17.11.2013 Aufrufe

Der Ruhrbergbau am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ...

Der Ruhrbergbau am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ...

Der Ruhrbergbau am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Der</strong> <strong>Ruhrbergbau</strong> 423<br />

zweige angeglichen. Bei der Sozialversicherung mußten die Bergarbeiter bis Dezember<br />

1937 bedeutend höhere Beiträge als die übrige Arbeiterschaft zahlen, obwohl die<br />

Leistungen der Knappschaft zurückgegangen waren. Auch beim Lohn hatte der<br />

Hauer seine Spitzenstellung verloren. Zwar verdiente er noch mehr als beispielsweise<br />

ein Textilarbeiter, doch im Vergleich zu den Beschäftigten in der Stahl- und Eisenindustrie<br />

geriet der Bergmann ins Hintertreffen. Diese Entwicklung, daß der Abstand<br />

zu einigen Berufsgruppen geringer geworden war, während sich die Differenz zu den<br />

Hüttenarbeitern vergrößert hatte, war für den Hauer bei der Beurteilung seiner sozialen<br />

Lage wichtiger als der Anstieg <strong>des</strong> eigenen Einkommens 25 .<br />

Die Unternehmer im Bergbau erkannten sehr wohl, daß die Rekrutierung der benötigten<br />

Arbeiter an dem zu geringen Verdienst scheiterte 26 , und waren daher bemüht,<br />

ihre Wettbewerbsbedingungen zu verbessern. So wurde die betriebliche Sozialpolitik<br />

intensiviert, und die Löhne wurden trotz fallender Leistung angehoben 27 . Aber<br />

der wirtschaftliche Spielraum <strong>des</strong> Bergbaus war zu bescheiden, als daß er mit der Rüstungsindustrie<br />

hätte konkurrieren können. Diese hatte die Möglichkeit, ihre Selbstkostenerhöhungen<br />

an den Auftraggeber, also an den Staat, weiterzugeben, da die öffentlichen<br />

Aufträge nicht dem Preisstopp unterlagen. Sie konnte daher höhere Löhne<br />

zahlen, ohne die Gewinne zu gefährden, und war den Konkurrenten beim K<strong>am</strong>pf um<br />

die Arbeitskräfte deutlich überlegen 28 . <strong>Der</strong> Bergbau hingegen stand unter der Preisüberwachung<br />

sowohl <strong>des</strong> Reichskohlenrats als auch <strong>des</strong> Reichskommissars für die<br />

Preisbildung, so daß es ihm nicht möglich war, eine Steigerung der Arbeitskosten auf<br />

die Verbraucher abzuwälzen. Folglich blieben die Verdienste relativ niedrig. Sie boten<br />

kaum Anreiz, eine Arbeit auf einer Zeche aufzunehmen, sondern veranlaßten<br />

vielmehr die Bergleute, in andere Industriezweige abzuwandern.<br />

Die Bergbaugesellschaften vermochten aus eigener Kraft nichts an dieser für sie so<br />

negativen Entwicklung zu ändern und hofften <strong>des</strong>halb auf Grund ihrer für die Ges<strong>am</strong>twirtschaft<br />

unentbehrlichen Stellung als Rohstoffproduzent und Devisenbringer<br />

auf die Hilfe <strong>des</strong> Staates. Dieser sollte einerseits die Löhne in der Rüstungsindustrie<br />

herabsetzen und andererseits die Abwanderung der Bergarbeiter abstoppen, d<strong>am</strong>it<br />

zumin<strong>des</strong>t der Belegschaftsstand gehalten werden konnte 29 .<br />

25 Siehe Oberberg<strong>am</strong>t Dortmund an Reichswirtschaftsministerium, 9.9. 1938, HSTAD, BA Duisburg,<br />

Nr. 17; Aktennotiz, o. D. (Sept. 1938), BBA 13/1203.<br />

26 Vgl. beispielsweise die Stellungnahme Walter Tengelmanns (stellvertretender Leiter der Bezirksgruppe<br />

Ruhr) auf einer Sitzung <strong>des</strong> Kleinen Ausschusses der Bezirksgruppe <strong>am</strong> 26. September<br />

1938, BBA 13/1049.<br />

27 <strong>Der</strong> Schichtlohn der Hauer stieg von 8,16 RM (1936) auf 8,38 RM (1938). Siehe Mason, Arbeiterklasse,<br />

Dok. Nr. 93, S. 598. Entscheidender für das Einkommen der Bergleute war die Reform<br />

der Sozialversicherung (Gesetz über den Ausbau der Rentenversicherung vom 21. Dezember<br />

1937, RGBl I, S. 1393-1408). Durch Gewährung von Reichszuschüssen und durch die Übernahme<br />

zusätzlicher Lasten durch die Unternehmer reduzierte sich der Beitragssatz der Bergarbeiter<br />

zur Knappschaft von 14,21% <strong>des</strong> Bruttolohns auf 8,45%.<br />

28 Siehe Mason, Sozialpolitik, S.219, 229 und 294.<br />

29 Zu den Forderungen siehe Niederschrift der Geschäftsführerbesprechung der Wirtschaftsgruppe<br />

Bergbau <strong>am</strong> 23. Juni 1938, BBA 15/1065; Bezirksgruppe Ruhr an Wirtschaftsgruppe Bergbau,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!