Jahrbuch 2006 - Deutscher Böhmerwaldbund e.V.
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Anna Klarner: Herbst<br />
Anna Klarner: Seerosen<br />
Anna Klarner<br />
Kindheit im<br />
Böhmerwald<br />
Kürzlich waren wir bei<br />
Freunden eingeladen. Ein<br />
großes schönes Haus, ein<br />
Kinderzimmer voll mit den<br />
vielseitigsten Spielsachen.<br />
Es dauerte nicht lange, da<br />
standen die Kinder um die<br />
Kaffeetafel der Erwachsenen<br />
und klagend kam der<br />
Spruch: „Uns ist langweilig!“<br />
Diese Aussage ist bezeichnend,<br />
die Kinder sind<br />
so sehr mit vorgegebenen<br />
Spielmöglichkeiten überfüttert,<br />
sodass die eigene Kreativität, die eigene Phantasie auf der Strecke bleibt.<br />
Langeweile - ein Wort das in unserer Jugend unbekannt war. Der Tag war je nach<br />
Jahreszeit ausgefüllt mit den vielseitigsten Aktivitäten und immer kam die Aufforderung<br />
der Eltern, dass es nun Zeit zum Schlafengehen sei, zu früh. Die Winter<br />
damals, lang und schneereich, brachten das herrliche Vergnügen auch noch<br />
bei einbrechender Dunkelheit, bei gelegentlichem Mondlicht, mit dem Schlitten<br />
über die Hügel hinter den Häusern hinab zu sausen. Es bedurfte keiner teuren<br />
Ski-Ausrüstung, keiner langen Autofahrt in die Wintersport-Orte, kostenlos diente<br />
jeder Tag umweltschonend unserer Gesundheit, unserer Freude. Dann der Frühling!<br />
Den lieben, langen Tag im Freien zu verbringen, der weite Schulweg war in<br />
der Gruppe meist vergnüglich, wurde kaum als Last empfunden, um die Häuser<br />
zu tollen (ich kann mich nicht erinnern, dass man zum besonders „Leise-Sein“<br />
aufforderte) durch die Wasserpfützen zu stiefeln, Blumen in den Wiesen zu pflücken,<br />
„Kaufmannsläden“ aufzubauen, die mit den phantasievollsten Angeboten<br />
bestückt waren, z.B. Föhrenzapfen ergaben Knödel, Reisigstäbchen dienten als<br />
Nudeln, Steinchen wurden als Erbsen verkauft, mit Knöpfen wurde bezahlt usw..<br />
Der Sommer ein einziger Traum. Laubhütten im Wald bauen, die aufwendig mit<br />
Ästen gefestigt wurden um bei Gewitterstürmen zu bestehen, Schwimmen in den<br />
nahen Seen, Versteckspiele in Haus und Garten und Vieles mehr. Aber - am Ende<br />
dieser Jahreszeit gab es auch die Möglichkeit Taschengeld zu verdienen. Pfiffer-<br />
linge, Steinpilze und Rotkappen<br />
wurden an Sammelstellen<br />
angekauft und voller Begeisterung<br />
durchstreiften wir die<br />
Wälder, um diese Einnahmequelle<br />
zu nützen. Weniger<br />
vergnüglich war das Beerenpflücken<br />
(Erdbeeren, Heidelbeeren,<br />
Himbeeren, Preiselbeeren)<br />
zu dem wir Kinder<br />
voll herangezogen wurden,<br />
um Vorräte für den Winter zu<br />
schaffen. Diese Pflichten zogen<br />
sich bis in den Herbst hinein,<br />
wo dann auch der Garten<br />
mit all dem Obst manche<br />
Arbeit für uns ergab. Aber<br />
Langeweile ? - Nie!<br />
Anna Klarner<br />
Der tote Baum am Weizenfeld<br />
Kopf an Kopf, Millionen Ähren,<br />
am Horizont ein dürrer Baum.<br />
Kann der Gedanken mich nicht wehren,<br />
der Tod - auch hier gleich nebenan.<br />
Das Weizenfeld so voller Schönheit,<br />
voll Kraft, birgt allen Trost der Welt!<br />
Die dürren Äste, grau und leblos,<br />
harren der Axt, die sie bald fällt.<br />
Vier Wochen später - welch ein Hohn –<br />
der tote Baum<br />
grüßt mich von weitem schon.<br />
Vom Ährengold ist nichts zu seh’n,<br />
nur starr und bleich die Stoppeln steh’n.<br />
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