Jahrbuch 2006 - Deutscher Böhmerwaldbund e.V.
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Jahren wieder auf ihre Rinde legte<br />
und sah, wie auch ihr Wipfel mit dürren<br />
Stecken in den Himmel bleckt,<br />
verstand ich es trotzdem wieder, das<br />
tröstliche Murmeln der herabrieselnden<br />
Herbstblätter: Jedes fallende<br />
Blatt hinterlässt eine fest verschlossene<br />
Knospe am Zweig und<br />
markiert so eine neue Lebensspur für<br />
das kommende Jahr. Auch Dein Lebensweg<br />
ist gezeichnet von Spuren,<br />
tiefen und seichten, welche Abdrücke<br />
der Erinnerung für die Zukunft bilden<br />
werden. Sei getrost, auch wenn<br />
wir beide vom Alter gezeichnet sind,<br />
so haben wir doch unsere Aufgabe als<br />
Baum und Mensch erfüllt. Ich schäle<br />
ein kleines weißes Rindenstück von<br />
der Borke - ein Lesezeichen für trübe<br />
Tage - und bin dankbar, dass ich die Sprache des Waldes verstehen lernen durfte.<br />
N.N.<br />
Zwei seltene Pflanzen des Schwarzen Sees<br />
Die Forscher Anton Fric, B. Hellich und W. Bavra haben in den Siebziger- und<br />
Achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts den Schwarzen See und den<br />
Teufelssee bei Eisenstein eingehend untersucht, sowohl was Größe und Tiefe, als<br />
auch Tierwelt und Pflanzenwesen anbelangt. Bekanntlich sind alle<br />
Böhmerwaldseen infolge des darin liegenden Holzes arm an Sauerstoff und es<br />
können Tiere und Pflanzen darin nur spärlich vorkommen. Und doch hat der<br />
Schwarze See zwei seltene Pflanzen, die sonst nirgends in Böhmen vorkommen.<br />
Es ist der Igelkolben oder Igelkopf, der nicht gar zahlreich in der Nähe des Hauptzutrittes<br />
zum See in der nordöstlichen Ecke vorkommt, wo dessen lange schmale<br />
Blätter am Wasser fluten. Der Igelkolben ist eine schilfähnliche Wasserpflanze<br />
mit am Grunde dreikantigen Blättern und endständigem aufrechtem Blüten- und<br />
Fruchtstand, worin stachelkugelig unten die weiblichen, oben die männlichen<br />
58<br />
Der Schwarze See ist der größte<br />
See des Böhmerwaldes. Foto:<br />
Josef Seidel, Krummau. (Sammlung<br />
Reinhold Fink)<br />
einhäusigen Blütenköpfe<br />
stehen.<br />
Die Blütenhülle<br />
selbst besteht aus 3<br />
bis 6 häutigen Blättern;<br />
die männlichen<br />
Blüten haben<br />
3 bis 6 Staubgefäße,<br />
die weiblichen<br />
eines oder zwei<br />
Fruchtblätter, die<br />
sich zu einer einoder<br />
zweisamigen<br />
Steinfrucht entwickeln.<br />
Die Samen<br />
enthalten ein mehliges<br />
Nährgewebe.<br />
Die zweite seltene<br />
Pflanze des<br />
Schwarzen Sees ist<br />
der Wasserfarn,<br />
das Brachsenkraut.<br />
Diese Pflanze findet<br />
sich bei vollgespanntem<br />
See in<br />
einer Tiefe von<br />
etwa 6 Meter unter<br />
dem Wasserspiegel in der Nähe des Abflusses am südlichen Ufer, dann unter der<br />
Seewand bei der Mündung des Seebaches. Nur bei niedrigem Wasserspiegel ist<br />
das Brachsenkraut aus dem sandigen, zwischen Felsblöcken gelagerten Boden<br />
durchschimmernd zu sehen, da das Seewasser nur bis 2.60 m durchsichtig ist.<br />
Das Brachsenkraut kommt meist in den Mittelmeerländern vor, besonders auf<br />
dem Grunde von Seen in Europa, aber auch in Nordamerika. Es hat 5 bis 30 cm<br />
lange pfriemenförmige Blätter, steif und von dunkelgrüner Farbe, an der Oberfläche<br />
sind sie höckerig-kernig. Eine dritte Pflanze, das Habichtskraut, ist im Sommer<br />
in der Nähe des Schwarzen Sees zu finden, auffallend dadurch, als sie hier<br />
die Nordgrenze ihrer Verbreitung in Europa erreicht und sonst nirgends in Böhmen<br />
mehr zu finden ist. Im Schwarzen See kommt auch eine Wurmart vor, der<br />
Stylodrilus gabretae Bejd. Den Namen Gebreta hat er nach dem Geschichtsforscher<br />
Balbin, bei dem Silva gabreta der Böhmerwald ist, den Namen Bejd vom<br />
Pflanzenforscher Bejdovsky. Dieser Wurm kommt sonst in Böhmen nur in einem<br />
sumpfigen Graben zwischen Panzer und Spitzberg vor. Im See ist dieser Wurm in<br />
etwa 15m Tiefe im Schlamm zu finden. Wir sehen also, dass der durch<br />
Gletscherabrutschung entstandene Schwarze See, der sonst arm an Pflanzen und<br />
Tieren ist, einige Seltenheiten der Pflanzen- und Tierwelt aufweist. Aus „Waldheimat“<br />
9/1928<br />
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