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RECHT<br />
KINDER DÜRFEN<br />
IHREN VATER<br />
KENNEN<br />
Jeder Mensch hat das Recht, zu erfahren, wer sein<br />
leiblicher Vater ist. Samenspender haben deshalb keinen<br />
Anspruch auf Anonymität. Das gilt auch in Altfällen,<br />
in <strong>den</strong>en Ärzte und Samenbanken die Anonymität<br />
noch zugesichert haben, wie das Oberlandesgericht<br />
(OLG) Hamm entschied (Az.: I-14 U 7/12). Das Recht des<br />
Kindes an der Kenntnis seiner Herkunft stehe höher. Ein<br />
Arzt, der die Informationen herausgibt, verstoße daher<br />
nicht gegen seine Schweigepflicht.<br />
Damit gab das OLG der im März 1991 in einem Institut eines Arztes<br />
in Essen gezeugten Sarah P. Recht. Von dem Arzt wollte die junge<br />
Frau nun wissen, von welchem Mann sie abstammt. Der Arzt lehnte<br />
dies ab. Er habe <strong>den</strong> Samenspendern Anonymität zugesichert und dies<br />
auch mit der Mutter vereinbart. Dieses Geheimhaltungsinteresse sei<br />
höher zu bewerten als das Auskunftsinteresse des Kindes. Das OLG<br />
Hamm gewichtete die Interessen nun aber anders herum.<br />
DATEN 30 JAHRE ABRUFBAR<br />
Zur Begründung verwies das Gericht auf die allgemeine Menschenwürde<br />
und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Die Abstammung<br />
spiele eine große Rolle, um die „Persönlichkeit verstehen<br />
und entfalten zu können“. Hinter diese fundamentale Rechtsposition<br />
müssten die Berufsfreiheit des Arztes und auch das Persönlichkeitsrecht<br />
des auf seine Anonymität vertrauen<strong>den</strong> Spenders zurücktreten,<br />
urteilte das OLG. Beide seien „nicht in ihren zentralen Bereichen betroffen“.<br />
Sie seien schon deswegen weniger schutzbedürftig, weil sie<br />
von vornherein mit der Möglichkeit hätten rechnen müssen, dass das<br />
gezeugte Kind seinen Vater kennen will.<br />
Seit 2007 schreibt deutsches und EU-Recht vor, dass die Daten von<br />
Samenspendern 30 Jahre lang aufgehoben und rückverfolgbar sein<br />
müssen. Betroffen von dem Urteil sind vor allem Kinder, die gegebenenfalls<br />
lange vorher gezeugt wur<strong>den</strong>, sowie deren biologische<br />
Väter. Nach Auskunft des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer<br />
Zentren Deutschland (BRZ) war auch vor 2007 die Aufbewahrungspflicht<br />
der Daten in <strong>den</strong> Berufsordnungen der meisten<br />
Landesärztekammern festgeschrieben. Schon 1989 hatte das Bundesverfassungsgericht<br />
das Recht auf Kenntnis der eignen genetischen<br />
Herkunft hervorgehoben. Fragen wie Erbschaft und Unterhalt sind<br />
nach BRZ-Angaben bislang nicht gesetzlich geregelt.<br />
Das OLG Hamm hat nun klar dem Kind <strong>den</strong> Vorrang gegeben.<br />
Die Revision ließ das OLG nicht zu, dagegen kann der Arzt aber<br />
Beschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.<br />
JUR •<br />
Foto: © Fotolia.com: solovyova<br />
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causa 1.2013