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Der Ruhrbergbau am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ...

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426 Klaus Wisotzky<br />

kurz vor der Vollendung; Kraftwerke, denen ausdrücklich der Verbrauch von Steinkohle<br />

zur Auflage gemacht worden war, nahmen ihren Betrieb auf; die Reichswerke<br />

„Hermann Göring" meldeten einen erhöhten Bedarf an, da ihre Kokereien bald zum<br />

Einsatz kommen sollten; die Reichsbahn verbrauchte mehr Kohle, weil ihr Streckennetz<br />

durch die Annexionen Österreichs und <strong>des</strong> Sudetenlan<strong>des</strong> größer geworden war.<br />

Alle Faktoren verursachten einen Kohle- und Koksabruf, der durch zuvor aufgetretene<br />

Transportschwierigkeiten noch vergrößert wurde. Da die Reichsbahn im Herbst<br />

1938 nicht genügend Wagen zum Versand der Kohle zur Verfügung stellen konnte<br />

und ein Ausweichen aufs Wasser nur bedingt möglich war 43 , waren die Verbraucher<br />

zur Aufrechterhaltung ihrer Betriebe gezwungen, auf Vorräte zurückzugreifen.<br />

Nach Beseitigung der Transportprobleme wollten die Werke nicht nur ihren täglichen<br />

Bedarf gedeckt sehen, sondern auch die Lager wieder auffüllen. Diesen gewaltigen<br />

Anforderungen konnte der Bergbau nicht gerecht werden, zumal die äußerst kritische<br />

Devisenlage <strong>des</strong> Reichs keine Einschränkung <strong>des</strong> Exportes erlaubte.<br />

In der jetzt aufgetretenen Mangelsituation rächten sich die Versäumnisse der Vergangenheit.<br />

Bei einer gründlichen und vorausschauenden Planung wären die Versorgungslücken<br />

früher erkannt worden, so daß genügend Zeit zur Einleitung entsprechender<br />

Gegenmaßnahmen geblieben wäre. Wenngleich der Umschwung plötzlich<br />

erfolgte, so war die Entwicklung nicht überraschend. Die Daten der voraussichtlichen<br />

Inbetriebnahme neuer Werke waren bekannt, und demnach konnte auch der Mehrverbrauch<br />

abgeschätzt werden. Es fehlte aber im Dritten Reich eine koordinierende<br />

Wirtschaftsführung. Trotz einiger Ansätze war mit dem Vierjahresplan kein „umfassen<strong>des</strong><br />

Plankonzept" entwickelt worden. Dieser blieb vielmehr „ein heterogenes Bündel<br />

von einzelnen Progr<strong>am</strong>men und Maßnahmen" 44 , die - wie auch das Beispiel <strong>des</strong><br />

Bergbaus deutlich macht — nicht aufeinander abgestimmt waren.<br />

Die fehlende Voraussicht in der Planung wurde von den Ruhrindustriellen stark<br />

kritisiert. Kauert, Vorstandsmitglied der Gelsenkirchener Bergwerks-AG und Verbindungsmann<br />

der Schwerindustrie zum Gauleiter Terboven, bezeichnete die bisherige<br />

Wirtschaftspolitik als „kompletten Blödsinn". „Man habe viel zu große Pläne gemacht,<br />

insbesondere auf dem Hydriergebiet. Immer wieder sei vom Bergbau darauf<br />

hingewiesen worden, trotzdem habe man weiter geplant und habe auch heute noch<br />

eine Fülle von Projekten." 45 Kellermann stimmte der Kritik zu: „Wir haben immer<br />

darauf hingewiesen, baut von unten auf, fangt mit der Kohle an, und dann baut die<br />

Werke, die Kohle verbrauchen." 46<br />

Die Vorwürfe waren berechtigt, denn nicht nur beim Arbeitseinsatz sondern auch<br />

43 <strong>Der</strong> Rhein-Herne-Kanal, die wichtigste Wasserstraße im Ruhrgebiet, mußte auf Grund eines<br />

D<strong>am</strong>mrutsches teilweise gesperrt werden. Zu den Transportschwierigkeiten siehe BBA 33/326<br />

und 1574.<br />

44 Petzina, Autarkiepolitik, S. 197. Siehe auch S. 121.<br />

45 Niederschrift einer Gremiumssitzung im RWKS <strong>am</strong> 13.Juni 1939, BBA 33/1012.<br />

46 Niederschrift einer Besprechung mit den Geschäftsführern der Syndikatshandelsgesellschaften<br />

<strong>am</strong> 17Juni 1939, BBA 33/1569.

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