Fit für den Wettbewerb
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
SCHWIERIGE<br />
SPURENSUCHE<br />
Foto: © Depositphotos.com: Kelly Nelson / Istockphoto.com: ugde / privat/Michael Deuker<br />
Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie es sein kann,<br />
dass in wenigen Sekun<strong>den</strong> mehr als hundert Fahrzeuge auf<br />
einer Autobahn ineinander rasen? Warum hat nicht wenigstens<br />
einer soviel Abstand zum Vordermann gehalten, dass er rechtzeitig<br />
zum Stehen kam? Vielleicht gab es sogar Unschuldige in<br />
dem Trümmerfeld, doch dies zu beweisen fällt schwer. Die Versicherer<br />
setzen daher im Zweifel auf eine pauschale Abwicklung<br />
der Schä<strong>den</strong> – die Schuldfrage bleibt dabei allerdings im Nebel.<br />
Egal, ob Nebelwand, Blitzeis, Sandsturm<br />
oder Gewitterschauer – wenn<br />
auf einer Autobahn mehr als 49 Fahrzeuge<br />
an einem Unfall beteiligt sind<br />
und der Unfallhergang nicht eindeutig<br />
nachvollziehbar ist, schließen sich die<br />
Versicherungen automatisch zu einer „gemeinsamen<br />
Regulierungsaktion“ zusammen.<br />
Bei kleineren Karambolagen kommt das Verfahren<br />
hingegen nur zur Anwendung, wenn<br />
die Unfallsituation extrem unklar ist und<br />
wenigstens 19 Fahrzeuge beteiligt sind. Insgesamt<br />
kam das vereinfachte Verfahren, das<br />
1976 eingeführt wurde, in <strong>den</strong> vergangenen<br />
zehn Jahren siebenmal zum Einsatz.<br />
Bei einer gemeinsamen Regulierungsaktion<br />
bieten die Versicherungen <strong>den</strong> Geschädigten<br />
an, die Schä<strong>den</strong> nach einem einheitlichen<br />
Schlüssel abzurechnen. Heckschä<strong>den</strong><br />
übernehmen die Versicherer zu 100 Prozent,<br />
Frontschä<strong>den</strong> zu 25 Prozent. Sind Front und<br />
Heck beschädigt, kommt der Versicherer <strong>für</strong><br />
zwei Drittel der Kosten auf. Gleiches gilt <strong>für</strong><br />
eventuelle Schmerzensgeldforderungen der<br />
beteiligten Fahrer oder Halter. Akzeptiert der<br />
Versicherte diese Vorgehensweise, bleibt der<br />
Scha<strong>den</strong>freiheitsrabatt unberührt.<br />
Verzichtet ein Unfallbeteiligter dagegen auf<br />
die Teilnahme an der Regulierungsaktion,<br />
liegt es bei ihm, <strong>den</strong> Hergang zu klären. Dies<br />
kann insbesondere dann ratsam sein, wenn<br />
bei dem Unfall verletzte Mitfahrer mit Klage<br />
drohen und es Beweise da<strong>für</strong> gibt, dass das<br />
eigene Auto vom Hintermann in <strong>den</strong> Unfall<br />
geschoben wurde. Beim letzten großen Massenunfall<br />
in Deutschland, dem durch einen<br />
Sandsturm ausgelösten Inferno auf der A19<br />
bei Rostock im April 2011, verzichtete etwa<br />
ein Drittel der beteiligten Fahrer auf die gemeinsame<br />
Regulierug.<br />
JÖRG JUNG<br />
•<br />
URTEIL<br />
Hamm (jur). Provoziert ein Autofahrer mit einem<br />
abrupten Bremsmanöver einen Auffahrunfall,<br />
kann er <strong>für</strong> sein kaputtes Auto keinen<br />
Scha<strong>den</strong>ersatz verlangen. Denn mit dem extra<br />
herbeigeführten Unfall hat er in die Beschädigung<br />
seines Fahrzeugs eingewilligt, so hat<br />
das Oberlandesgericht (OLG) Hamm rechtskräftig<br />
entschie<strong>den</strong> (Az.: 6 U 167/12).<br />
Damit erhält der aus Gelsenkirchen stammende<br />
Kläger <strong>für</strong> sein bei einem Auffahrunfall<br />
beschädigtes Auto keinen Scha<strong>den</strong>ersatz in<br />
Höhe von rund 10.500 Euro. Am 28. November<br />
2011 wollte der gelernte Karosseriebauer<br />
mit seinem Mercedes in Bottrop auf die Autobahn<br />
auffahren. Vor einer „grün“ anzeigen<strong>den</strong><br />
Fußgängerampel bremste er ohne Grund abrupt<br />
ab. Prompt fuhr eine nachfolgende Autofahrerin<br />
auf <strong>den</strong> Mercedes auf.<br />
Doch Scha<strong>den</strong>ersatz steht dem Kläger nicht<br />
zu, so das OLG. Mehrere Indizien sprächen <strong>für</strong><br />
eine Unfallmanipulation, die der Kläger nicht<br />
entkräften konnte. So werde die konkrete<br />
Auffahrkonstellation häufig <strong>für</strong> provozierte<br />
Unfälle gewählt, da sie weitgehend ungefährlich<br />
sei. Meist führe sie zur eindeutigen Haftung<br />
des Auffahren<strong>den</strong>. Regelmäßig wür<strong>den</strong><br />
hohe Reparaturkosten anfallen, so dass der<br />
Unfall wirtschaftlich interessant sei. Die Kfz-<br />
Versicherung übernehme oft <strong>den</strong> Scha<strong>den</strong>,<br />
das Auto werde dann in Eigenregie repariert.<br />
Autofahrer, die einen Unfall provozieren, müssen<br />
nicht nur damit rechnen, auf <strong>den</strong> Kosten<br />
sitzenzubleiben. Auch strafrechtlich können<br />
sie wegen versuchten Versicherungsbetrugs,<br />
Nötigung oder Straßenverkehrsgefährdung<br />
belangt wer<strong>den</strong>.<br />
causa 1.2013 45