HUMAN Ausgabe 04/2010 - gesund-in-ooe.at
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www.<strong>gesund</strong>es<strong>ooe</strong>.<strong>at</strong><br />
unbegründet ist, hilft ihr <strong>in</strong> der Paniksitu<strong>at</strong>ion<br />
nicht. Jahrelang wollte Elke ihre Panikstörung<br />
nicht wahrhaben, mittlerweile h<strong>at</strong> sie gelernt,<br />
die Erkrankung zu akzeptieren. In guten Jahren<br />
steckt sie sie ohnedies weg. Ansonsten<br />
ist ihr bewusst, dass sie nicht zuviel Stress an<br />
sich heranlassen soll – wobei bei ihr auch e<strong>in</strong>e<br />
überschwängliche Freude e<strong>in</strong>e Panik<strong>at</strong>tacke<br />
auslösen kann.<br />
Fünf Prozent s<strong>in</strong>d betroffen<br />
„Das ist e<strong>in</strong> klassisches Muster“, erläutert Dr.<br />
Christian Behr, Assistenzarzt <strong>in</strong> Ausbildung<br />
zum Facharzt für Psychi<strong>at</strong>rie an der Psychi<strong>at</strong>rischen<br />
Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Wels. Etwa fünf Prozent<br />
der Bevölkerung s<strong>in</strong>d von Panik<strong>at</strong>tacken betroffen.<br />
Wenn diese mehrmals <strong>in</strong> der Woche<br />
oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mon<strong>at</strong> auftreten, dann ist von<br />
e<strong>in</strong>er Panikstörung die Rede. „Beim ersten<br />
Mal rufen die meisten Betroffenen den Notruf,<br />
weil sie an e<strong>in</strong>en Herz<strong>in</strong>farkt denken. In<br />
der Akutsitu<strong>at</strong>ion wird e<strong>in</strong> Beruhigungsmittel<br />
verabreicht, im Krankenhaus <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er<br />
Woche die Diagnose gestellt. Es gilt auszuschließen,<br />
dass es sich um e<strong>in</strong>en Herz<strong>in</strong>farkt,<br />
e<strong>in</strong>e Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse,<br />
um Epilepsie, e<strong>in</strong>e Zuckerentgleisung oder<br />
e<strong>in</strong>en bestimmten Tumor (Karz<strong>in</strong>oid) handelt“,<br />
sagt Behr.<br />
„Vielfach ist die Angst vor<br />
der angstauslösenden<br />
Situ<strong>at</strong>ion bereits Grund<br />
für e<strong>in</strong>e neuerliche Panik<strong>at</strong>tacke.<br />
Die Betroffenen<br />
meiden die Situ<strong>at</strong>ion und<br />
leben <strong>in</strong> dem Glauben,<br />
etwa e<strong>in</strong>e Flugangst zu haben,<br />
weil die Panik<strong>at</strong>tacke<br />
zum ersten Mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Flugzeug aufgetreten ist.“<br />
„Treten Panik<strong>at</strong>tacken mehrmals <strong>in</strong> kurzen<br />
Abständen auf, muss dies, sofern nicht bereits<br />
bei der ersten Attacke erfolgt, unbed<strong>in</strong>gt abgeklärt<br />
werden. Denn unbehandelt wachsen<br />
sich die Panik<strong>at</strong>tacken zu e<strong>in</strong>er Depression<br />
aus“, weiß der angehende Facharzt: „Für die<br />
Akutsitu<strong>at</strong>ion gibt es Benzodiazep<strong>in</strong>e, die<br />
Angst lösend, Muskel entspannend und beruhigend<br />
wirken und die Panik<strong>at</strong>tacke verkürzen<br />
sollen. Dazwischen leben die Menschen völlig<br />
angstfrei, sie sollten aber bei mehrmaligen<br />
Foto: ÖRK<br />
Dr. Christian Behr, Assistenzarzt <strong>in</strong><br />
Ausbildung zum Facharzt für Psychi<strong>at</strong>rie<br />
an der Psychi<strong>at</strong>rischen Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Wels<br />
Attacken mit e<strong>in</strong>em Antidepressivum e<strong>in</strong>gestellt<br />
werden. Bei den Benzodiazep<strong>in</strong>en kann<br />
es rasch zu e<strong>in</strong>er Abhängigkeit kommen,<br />
daher dürfen diese Medikamente auch maximal<br />
vierzehn Tage am Stück verschrieben<br />
werden. Entzugsersche<strong>in</strong>ungen stellen sich<br />
ähnlich e<strong>in</strong>er Panik<strong>at</strong>tacke dar.“<br />
Gleiches Muster der Attacken<br />
So wie Elkes Beschwerden läuft bei vielen P<strong>at</strong>ienten<br />
die Panik<strong>at</strong>tacke nach e<strong>in</strong>em genauen<br />
Muster ab. „Aus heiterem Himmel – beim Zeitungslesen,<br />
Autofahren oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er entspannten<br />
Situ<strong>at</strong>ion – kommt es überfallsartig zu<br />
e<strong>in</strong>em stark ausgeprägten Angstgefühl, das<br />
mit körperlichen Beschwerden e<strong>in</strong>hergeht:<br />
Zittern, Schwitzen, erhöhter Herzschlag,<br />
Hyperventil<strong>at</strong>ion, Atemnot, e<strong>in</strong> Druck <strong>in</strong> der<br />
Brust, Bauchschmerzen und auch Harndrang<br />
können auftreten. Üblicherweise dauert dieser<br />
Zustand e<strong>in</strong>e Viertelstunde und geht – auch,<br />
wenn man gar nichts dagegen tut – vorüber.<br />
Medikamente können die Panik<strong>at</strong>tacke aber<br />
erleichtern“, erklärt der Mediz<strong>in</strong>er.<br />
Wichtig ist jedoch, dass der P<strong>at</strong>ient se<strong>in</strong><br />
Problem ernst nimmt und versucht gegenzusteuern.<br />
Neben e<strong>in</strong>er medikamentösen Therapie mit<br />
Antidepressiva ist e<strong>in</strong>e Verhaltenstherapie,<br />
die etwa e<strong>in</strong> halbes Jahr dauert, oder e<strong>in</strong>e<br />
Psychoanalyse, die über zwei, drei Jahre<br />
geht, empfehlenswert. Generell sollte der<br />
Für Außenstehende stellt sich e<strong>in</strong>e Panik<strong>at</strong>tacke oft wie e<strong>in</strong> Herz<strong>in</strong>farkt dar. Lesen Sie weiter auf Seite 24<br />
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