Jahrbuch 2006 - Deutscher Böhmerwaldbund e.V.
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Willi Jung, Holzschuhmacher<br />
In Alt-Langendorf im Haus Nr. 103 (die<br />
Hausnummer existiert übrigens heute<br />
noch) war nun so eine kleine Neischl-<br />
Werkstatt eingerichtet. Mein Onkel<br />
Willibald Müller, der „Binder<br />
Willibald“ verstand dieses Handwerk<br />
sehr gut. Er fertigte am Wochenende für<br />
den Eigenbedarf und für Verwandte und<br />
gute Bekannte eben solche Holzschuhe.<br />
Mein Vater, der Jokuberl Rudolf, hatte<br />
sich dieses Hobby auch zu eigen gemacht<br />
und schnitzte für sich und seine<br />
Familie ebenfalls „Neischln“. Die Sohle<br />
bestand aus Holz und das Oberteil aus<br />
Leder.<br />
Man brauchte für dieses Handwerk verschiedene<br />
Werkzeuge. Ein kleines Beil,<br />
eine kleine Säge (bei uns war das ein „Sagl“), dann ein Stemmeisen und ein<br />
Roafmesser, ein Schnitzmesser, auch Hohlmesser genannt, und nicht zuletzt eine<br />
Hoazlbank. Rindleder für das Oberteil und kleine Spezialnägel kamen dazu.<br />
Die Werkzeuge mussten natürlich immer sehr scharf geschliffen sein und dazu<br />
benötigte man einen großen Drehschleifstein, den wir Kinder mit einer Handkurbel<br />
drehen durften. Darüber freuten wir uns sehr und dadurch bekamen wir von<br />
allen anfallenden Arbeiten mit dem Holz so manchen Kniff mit und durften<br />
manchmal auch ein bisschen mitarbeiten.<br />
Zuerst wurden 35 - 40 cm lange Holzstücke gesägt, diese in ca. 10 cm dicke und<br />
ca. 20 cm breite Platten gehauen, das war dann der Rohling für die Neischln. Die<br />
Größe wurde mittels Auflage des Fußes aufgezeichnet. Mit dem „Sagl“ wurde<br />
der Absatz geschnitten. Das Roafmesser benötigte man um die Sohle grob zu<br />
bearbeiten und mit dem runden Stemmeisen wurde das Fußbett ausgehöhlt. Für<br />
die Feinarbeit nutzte das Hohlmesser.<br />
Zuletzt kam das angepasste Leder darüber, das mit kleinen Spezialnägeln festgenagelt<br />
wurde. Der Rist und die Ränder verstärkte man mit einen Lederstreifen,<br />
um das Ausreißen des Leders zu verhindern und so eine längere Haltbarkeit zu<br />
erreichen.<br />
Durch Zufall bin ich auf einen Holzschuhmacher im Bayerischen Wald gestoßen,<br />
der neben seinem Rentnerdasein auch Kurse für Interessenten und Urlauber im<br />
„Neischl“ - machen gibt. Kurz entschlossen habe ich mich bei diesem Ur-Bayern<br />
zu einer „Lehre“ angemeldet. Er machte mir einen Holzschuh vor und den zweiten<br />
musste ich dann selbst machen.<br />
Scheinbar habe ich diese „Lehre“ bestanden, denn er klopfte mir zum Abschluss<br />
auf die Schulter und sagte: „Guat host’s gmocht! Etz trink ma no a boarisch Bier<br />
mitanand“.<br />
Auf dem Bild sind Meister und Lehrling zu sehen. Ich habe an diesem Tag wieder<br />
einiges dazugelernt und wir hatten eine richtige Gaudi, an die ich mich noch<br />
immer gerne erinnere. Seitdem mache ich mir meine Holzschuhe selber, die im<br />
Keller und auch im Garten sehr nützlich sind, denn man bekommt keine kalten<br />
Füße.<br />
Es macht mir richtig Spaß, dieses alte Handwerk wieder auszuüben, insgesamt ist<br />
es leider schon sehr in Vergessenheit geraten.<br />
Rosa Tahedl<br />
Gefällter Baum<br />
Im weichen Moos liegst du als mächtiger Riese,<br />
lang hingestreckt, den Tod schon spürend.<br />
Es scheint, als ob die Gräser rings herum<br />
in Trauer ihre Schmielen für dich rühren.<br />
Ich seh wie knochenbleich im breiten Stamm<br />
die Jahresringe um den Kern gelegt<br />
als Schicksalsspur in wechselvoller Dichte<br />
dein Leben Jahr um Jahr geprägt.<br />
Ein feiner Duft quillt noch aus allen Poren<br />
und pechige Tränen schimmern zart im Licht.<br />
In deinem Wachsen war kein Tag verloren<br />
bis jetzt Vollendung dir das Dasein bricht.<br />
Es ist so tröstlich auch in meinen Leben<br />
da manches Jahresschicksal wechselvoll gefügt<br />
als Urgesetz des Lebens mir gegeben, -<br />
doch jeder Tag davon in meines Schöpfers Händen liegt.<br />
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