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Der Ruhrbergbau am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ...

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<strong>Der</strong> <strong>Ruhrbergbau</strong> 439<br />

der Schwerindustrie <strong>des</strong> Westens zu erringen, wie sie sein Vater besessen hatte. Möglicherweise<br />

spielten auch ökonomische Gründe eine Rolle. Stinnes bemühte sich im<br />

Frühjahr 1939, an der Arisierung <strong>des</strong> Petschek-Konzerns beteiligt zu werden 95 . Zur<br />

gleichen Zeit liefen auch die Verhandlungen über die Finanzierung der Heizöl-<br />

Anlage Welheim durch den Staat 96 . In beiden Fällen war es für Stinnes wichtig, die<br />

Gunst Görings zu erlangen. Dienten die Zugeständnisse an die Bergarbeiter und das<br />

Votum für die 9-Stunden-Schicht dazu, <strong>des</strong>sen Wohlwollen zu erkaufen, um so günstige<br />

Entscheidungen bei der Arisierung und bei der Unterstützung der Heizöl-<br />

Anlage herbeizuführen? Angesichts der dürftigen Quellenlage müssen die Fragen unbeantwortet<br />

bleiben.<br />

Die anderen Bergbauindustriellen, die Mansfeld <strong>am</strong> 24. Februar 1939 über die Entscheidungen<br />

<strong>des</strong> Vortages unterrichtete, waren über das Vorgehen Stinnes' verärgert,<br />

da ihren Argumenten nunmehr kein Gewicht beigemessen wurde 97 . Als Fellinger, Leiter<br />

der Abteilung Tarif- und Sozialpolitik der Bezirksgruppe Ruhr, gegen die Ausdehnung<br />

der Arbeitszeit über 8 1/2 Stunden hinaus protestierte, antwortete Mansfeld:<br />

„Er habe auch alles das, was Herr Fellinger vorgetragen habe, Herrn Stinnes erklärt.<br />

Er vertrete gleichwohl die Auffassung, daß die 9stündige Schichtzeit durchzuführen<br />

sei. Es käme nur darauf an, die Bequemlichkeit auszuschalten." Da Stinnes eine solch<br />

klare Stellungnahme abgegeben hatte, gelang es den übrigen Unternehmern nicht,<br />

das Reichsarbeitsministerium noch umzustimmen.<br />

Erstmals wurde es den Industriellen auf dieser Sitzung auch bewußt, wie sehr sie<br />

sich in der Lohnfrage getäuscht hatten. Als sie jetzt erkannten, daß die überproportionale<br />

Bezahlung eingeführt werden sollte, wurde heftiger Protest laut. Alle Anwesenden<br />

bezeichneten die geplante Regelung als undurchführbar. Fellinger bat „dringend,<br />

von einer solchen Fassung Abstand zu nehmen". Mansfeld versprach daraufhin, „die<br />

Sache nochmals zu prüfen".<br />

Umstritten war ebenfalls die Überschichtenfrage. Sehr zum Unwillen der Bergbaugesellschaften<br />

hatte sich Terboven für ein Verbot jeglicher Nebenarbeit ausgesprochen,<br />

doch eine endgültige Entscheidung war noch nicht getroffen worden. Auch<br />

hier wollte Mansfeld zu Gunsten der Unternehmer intervenieren.<br />

Mit dieser Besprechung endeten die offiziellen Beratungen über die Verordnung<br />

zur Erhöhung der Förderleistung und <strong>des</strong> Leistungslohnes, deren Kodifizierung in<br />

den Händen der Be<strong>am</strong>ten <strong>des</strong> Reichsarbeitsministeriums lag.<br />

Gegenüber der <strong>am</strong> 24. Februar vorgelegten Fassung 98 enthielt der Verordnungstext<br />

99 einige gravierende Änderungen:<br />

95 Siehe Karl-Heinz Thieleke, Die „Arisierungen" <strong>des</strong> Flick-Konzerns, in: ders. (Hrsg.), Fall 5, Berlin-Ost<br />

1965, S. 432 und 438.<br />

96 Siehe Petzina, Autarkiepolitik, S. 131.<br />

97 Zum folgenden siehe Aktennotiz über eine Besprechung im Reichsarbeitsministerium <strong>am</strong> 24. Februar<br />

1939, BBA 13/1207.<br />

98 Ebenda.<br />

99 RGBl. I, S.482 (Mason, Arbeiterklasse, Dok.Nr.87, S.575 f.).

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