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Der Ruhrbergbau am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ...

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438 ' Klaus Wisotzky<br />

solle nach dem gemachten Vorschlag mit dem Drei- oder Vierfachen <strong>des</strong> Satzes bezahlt<br />

werden." Das Reichsministerium glaubte, auf diese Weise die von den Gauleitern<br />

als dringlich empfundene Lohnfrage zu lösen. Obwohl die Auswirkungen für die<br />

Bergbaugesellschaften gravierend waren, erfolgte keine Reaktion der Industriellen.<br />

Buskühl erklärte lediglich, man werde den Vorschlag überprüfen. Man gewinnt den<br />

Eindruck, daß die Unternehmer die von Mansfeld vorgestellte Regelung nicht ernst<br />

nahmen. Sie glaubten nicht an eine Realisierung dieser Idee. Daher unterblieb der<br />

Protest, und man konzentrierte sich auf die als wichtiger erachtete Diskussion um die<br />

Schichtzeit.<br />

Daß sich der Bergbau gewaltig getäuscht hatte, wurde angesichts der Entscheidungen<br />

auf einer Sitzung <strong>am</strong> 23. Februar deutlich, zu der Göring einen Kreis von Vertrauten<br />

geladen hatte. An diesen Verhandlungen war kein Unternehmer beteiligt,<br />

doch wurden die Beschlüsse maßgeblich von Stinnes beeinflußt - sehr zum Leidwesen<br />

der anderen Bergwerksdirektoren.<br />

Um die Einflußnahme durch Stinnes zu verdeutlichen, sei ein kurzer Rückblick erlaubt.<br />

Im Januar 1939 hatte die Stinnes-Zeche Rosenblumendelle die Schichtzeit auf<br />

neun Stunden verlängert, um die wegen der Feiertage (Weihnachten, Neujahr) und<br />

<strong>des</strong> Waggonmangels ausgefallene Arbeit nachzuholen. Die arbeitstägliche Förderung<br />

konnte in dieser Zeit um 14,5 Prozent gegenüber dem Normaldurchschnitt gesteigert<br />

werden, so daß die Betriebskosten sanken 93 . Dieses erfreuliche Ergebnis meldete Stinnes<br />

durch die Vermittlung Terbovens den Berliner Stellen, die darin eine Bestätigung<br />

ihrer Vorstellungen sahen 94 . Stinnes plädierte auch in der Folgezeit gegen alle anderen<br />

Industriellen für die verlängerte Arbeitszeit, und angesichts <strong>des</strong> Votums eines gewichtigen<br />

Konzerninhabers lehnte Göring den Vorschlag vom 21. Februar (8 1/2 -<br />

Stunden-Schicht) als unzureichend ab. St<strong>am</strong>mten die Vorarbeiten für die Arbeitszeitverlängerung<br />

aus dem Reichsarbeitsministerium, so darf Stinnes wohl das Urheberrecht<br />

für die Idee der überproportionalen Bezahlung der Mehrarbeit beanspruchen.<br />

Wann und in welcher Form er seinen Vorschlag unterbreitet hat, ist nicht mehr festzustellen.<br />

Auf jeden Fall wurde er von Terboven unterstützt, da sich die Möglichkeit<br />

zu einer erheblichen Lohnerhöhung bot. Auch Göring hatte den Vorschlag - nach<br />

den Worten Mansfelds - „freudigst aufgegriffen", zumal Stinnes ausdrücklich erklärte,<br />

daß die von ihm vorgeschlagene Form der Verdienstaufbesserung ohne Kohlenpreiserhöhung<br />

durchführbar sei.<br />

Die Motive, die Stinnes zu diesem Alleingang veranlaßten, bleiben im Dunkeln.<br />

Vielleicht glaubte er, der im <strong>Ruhrbergbau</strong> immer schon eine Außenseiterstellung innehatte,<br />

durch Anpassung an den Regierungskurs eine ähnlich mächtige Position in<br />

93 Mülheimer Bergwerks-Verein, Untersuchung über die Auswirkungen der einstündigen Schichtzeitverlängerung<br />

auf der Zeche Rosenblumendelle in der Zeit vom 2.-19. Januar 1939, o. D., BBA<br />

13/1207.<br />

94 Die Argumentation Stinnes' kann, da ein entsprechen<strong>des</strong> Schriftstück nicht vorhanden ist, nur<br />

vage aus den Akten rekonstruiert werden. Ebenso fehlt das Protokoll der Sitzung vom 23. Februar<br />

1939. Die Darstellung stützt sich im wesentlichen auf die Aussagen Mansfelds, die dieser auf einer<br />

Besprechung <strong>am</strong> 24. Februar 1939 machte (siehe Anm.97).

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