04.11.2013 Aufrufe

Untitled

Untitled

Untitled

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Das Kind fängt jetzt an zu begreifen, daß es eine Wirklichkeit<br />

gibt außerhalb der unmittelbaren Reichweite der Sinne, und beginnt<br />

sich innere Bilder oder Vorstellungen über diese Wirklichkeit zu<br />

bilden.<br />

Daß das Kind das Festhalten eines solchen inneren Bildes bewältigt,<br />

und es z.B. mit Lauten (Sprache) verbindet ist die Voraussetzung<br />

für die Bildung des Begriffes einer "Nicht-Wirklichkeit" -<br />

welche ich hier "Fiktion" nenne: Das geformte, erdichtete oder<br />

abgebildete 82 .<br />

Unter der Voraussetzung einer normalen Entwicklung bildet das<br />

Kind im Laufe der ersten Lebensjahre die grundlegende Auffassung<br />

von sich selbst als sinnlich wahrnehmendes Individuum einer selbständigen,<br />

außerhalb des Kindes existierenden Umwelt gegenüber.<br />

Es herrscht scheinbar eine breite Übereinstimmung, daß dieser Prozeß<br />

sehr wesentlich sowohl für die weitere Entwicklung des Kindes<br />

als auch für die Entwicklung der erwachsenen Persönlichkeit ist.<br />

Nach Winnicott bedient sich das Kind in dieser Periode oft eines<br />

besonderen Gegenstandes - eines "Übergangsobjektes".<br />

Es kann eine Windel, ein Tuch, ein Kuscheltier, oder vielleicht<br />

der "Nuckel" sein, und dieser Gegenstand erfüllt eine wichtige<br />

Funktion:<br />

"Diese Objekte und Phänomene geben jedem Menschen, was stets<br />

für ihn Bedeutung behalten wird: einen neutralen Erfahrungsbereich,<br />

der nicht in Frage gestellt wird. Hinsichtlich des<br />

Übergangsobjektes herrscht sozusagen eine Art Übereinkunft<br />

zwischen uns und dem Kleinkind, daß wir nie die Frage<br />

stellen werden: "Hast du dir das ausgedacht, oder ist es von<br />

außen an dich herangebracht worden?" Wichtig ist, daß eine<br />

Entscheidung in dieser Angelegenheit nicht erwartet wird.<br />

Die Frage taucht gar nicht erst auf" 83 .<br />

Für das Kind ist es sowohl/als auch: Vom Kind gemacht um gefunden<br />

zu werden. Es repräsentiert genau den Prozeß, im welchen die<br />

Gegenstände sich aus dem ("omnipotenten") Bewußtsein des Kindes<br />

"befreien" und zu eigenständigen "Wesen" werden, jeder mit seinen<br />

selbständigen, außerhalb des Kindes existierenden Eigenschaften.<br />

Man könnte sagen, daß das Kind sich die Gegenstände aneignet,<br />

indem es sich von ihnen trennt. Dadurch wird auch die eigene selbständige<br />

Existenz des Kindes bestätigt, seine erste Auffassung<br />

vom "Selbst": seinem subjektiven "ich".<br />

Das Übergangsobjekt wird vom Kind als ein Modell dieses Vorgangs<br />

immer wieder verwendet; es ist für das Kind ein Ding, das das<br />

Kind "ist", weil es dem Kind gehört, und - wie die meisten Eltern<br />

wissen müßten - darf man das Bedürfnis nach und die Verbundenheit<br />

mit diesem Gegenstand nicht übersehen.<br />

Das Kind würde - und im gewissen Sinne mit Recht - seine ganze<br />

Existenz bedroht fühlen, wenn es dieses Gegenstandes beraubt wird.<br />

Winnicott nennt diesen nicht-existierenden "Raum", den das Kind<br />

mit seinem Übergangsobjekt schöpft, "den potentiellen Raum", und<br />

nimmt an, daß dieser Raum sich durch die Jahren der Kindheit als<br />

21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!