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Der Ruhrbergbau am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ...

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460 Klaus Wisotzky<br />

herr. Die Reichswerke „Hermann Göring" waren zur Ausbeutung der einheimischen<br />

Erze begründet worden, um im Kriegsfall von der ausländischen Belieferung<br />

unabhängiger zu werden. Vom Ehrgeiz <strong>des</strong> Direktors Paul Pleiger angetrieben,<br />

weiteten sie sich schon bald zu einem M<strong>am</strong>mutgebilde aus 191 . Bei ihrem Expansionsbestreben<br />

mußten die Reichswerke zwangsläufig in Gegensatz zum <strong>Ruhrbergbau</strong><br />

geraten, nicht nur weil sich beide auf dasselbe Arbeitskräftereservoir stützten,<br />

sondern auch weil die Reichswerke mit Kohle und Koks versorgt werden<br />

mußten. Ein schwieriges Unterfangen angesichts <strong>des</strong> allgemeinen Kohlenmangels.<br />

Die Unternehmer an der Ruhr befürchteten, daß dieses Problem durch einen Eingriff<br />

<strong>des</strong> Staates zu Gunsten <strong>des</strong> Prestigeobjekts Görings gelöst werden könnte.<br />

Kellermann teilte seine Sorgen der Mitgliedervers<strong>am</strong>mlung der Bezirksgruppe <strong>am</strong><br />

1. April 1939 mit: „Meine Herren, Sie wissen, in welch schwerer Sorge sich der<br />

Syndikatsvorstand befindet... Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn eines Tages<br />

eine Anordnung kommt, wonach wir nicht mehr die Möglichkeit haben, von<br />

uns aus die Dinge zu leiten. Es ist schon heute so, daß von hohen Stellen aus der<br />

Auftrag erteilt wird, gewisse Mengen irgendwohin zu leiten, eine Aufgabe, die<br />

sonst der Vorstand zu regeln hat; ändern sich die Verhältnisse nicht, so sehe ich mit<br />

aller Deutlichkeit voraus, daß nicht mehr künftighin der Syndikatsvorstand bzw.<br />

die Herren, die ihm zur Seite stehen, die Verteilung in der Hand haben wird, sondern<br />

diese von anderer Seite aus erfolgt." 192 Um dieser gefährlichen Tendenz zuvorzukommen,<br />

garantierte der Bergbau die Sicherstellung der Kohle- und Kokslieferungen<br />

an die Reichswerke. Pleiger war jedoch durch diese Zusicherung nicht<br />

zufriedenzustellen, er wollte mehr, nämlich eine eigene Kohlenbasis. Das bedeutete,<br />

daß Zechen von Bergbaugesellschaften abgegeben werden sollten, wozu aber<br />

niemand freiwillig bereit war 193 .<br />

Um dennoch zum Ziele zu kommen, verzögerte Pleiger die Verhandlungen mit<br />

dem Kohlen-Syndikat, indem er unerfüllbare Sonderbedingungen stellte 194 . <strong>Der</strong><br />

Bergbau, der den Forderungen nicht nachkommen konnte, ohne die Grundlagen<br />

<strong>des</strong> Syndikats zu zerstören, und der sie <strong>des</strong>halb ablehnte, mußte sich Vorwürfe, er<br />

verkenne die wirtschaftlichen Notwendigkeiten, gefallen lassen. Pleiger hoffte, indem<br />

er dem RWKS mangelnde Kooperationsbereitschaft nachsagte, die Voraussetzungen<br />

für einen staatlichen Eingriff, für eine Enteignung von Zechen zu Gunsten<br />

der Reichswerke, zu schaffen.<br />

Auch Göring befürwortete den Anschluß von Schachtanlagen an seinen Konzern.<br />

Ungeachtet der Verhandlungen mit Flick über einen Tausch von Zechen der Harpener<br />

Bergbau AG gegen Braunkohle aus dem Petschek-Besitz 195 , erwog er zu-<br />

191 Zu den Reichswerken siehe Riedel, a.a.O., und Petzina, Autarkiepolitik, S. 104 ff.<br />

192 Niederschrift über die Mitgliedervers<strong>am</strong>mlung der Bezirksgruppe Ruhr <strong>am</strong> 1. April 1939, BBA 13/<br />

1207.<br />

193 Vgl. Riedel, a.a.O., S. 275.<br />

194 Zu den Verhandlungen siehe BBA 33/326 und 977.<br />

195 Siehe Riedel, a.a.O., S.275; Thielecke, a.a.O., S. 434-448. Die Verhandlungen waren auch im

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