Betrug zum Nachteil von Versicherungen - E+S Rück
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entsteht. Wurden in der Vergangenheit frühere<br />
Anzeigen trotz des hohen Mehraufwandes nicht<br />
weiter <strong>von</strong> den Behörden verfolgt, kann das<br />
dazu führen, dass der Versicherer zukünftig auf<br />
die strafrechtliche Verfolgung verzichtet. Betrügerische<br />
Handlungen <strong>zum</strong> <strong>Nachteil</strong> <strong>von</strong> Versicherern<br />
gelten damit als eine Straftat, die für den<br />
Täter in der Regel neben hohen Verdienstmöglichkeiten<br />
nur ein äußerst geringes strafrechtliches<br />
Verfolgungsrisiko mit sich bringt. Sogar,<br />
wenn es zu einem Ermittlungsverfahren kommt,<br />
ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass das Verfahren<br />
eingestellt wird, als das es überhaupt<br />
eröffnet wird. Im Jahr 2000 sind beispielsweise<br />
<strong>von</strong> den 82.832 Personen, die wegen <strong>Betrug</strong>s<br />
verurteilt wurden, nur 142 Personen des Versicherungsmissbrauchs<br />
schuldig gesprochen worden.<br />
Noch deutlicher wird dieser geringe Anteil,<br />
indem man zeigt, dass es sich dabei um 0,1 %<br />
der im Jahr 2000 erfassten <strong>Betrug</strong>sfälle handelt.<br />
Ein möglicher Ablauf in der Strafverfolgungspraxis<br />
soll nachfolgend an einem extremen<br />
Beispiel eines Großbetrugskomplexes kurz<br />
aufgezeigt werden.<br />
In einem Großbetrugskomplex werden viele <strong>Betrug</strong>sfälle<br />
nachgewiesen, und die Aufdeckung<br />
weiterer Taten ist für eine polizeiliche Ermittlungen<br />
ab einer gewissen Anzahl an Straftaten<br />
nicht mehr <strong>von</strong> Interesse. Werden beispielsweise<br />
100 aufgedeckte <strong>Betrug</strong>sfälle bei der Staatsanwaltschaft<br />
angezeigt, wird die Hälfte der Fälle<br />
eingestellt, und es werden nur noch 50 Taten<br />
angeklagt. Das Gericht stellt bis zu der Eröffnung<br />
des Hauptverfahrens nochmals weitere 50 % der<br />
Fälle ein. Dadurch wird nur ein Viertel der ursprünglich<br />
aufgedeckten <strong>Betrug</strong>sfälle zur Strafsache<br />
erklärt. Häufig sind die Täter dann in einer<br />
geringen Anzahl der Fälle geständig und werden<br />
dann beispielsweise für die gestandenen <strong>Betrug</strong>sfälle<br />
zu einer Bewährungsstrafe oder sogar<br />
nur zu einer Geldstrafe verurteilt.<br />
Vielfach kommt es aber auch gar nicht erst zu<br />
einer Anzeige durch die Versicherungsgesellschaft,<br />
da nach der Aufdeckung des betrügerischen<br />
Verhaltens mit dem Täter entsprechende<br />
Vereinbarungen getroffen werden. Häufig wird<br />
dem Täter bei einer Wiedergutmachung des<br />
Schadens sogar Strafverschonung versprochen.<br />
Insgesamt kann festgestellt werden, dass das Anzeigeverhalten<br />
der Versicherungsunternehmen<br />
noch zu restriktiv erfolgt. Des Weiteren setzt eine<br />
konsequente Strafverfolgung voraus, dass jeder<br />
angezeigte Fall hinlänglich überprüft werden<br />
kann. Dieser Umstand würde gewährleisten,<br />
dass die Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten<br />
auch einen präventiven Abwehrcharakter<br />
bekäme.<br />
Maßnahmen für den Versicherer aus dem Versicherungsvertrag<br />
Der Versicherungsnehmer hat gegenüber dem<br />
Versicherer seine gesetzlichen Obliegenheiten<br />
gemäß VVG und seine vertraglichen Obliegenheiten<br />
gemäß AVB oder Klauseln zu erfüllen. Neben<br />
einer Einteilung nach der Rechtsgrundlage<br />
kann eine weitere Einteilung nach dem Zeitpunkt<br />
erfolgen, in dem entweder ein Tun oder ein<br />
Unterlassen vom Versicherungsnehmer gefordert<br />
wird. Dabei handelt es sich für den Versicherungsnehmer<br />
um die vorvertraglichen Anzeigepflichten,<br />
Obliegenheiten während des Vertrages<br />
und diejenigen nach Eintritt des Versicherungsfalles.<br />
In der Praxis gelingt einem Versicherer der<br />
Nachweis einer Obliegenheitsverletzung häufiger<br />
als der Beweis, dass der Versicherungsnehmer<br />
tatsächlich in betrügerischer Absicht gehandelt<br />
hat. Es wird insbesondere auf § 6 VVG<br />
verwiesen, der die Verletzungsfolgen für alle vertraglichen<br />
und zusätzlich für die unvollständig<br />
geregelten Obliegenheiten regelt. Hier erfolgt<br />
eine Prüfung hinsichtlich Kausalität, Verschulden<br />
und Klarstellung. Je nachdem, ob die Obliegenheitsverletzung<br />
vor oder nach dem Versicherungsfall<br />
aufgetreten ist, ergeben sich unterschiedlich<br />
schwere Folgen für den Versicherungsnehmer.<br />
Im schwersten Fall ist der Versicherer <strong>von</strong> seiner<br />
Pflicht zur Leistung frei. Im VVG sind die Folgen<br />
gesetzlicher Obliegenheitsverletzungen hinsichtlich<br />
Anzeigepflicht subjektive und objektive Gefahrerhöhungen,<br />
auf die sich ein Versicherer berufen<br />
kann, beispielsweise in §§ 16, 17, 22–27<br />
VVG geregelt.<br />
Grundsätzlich hat immer der Versicherungsnehmer<br />
das Vorliegen eines entschädigungspflichtigen<br />
Schadens anzuzeigen. Nach dem Eingang<br />
einer Schadenanzeige muss der Versicherer aktiv<br />
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