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1937 Für Clara ist es ein Herzensbedürfnis, zu stehen, wenn sie ...

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<strong>1937</strong><br />

führt.“ 30 Es gibt nun noch k<strong>ein</strong>e Befragungsergebnisse, wie wer hier über<br />

die Stelle gelacht hat, dass die führenden Männer d<strong>es</strong> Reich<strong>es</strong> sämtlich<br />

mit ihren Damen aufmarschiert seien, wo doch ausgerechnet der Führer<br />

ohne derartige Begleitung nach München kommt. Klar <strong>ist</strong> nur, dass <strong>es</strong><br />

nicht allen Beobachtern entgeht. Davon zeugen Sprüche wie der: „Wer<br />

wie <strong>ein</strong> Barbar regiert und Napoleon markiert, in Österreich geboren,<br />

den Bart englisch g<strong>es</strong>choren – wer italienisch grüßt, deutsche Mädchen<br />

Kinder kriegen lässt, aber selber k<strong>ein</strong>e Kinder machen kann – das <strong>ist</strong> <strong>ein</strong><br />

deutscher Mann!“ 31 Insofern hat die Frankfurter Zeitung schon absolut<br />

recht: „Deutsch s<strong>ein</strong> heißt klar s<strong>ein</strong>.“<br />

Der Führer <strong>ist</strong> genau der Richtige. Ein Frauenheld, <strong>ein</strong> Philosoph und<br />

<strong>ein</strong> Kunstkenner. Agathe <strong>ist</strong> ja <strong>ein</strong> extra neugierig<strong>es</strong> Weibsbild. Zu gerne<br />

würde <strong>sie</strong> erfahren, warum <strong>sie</strong> den unverstandenen jugendlichen Hitler<br />

damals nicht an der Wiener Kunstakademie haben wollten. Man wird ja<br />

noch mal fragen dürfen. Hatte er das Können der Renaissance in s<strong>ein</strong>er<br />

Mappe? Mit Hilfe von Farbe und Pinsel den röhrenden Hirsch so genau<br />

wie nur irgendmöglich auf die L<strong>ein</strong>wand <strong>zu</strong> bringen? Haben <strong>sie</strong> sich an<br />

der Akademie die Waldlichtung im Mondsch<strong>ein</strong> ang<strong>es</strong>chaut und g<strong>es</strong>agt,<br />

dass sich das <strong>ein</strong>zigartig als G<strong>es</strong>chenk <strong>zu</strong>m Geburtstag der Oma eignet?<br />

Hat das jugendliche Genie verstanden, dass Mitte d<strong>es</strong> 19. Jahrhunderts<br />

die Fotografie aufkam und die Realität absolut mühelos und zeitsparend<br />

auf Papier wiedergeben konnte? Ist ihm klar, dass jeder Versuch <strong>ein</strong><strong>es</strong><br />

Realismus in der Kunst dann nur der Fotografie hinterher hechelte? Die<br />

neuen Formen kamen doch nicht von ungefähr! Nehmen Sie nur di<strong>es</strong>en<br />

Impr<strong>es</strong>sionismus. Das kann so <strong>ein</strong> Foto noch nicht – Emotionen bei der<br />

Betrachtung der Lichtung im Mondsch<strong>ein</strong> darstellen. Oder dann di<strong>es</strong>er<br />

Expr<strong>es</strong>sionismus, der Dadaismus und der Kubismus und das all<strong>es</strong>.<br />

Aber weil dann der röhrende Hirsch so vermatscht aus<strong>sie</strong>ht, mag Hitler<br />

das neumodische Zeugs nicht. Das wird Stück für Stück <strong>ein</strong>g<strong>es</strong>ammelt in<br />

den Museen Deutschlands und kommt erst in di<strong>es</strong>e Zur-Schau-Stellung<br />

„Entartete Kunst“ und danach wird <strong>es</strong> verbrannt wie die Bücher vor vier<br />

Jahren. Das muss all<strong>es</strong> weg. Das Volk soll jetzt entscheiden, was Kunst<br />

<strong>ist</strong>; vielleicht rechnet sich Adolf Hitler ja Chancen aus, doch noch an der<br />

Kunstakademie angenommen <strong>zu</strong> werden, <strong>wenn</strong> dort die Kunstkritiker<br />

30 Frankfurter Zeitung und Handelsblatt, 19. Juli <strong>1937</strong>, S. 1<br />

31 Hirche, S. 97<br />

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