dieser Speisen nicht hob.<br />
Ernst Braun<br />
Bergarnika – die Channesblume<br />
Wer von uns kennt sie nicht die Arnikablume, von unseren Ahnen auch<br />
Channesblume genannt, weil sie im Sommer um Johanni, 24. Juni, blüht. Den<br />
Johannes nannte man im Volksmund auch Hannes oder Channes, davon wurde<br />
der Blumenname abgeleitet. Ihr lateinischer Name ist Arnica montana, sie wird<br />
auch Junniskraut genannt, Bergwohlverleih, Wohlgemut und Sonnenkraut. Letzterer<br />
Name wohl deshalb, weil ihre Blüte eine sonnenähnliche Form mit den dazugehörigen<br />
Strahlen aufweist. Allgemein wird die Arnika als Wunderkraut gepriesen.<br />
In vielfacher Hinsicht und bei verschiedenen Krankheiten brachte die<br />
Blume Heilung, zumindest Linderung. Von der Heilwirkung einer Tinktur, die<br />
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Die Aussicht vom Schöninger wird als die umfassenste des ganzen<br />
Böhmerwaldes bezeichnet. Bei entsprechender Wettersicht ist ein Blick<br />
auf die österreichischen Alpen möglich, die am oberen Bildteil zu sehen<br />
sind. In Richtung Ötscher, Dachstein, Watzmann, Großglockner geht dieser<br />
Blick. Foto: Josef Seidel, Krummau. Diese Ansicht wurde 1934 über<br />
die Theresienhütte auf dem Schöninger versandt. (Sammlung Reinhold<br />
Fink)<br />
aus den Blüten gewonnen wird, waren Generationen von Menschen überzeugt.<br />
Noch heute findet sie in neuzeitlichen Naturheilmitteln vielfach Verwendung. –<br />
Die Blume Arnika, eine 20-50cm hohe Pflanze, wächst vor allem auf den kalkarmen<br />
Böden der Bergwiesen. Sie ist bis zu einer Höhe von 1000 Metern häufig<br />
anzutreffen. In früheren Zeiten sind die Bergwiesen oft arg geplündert und dabei<br />
große Bestände mit Arnikablumen vernichtet worden. Die Menschen wussten<br />
von der Heilwirkung der Pflanze und holten ganze Bündel davon nach Hause,<br />
ohne dabei zu bedenken, dass damit auch Raubbau getrieben wurde. Die heilsame<br />
Arnikatinktur ist nachweislich schon in den naturkundlichen Büchern der<br />
Hildegard von Bingen (1089-1179) schriftlich erwähnt. Der fein behaarte Stängel<br />
der Pflanze hat rossetartig angeordnete Grundblätter und zwei gegenständige<br />
Stängelblättchen. Nach oben verzweigt sich der Stiel in zwei bis drei orangegelbe<br />
Blütenköpfchen. Diese Blüten werden Ende Juni gesammelt und in Alkohol angesetzt.<br />
Man stellt den Behälter ungefähr 14 Tage an einem warmem Platz, am<br />
besten in die Sommersonne. Danach ist die Tinktur gebrauchsfertig. Bei Wundbehandlungen<br />
hat diese Flüssigkeit verblüffende Wirkung erzielt. Besonders mit<br />
Einreibungen von Schwerkranken, konnte Wundliegen verhindert werden. Bei<br />
Sportverletzungen, Quetschungen, Verstauchungen, Muskelschmerzen hilft Arnika<br />
gleichfalls nachhaltig. In alter Zeit, wo es nicht an jeder Straßenecke eine<br />
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