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1937 Für Clara ist es ein Herzensbedürfnis, zu stehen, wenn sie ...

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<strong>1937</strong><br />

Spruch kur<strong>sie</strong>ren: „Luther sagte, was er glaubte; Hitler glaubte, was er<br />

sagt; Goebbels glaubt nicht, was er sagt. Schacht sagt nicht, was er<br />

glaubt.“ 9 Es <strong>ist</strong> auch nicht sonderlich kompliziert heraus<strong>zu</strong>bekommen,<br />

was Hjalmar Schacht glaubt, denn er macht aus s<strong>ein</strong>em Herzen k<strong>ein</strong>e<br />

Mördergrube. Er als Min<strong>ist</strong>er le<strong>ist</strong>et <strong>es</strong> sich, <strong>wenn</strong> auch vorsichtig, Kritik<br />

<strong>zu</strong> üben. Schacht glaubt noch immer, was viele Leute vor ihm ebenfalls<br />

dachten: di<strong>es</strong><strong>es</strong> Regime wird nicht mehr lange dauern. Dabei sind s<strong>ein</strong>e<br />

Hoffnungen gar nicht so unbegründet. Als Wirtschaftsmin<strong>ist</strong>er weiß er,<br />

dass man <strong>es</strong> nicht ung<strong>es</strong>traft ganz <strong>ein</strong>fach irgendwo wegnehmen und <strong>es</strong><br />

woanders hin<strong>ein</strong>pumpen kann. Die Wirtschaft <strong>ist</strong> in di<strong>es</strong>em Sinne auch<br />

<strong>ein</strong>e Art Organismus, der auf die Dauer nicht immer<strong>zu</strong> ung<strong>es</strong>traft hinund<br />

herg<strong>es</strong>chubst werden kann. Er hofft, dass der ganze Spuk sehr rasch<br />

in sich <strong>zu</strong>sammenbricht. Dr. Gisevius versucht bei s<strong>ein</strong>en Begegnungen<br />

mit Schacht, ihn immer wieder an<strong>zu</strong>stacheln, dass er die Inflation laufen<br />

lassen soll, damit den Leuten <strong>ein</strong> Licht aufgeht; aber Dr. Schacht erklärt<br />

ihm den Unterschied zwischen sich und ihm. Gisevius wolle eben <strong>ein</strong>en<br />

Zusammenbruch und er selbst nicht, weil er weiß, was das gerade für die<br />

kl<strong>ein</strong>en Leute bedeuten würde, und an die Inflation vor fünfzehn Jahren<br />

können <strong>sie</strong> sich beide nur <strong>zu</strong> gut erinnern. Der Ritt in die Freiheit nach<br />

Paris <strong>ist</strong> freilich nicht für jeden so unproblematisch wie für den Hjalmar.<br />

Karl-Ernst kann sich nicht <strong>ein</strong>fach in <strong>ein</strong>en Zug setzen und abdampfen<br />

<strong>zu</strong>r Weltausstellung, sonst wäre di<strong>es</strong>er Witz hier nicht entstanden: „Der<br />

Mos<strong>es</strong> war doch sehr b<strong>es</strong>chränkt“, sagt <strong>ein</strong> Jude <strong>zu</strong> s<strong>ein</strong>em Freund. „Wie<br />

kannst du so etwas sagen, wo er uns doch aus Ägypten geführt hat übers<br />

Meer . . . “ Darauf sagt der Freund: „Eben darum! Hätte er uns nicht geführt,<br />

hätte ich jetzt <strong>ein</strong>en englischen Pass.“ 10 Auch in anderen Belangen<br />

kann er wenig machen, ob nun im Reich all<strong>es</strong> in Ordnung <strong>ist</strong> oder nicht.<br />

Dafür hat der Ludwig die richtige Position. Ludwig Beck <strong>ist</strong> der Generalstabschef<br />

der Wehrmacht. Das schafft ihm <strong>ein</strong>igen Bewegungsfreiraum.<br />

Ihn kann man auch nicht <strong>ein</strong>fach so verhaften wie Karl-Ernst. Ludwig<br />

Beck <strong>sie</strong>ht deutlich die Bedrohung für Deutschland, die von der Hektik<br />

ausgeht, die Hitler in der Außenpolitik an den Tag legt. Mit Karl-Ernst<br />

kann Ludwig darüber nicht sprechen, denn di<strong>es</strong>en Mann kennt er gar<br />

nicht. Mit anderen kann er jedoch ins G<strong>es</strong>präch kommen. Manche der<br />

Männer denken ähnlich wie er, und Beck <strong>ist</strong> genau der richtige Mann,<br />

um in diplomatischer Mission Deutschland auf dem rechten Pfad <strong>zu</strong> hal-<br />

9 Hirche, S. 92<br />

10 Hirche, S. 89<br />

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