Betrug zum Nachteil von Versicherungen - E+S Rück
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4. Gegenmaßnahmen und Risikoabwendung in der Versicherungswirtschaft<br />
4.1 Möglichkeiten der <strong>Betrug</strong>sabwehrarbeit in den Versicherungsgesellschaften<br />
<strong>Betrug</strong>serkennung im Alltagsgeschäft durch die<br />
Mitarbeiter<br />
Die Versicherer haben ihr Serviceangebot ständig<br />
erweitert und die Erwartungen ihrer Kunden<br />
geweckt. Im Interesse der Versicherungsnehmer<br />
zielt der Service dabei insbesondere auf schnelle,<br />
schlanke und unbürokratische Schadenprozesse.<br />
In den Versicherungsunternehmen lässt sich feststellen,<br />
dass sich die Sachbearbeitung <strong>von</strong> Versicherungsschäden<br />
in den letzten Jahren deutlich<br />
verändert hat. Insgesamt ist der Anteil an telefonischer<br />
Sachbearbeitung deutlich gestiegen,<br />
es werden mehr Schäden pro Mitarbeiter erfasst,<br />
sowie erforderliche Nachweise und Belege werden<br />
vom Versicherungsnehmer immer weniger<br />
erbracht bzw. gefordert. Hinzu kommt die Möglichkeit,<br />
dass beispielsweise Rechnungen oder<br />
Digitalbilder 55 durch den Versicherungsnehmer<br />
am Computer verändert und retouchiert werden<br />
können. Damit ist für die Versicherer ein erhebliches<br />
Maß an Kontrollmöglichkeit und Erkenntnisdichte<br />
verloren gegangen. Eine Prüfung bezüglich<br />
der Echtheit <strong>von</strong> Dokumenten ist aber<br />
unbedingt erforderlich. Im Sinne der zu erfüllenden<br />
Servicekonzepte, die bei den Versicherern bestehen,<br />
wird dieses Risiko bis zu einer bestimmten<br />
Größenordnung in Kauf genommen, um eine<br />
zügige Schadenbearbeitung gewährleisten zu<br />
können.<br />
Die Versicherer sind dabei durch unehrliche<br />
Versicherungskunden gefährdet, die diesen Umstand<br />
auszunutzen versuchen. Die Sachbearbeiter<br />
vermuten selbstverständlich nicht bei jedem<br />
angezeigten Versicherungsfall einen Versicherungsbetrug<br />
und behandeln nicht gleich jeden<br />
Versicherungsnehmer als potenziellen Betrüger.<br />
Erst, wenn es Anzeichen für unbegründete Ansprüche<br />
gibt, erfolgt eine intensivere Schadenprüfung.<br />
Das kann jedoch innerhalb eines Versicherungsunternehmens<br />
zu einem Widerspruch<br />
hinsichtlich Servicekonzept und <strong>Betrug</strong>sabwehrarbeit<br />
führen. Die Serviceerwartungen der Versicherungsnehmer<br />
an schnelle und bequeme<br />
Schadenabwicklungen stoßen auf die Forderung<br />
nach einer Schadenbearbeitung mit intensiver<br />
<strong>Betrug</strong>sabwehrarbeit, die manipulierte Schadenfälle<br />
in aufwändigen Prozessen herauszufiltern<br />
versuchen. Dieser Konflikt zwischen Serviceleistung<br />
und <strong>Betrug</strong>sabwehr eines Versicherers kann<br />
nur durch einen integrativen Lösungsansatz bewältigt<br />
werden. Know-how, Organisation, Workflow<br />
und Software sind dabei die vier erforderlichen<br />
Basiskomponenten.<br />
Betrachtet man die Lebensphasen eines Versicherungsverhältnisses,<br />
dann kann eine betrügerische<br />
Handlung schon vor bzw. bei Vertragsabschluss<br />
sowie im und nach einem Schadenfall<br />
vorliegen. Die <strong>Betrug</strong>sabwehrarbeit eines Versicherers<br />
sollte deshalb schon bei der Anbahnung<br />
eines Versicherungsvertragsverhältnisses beginnen.<br />
Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass ein<br />
Versicherungsnehmer, der schon vor Vertragsbeginn<br />
unrichtige Angaben gemacht hat, dasselbe<br />
auch in einem Schadenfall machen wird.<br />
Grundsätzlich kann auf Grund <strong>von</strong> Hinweisen und<br />
Indizien ein betrügerisches Verhalten erkannt<br />
werden. Es handelt sich dabei um technische, kriminalistische,<br />
wirtschaftliche und versicherungstechnische<br />
Hinweise.<br />
Technische Hinweise, Spuren oder Indizien sind<br />
bei bewusster Herbeiführung eines Schadens<br />
stets vorhanden. Bei einem Brand deuten z. B.<br />
mehrere Brandentstehungsherde, Nachweise<br />
<strong>von</strong> Brandbeschleunigern, außergewöhnliche<br />
Brandausbreitung oder Versagen der Brandschutzmaßnahmen<br />
auf eine mögliche Brandstiftung<br />
hin. Bei einem Diebstahl, der als Einbruchdiebstahl<br />
deklariert wurde, können Tatablaufüberprüfung<br />
und vorhandene Tatortspuren 56 auf ein<br />
betrügerisches Verhalten hinweisen.<br />
Kriminalistische Indizien ergeben sich möglicherweise<br />
aus dem Verhalten vor, während und nach<br />
dem Schadenfall seitens des Versicherungsnehmers<br />
und der Schadenbeteiligten. Im direkten Umfeld<br />
dieser Personen 57 oder durch Alibiüberprüfungen<br />
können weitere Hinweise erhalten werden.<br />
55<br />
Vgl. hierzu Weber (2004), S. 7–9: Bei einem Vergleich zwischen einer 3,3-Megapixel-Bilddatei und einem herkömmlichen Negativbild der Größe 24 x 36 mm<br />
wird deutlich, dass bei einer chemischen zehnmal mehr Informationen sichtbar werden, als bei der digitalen Fotografie. Deshalb sollte bei einem Einsatz einer<br />
Digitalkamera für Schadenaufnahmen stets darauf geachtet werden, dass viele Einzel- und Detailfotos angefertigt werden.<br />
56<br />
Denkbar sind hier auch fehlende Tatortspuren.<br />
57<br />
Hier sind besondere Abhängigkeiten oder Verbindungen der Personen untereinander, aber auch deren Leumund und mögliche Vorstrafen zu nennen.<br />
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