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Der Ruhrbergbau am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ...

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432 Klaus Wisotzky<br />

seien. Die Mehrkosten sollten zu zwei Drittel die Bergbaugesellschaften und zu einem<br />

Drittel die Verbraucher tragen. Den Vorschlag Terbovens lehnte Kauert strikt<br />

ab, denn für den Bergbau sei „eine solche Belastung ganz unmöglich".<br />

Die Diskussion wurde auf einer Sitzung <strong>am</strong> 26. Oktober 1938 fortgesetzt, an der<br />

der Regierungspräsident Schmid, der stellvertretende Gauleiter von Essen Schießmann,<br />

der Oberbürgermeister Essens Dillgardt, zugleich Generalbevollmächtigter<br />

für Energiewirtschaft in der Vierjahresplan-Bürokratie, und der DAF-Gauwalter<br />

Johlitz teilnahmen. Seitens der bergbaulichen Organisationen war die ges<strong>am</strong>te Führungsspitze<br />

(Buskühl, Walter Tengelmann, Winkhaus, Kellermann, Gustav Knepper,<br />

Kauert, Sogemeier) vers<strong>am</strong>melt 73 .<br />

Terboven teilte mit, daß ihm Göring die Vollmacht übertragen habe, Vorarbeiten<br />

für eine Lohnerhöhung zu leisten, und stellte dann seinen Plan vor. Gegenüber der<br />

Besprechung mit Kauert hatte der Plan eine Änderung erfahren, denn der Bergbau<br />

sollte die Mehrkosten nur noch zu einem Drittel übernehmen. Terboven gestand<br />

zwar ein, daß die Belastung hoch sei, aber: „Wenn nichts geschähe, dann brauche die<br />

Frage, ob der Bergbau rentabel bleibe oder nicht, überhaupt nicht mehr zur Diskussion<br />

zu stehen, sondern es würde sich dann ergeben, daß der Bergbau überhaupt nicht<br />

mehr in dem notwendigen Umfange arbeitsfähig bleibe". Terboven erwähnte in diesem<br />

Zus<strong>am</strong>menhang die in der Tendenz steigende Zahl von Abwanderungen und die<br />

zu geringe Nachwuchsrekrutierung auf den Zechen.<br />

Von der Argumentation ließen sich die Industriellen keineswegs überzeugen. Sie<br />

kritisierten einerseits die Höhe der Verdienstaufbesserung, weil die Lebenshaltungskosten<br />

nicht so stark angestiegen seien. Ihrer Meinung nach war eine Anhebung um<br />

10 Prozent durchaus angemessen. Andererseits verwiesen sie auf die hohe Zahl der<br />

unrentablen Zechen 74 . Eine Lohnerhöhung sei daher nur mit Staatszuschüssen durchführbar.<br />

Terboven lehnte die Vorschläge <strong>des</strong> Bergbaus ab, die er mit dem Sprichwort<br />

„Wascht mir den Pelz, aber macht mich nicht naß" treffend charakterisierte. Die<br />

Staatsfinanzen seien zu angespannt, und zusätzliche Mittel könnten nicht aufgebracht<br />

werden, so daß eine Abwälzung der Lasten auf die öffentliche Hand nicht in<br />

Frage komme. Die einzige Möglichkeit, den Bergbau zu entlasten, sei die Preiserhöhung<br />

für Kohle und Koks. Buskühl bezweifelte, daß sich diese Maßnahme angesichts<br />

73 Zum folgenden siehe Aufzeichnung über die Besprechung mit Terboven <strong>am</strong> 26. Oktober 1938,<br />

BBA 13/1203.<br />

74 Während Kellermann gegenüber Meyer die Zahl der unrentablen Zechen auf etwa 40 Prozent aller<br />

Schachtanlagen bezifferte, teilte Buskühl Terboven mit, daß etwa die Hälfte der Betriebe mit<br />

einem Minus arbeite.<br />

Genaue Berechnungen lassen sich nicht ermitteln, auf Grund der Akten kann aber geschlossen<br />

werden, daß nur ein geringer Teil der Zechen die Gewinn- und Verlustrechnung mit einem Defizit<br />

abschloß. Die Finanzlage der Bergbaugesellschaften war zwar nicht sehr günstig, dennoch ist<br />

die Schwarzmalerei Buskühls lediglich das taktische Vorgehen eines Interessenvertreters.<br />

Bei der GBAG, der größten Gesellschaft <strong>des</strong> <strong>Ruhrbergbau</strong>s, schlossen das Geschäftsjahr 1937/38<br />

10 Schachtanlagen mit einem Minus ab, 14 erzielten einen geringen Gewinn (bis 100000 RM),<br />

während 22 ein gutes Geschäftsjahr (mehr als 100 000 RM Gewinn) zu vermelden hatten. Zahlen<br />

nach Betriebsbericht 1939/40, BBA 55/1 50 15 Nr.6 (GBAG).

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