Hier werden Sie Ihren Lieblingsfehler los: - Stadtgespräche Rostock
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Aktien an die <strong>Rostock</strong>er Einwohner verkaufen! Aber was<br />
könnten die Aktienkäufer dafür erwarten? Der Eigenkapitalanteil<br />
der Hansestadt <strong>Rostock</strong> an den Stadtwerken beträgt<br />
knapp 100 Mio €, bei einem Jahresumsatz von 217 Mio €<br />
(2008). Würden nach oben vorgeschlagenem Verfahren 500-<br />
Euro-Anteile verkauft, so bräuchte man dafür 200 000 Käufer,<br />
gerade mal die Einwohnerzahl <strong>Rostock</strong>s vom Säugling bis zum<br />
Greis. Die könnten dann den Gewinn von 10 Mio € unter sich<br />
verteilen, um ihn dann anschließend beim Straßenbahn fahren<br />
gleich wieder auszugeben.<br />
Stadtgestalt 1:<br />
Aber die Initiative „Energie in Bürgerhand“ will doch mitbestimmen,<br />
wie der Strom erzeugt und verkauft wird, dabei geht<br />
es vorrangig darum, keinen Atomstrom mehr zu verwenden<br />
und den aus fossilen Energieträgern gewonnenen Strom zugunsten<br />
der erneuerbaren Energien zurückzudrängen. Damit haben<br />
die Eigentümer etwas Nachhaltiges für das Klima durch<br />
CO2-Einsparung getan.<br />
Stadtgestalt 2:<br />
Auf der Internetseite der Bürgerinitiative findet sich die Aufklärung,<br />
dass eine Genossenschaft keine Basisdemokratie ist,<br />
sondern die gesetzlich vorgeschriebenen Organe (Vollversammlung,<br />
Aufsichtsrat und Vorstand) klare Aufgaben und<br />
Verantwortung haben. Die Eigentümervollversammlung gibt<br />
die Unternehmenspolitik vor, der Vorstand setzt um und der<br />
Aufsichtsrat kontrolliert. Die Kunst dürfte darin bestehen, zwischen<br />
den altruistischen Zielen und der Rentabilität des Unternehmens<br />
einen Spagat zu machen, der auch akzeptiert wird!<br />
Ein schlechtes Beispiel habe ich parat:<br />
Lichtblick- eine Alternative?<br />
Da kam doch Hoffnung auf - ein Stromversorger der aus erneuerbarer<br />
Energie gewonnenen Strom anbietet und dann auch<br />
noch zu einem Preis der praktisch kaum teurer ist. So wurden<br />
wir dann auch Kunden, die Ummeldung geht problem<strong>los</strong> und<br />
birgt kein Risiko, allein das gute Gefühl mit Ökostrom zu leben….<br />
Nach einem halben Jahr habe ich mich über meine Kontoabbuchungen<br />
gewundert, eine unbekannte Summe tauchte da<br />
auf, ach so Lichtblick, aber das war doch vorher weniger?<br />
Die Erklärung: Die Ankündigung der Preiserhöhung hatte<br />
mich, aus welchem Grund auch immer, nicht erreicht, es war<br />
global gerade der Ölpreis durch die Decke gegangen und da<br />
zog Lichtblick eben nach. Aber warum eigentlich? Wasser,<br />
Wind, Sonne sind doch nicht teurer geworden? Eine Diskussion<br />
im Deutschlandfunk brachte die verblüffende Erklärung:<br />
Lichtblick ist ein Wirtschaftsunternehmen und schon alleine<br />
aus wirtschaftlichen und steuerlichen Gründen könne man<br />
nicht auf Einnahmen verzichten, wenn sich am Markt höhere<br />
Preise für Strom erzielen lassen. Und darum müsse auch der<br />
Ökostrom teurer <strong>werden</strong>!<br />
Ich glaube nicht, dass diese Begründung stimmt. Vermutlich<br />
wollen die Eigentümer eben auch nur Kohle (wenn sie schon<br />
zur Stromerzeugung keine verwenden) machen. Wir stellen<br />
uns vor, das wäre anders gelaufen, dann wäre der Ökostromanteil<br />
in Deutschland heute wesentlich größer, was allerdings zur<br />
Folge hätte, dass die großen Stromkonzerne ihrem gesetzlich<br />
vorgeschriebenen Strommix weniger teuren Ökostrom beimischen<br />
müssten. Das wiederum bringt nicht automatisch eine<br />
Senkung des Stromtarifs, sondern erstmal eine Steigerung des<br />
Gewinns<br />
Zurück zu unseren Stadtwerken: Nach gesetzlich zu veröffentlichenden<br />
Angaben haben die Stadtwerke 2008 für 2,1 Mio €<br />
von den Anlagenbetreibern für aus Wind, Sonne und Biomasse<br />
erzeugten Strom gekauft. Das ist zwar nur 1% des Jahresumsatzes<br />
von 217 Mio €, aber der Energiemix hat sich seit 2008 verändert.<br />
Wie die 99.000 Stromkunden der Stadtwerke auf ihren<br />
Rechnungen lesen können, wird der Strom zu 40% aus fossiler<br />
Energie (durch das eigene Gaskraftwerk erzeugt) und 60% erneuerbare<br />
Energie (lt. Aussage der Stadtwerke Wasserkraft aus<br />
Skandinavien) erzeugt. Die 6% Kernenergie, die früher angegeben<br />
wurden, tauchen nicht mehr auf!<br />
Hat also doch der Aufsichtsrat als Vertreter der Bürgerschaft<br />
und damit der unterschiedlichen politischen Richtungen den<br />
richtigen Einfluss auf die Unternehmensentwicklung genommen?<br />
Minderheitsgesellschafter bei den Stadtwerken ist Vattenfall<br />
und die betreiben ja nun nicht nur Wasserkraftwerke in Skandinavien<br />
sondern auch Atomkraftwerke! Ob der Strom dann<br />
wirklich wie angegeben in unsere Steckdosen fließt? Aber sicher<br />
kommt er nicht vom Pannenreaktor Krümmel, denn der<br />
ist ja immer abgeschaltet.<br />
Zu den Stadtwerken müsste ich mehr schreiben, aber grundsätzlich:<br />
Ich will sie möglichst nicht privatisieren! Auch 500<br />
Euro Aktien sind klar eine Privatisierung - sie gehören dann<br />
nicht mehr der Gemeinschaft. Du kannst auch bei E.on Aktien<br />
für 500 Euro kaufen und Dich dann auf der Jahreshauptversammlung<br />
für Ökostrom einsetzen.<br />
Ob Stadtwerke <strong>Rostock</strong> oder Lichtblickstrom ist in Bezug auf<br />
den Regenerativstromanteil in Deutschland völlig schnuppe!<br />
Beide kaufen Zertifikate zur „Stromveredelung“ - das ist praktisch<br />
nur Ablasshandel, der keine einzige zusätzliche kWh aus<br />
Ökostrom erzeugt. Im Gegensatz zu den Stadtwerken steckt<br />
Lichtblick einen kleinen Teil der Gewinne in regenerative<br />
Stromerzeugungsanlagen, die allerdings auch ohne Lichtblick<br />
gebaut worden wären. Die Stadtwerke unterstützen mit 70%<br />
ihrer Gewinne praktisch den städtischen Haushalt (über den<br />
Umweg der RVV). Wer bei E.on ist, kann mit dem Wechsel zu<br />
Lichtblick ein wichtiges politisches Zeichen setzen. Wer bei<br />
den Stadtwerken bleibt, setzt dieses Zeichen auch und kann<br />
sich an den Gewinnen auch als Bürger/in dieser Stadt freuen.<br />
<strong>Sie</strong> möchten weiterdiskutieren? www.stadtgestalten.org ¬